Rz. 9
Abs. 3 Satz 1 sieht vor, dass nach dem SGB III – in analoger Anwendung des § 83 – auch bei der Berufsausbildung Kosten der Kinderbetreuung bis zu 140,00 EUR je Kind und Monat (ab 1.8.2020: 150,00 EUR) bei beruflicher Ausbildung und berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen übernommen werden. Zum 1.1.2009 ist im Rahmen des Gesetzes zur Neuausrichtung der arbeitmarktpolitischen Instrumente klargestellt worden, dass die Betreuungskosten bei Vorliegen der Voraussetzungen übernommen werden, also ein Rechtsanspruch hierauf besteht (bis zum 31.12.2008: Ermessensleistung der Bundesagentur für Arbeit). Neben den ehelichen Kindern sind auch nicht eheliche Kinder, für ehelich erklärte Kinder, adoptierte Kinder, Pflegekinder und Stiefkinder als Kinder des Auszubildenden anzusehen, nicht hingegen aber Enkelkinder (a. A. Brecht-Heitzmann, in: Gagel, SGB III, § 68 Rz. 19, und Schön, in: Böttiger/Körtek/Schaumberg, SGB III, § 64 Rz. 8, wonach auch Enkelkinder unter Abs. 3 fallen, soweit sie in den eigenen Haushalt übernommen werden) und solche, die in Tagespflege genommen werden.
Rz. 10
Die Frage der Aufsichtsbedürftigkeit kann nicht ausschließlich altersbezogen (bis 14 Jahre) betrachtet werden; z. B. können geistig oder körperlich behinderte Menschen auch allein aufgrund ihrer Behinderung unabhängig vom Alter aufsichtsbedürftig sein. Der Gesetzgeber trägt mit der Vorschrift dem Gedanken der besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf auch im Bereich der Ausbildung Rechnung. Die Härtefallregelung ist mit dem Job-AQTIV-Gesetz entfallen.
Rz. 11
Kosten für die Betreuung des Kindes sind alle Formen der Fremdbetreuung. Erstattet werden die Kosten für Kindergärten, Kindertagesstätten, Tagesmütter, nicht jedoch die Kosten, die durch die Betreuung eines Kindes durch den anderen Elternteil oder Geschwister anfallen (Petzold, in: Hauck/Noftz, SGB III, § 68 Rz. 12). Unter Abs. 3 Satz 1 fallen die gesamten Kosten für die außerhäusige Betreuung in einer Kindestageseinrichtung einschließlich der Verpflegungskosten, und zwar unabhängig davon, ob eine Betreuung mit oder ohne Zubereitung von Mahlzeiten gewährt hätte werden können. Die Aufwendungen für die Verpflegung in einer Kindertageseinrichtung sind Kosten für die Betreuung eines aufsichtsbedürftigen Kindes nach Abs. 3 Satz 1 (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 23.10.2014, L 8 AL 342/11). Die Entscheidung über die Kostenerstattung liegt nicht im Ermessen der Arbeitsverwaltung (SG Berlin, Urteil v. 18.4.2007, S 3 AL 904/07 ER; Schmidt, in: BeckOK, SGB III, § 64 Rz. 3; Hassel, in: Brand, SGB III, § 64 Rz. 7; Brecht-Heitzmann, in: Gagel, SGB III, § 64 Rz. 26). Die Kostenerstattung ist auf 137,00 EUR bzw. 140,00 EUR ab dem 1.8.2020 monatlich je Kind begrenzt. "Monat" i. S. v. Abs. 3 ist der Kalendermonat (a. A. Brecht-Heitzmann, in: Gagel, SGB III, § 64 Rz. 17, wonach unter "Monat" der Zeitmonat zu verstehen ist). Es handelt sich um eine Pauschale, die ohne Rücksicht auf die tatsächlich anfallenden Kosten gewährt wird (Schmidt, a. a. O.; Herbst, in: jurisPK-SGB III, § 64 Rz. 37; Brecht-Heitzmann, a. a. O., Rz. 23; a. A. Wagner, in: Mutschler/Schmidt-De Caluwe/Coseriu, SGB III, § 64 Rz. 13). Bei niedrigeren monatlichen Kosten als 137,00 EUR bzw. ab 140,00 EUR ab dem 1.8.2020 werden nur die tatsächlich anfallenden Kosten ersetzt. Die Kinderbetreuungskosten werden unabhängig davon erstattet, ob der Betreuungsbedarf erst infolge der beruflichen Ausbildung oder berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme entsteht oder bereits vorher bestanden hat.
Rz. 12
Nach Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 bis 3 können außerdem sonstige Kosten anerkannt werden, soweit sie durch die Ausbildung oder Teilnahme an der berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme unvermeidbar entstehen, die Ausbildung oder Teilnahme der Maßnahme andernfalls gefährdet ist und wenn die Aufwendung vom Auszubildenden oder seinen Erziehungsberechtigten zu zahlen sind. Die Voraussetzungen der Nr. 1 bis 3 müssen kumulativ vorliegen (Hassel, in: Brand, SGB III, § 64 Rz. 8; Schön, in: Böttiger/Körtek/Schaumberg, SGB III, § 64 Rz. 10). Sonstige Aufwendungen nach Abs. 3 Satz 2 können in der Einschreibe- und Prüfgebühr zu sehen sein (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 1.12.2010, L 18 AL 336/09; SG Darmstadt, Urteil v. 16.3.2017, S 34 AL 216/14). Nach der Praxis der Bundesagentur für Arbeit unterfallen auch unvermeidbare Bettenfreihaltegebühren bei einer Wohnheimunterbringung für die Zeiten des Besuchs der Berufsschule dem Abs. 3 Satz 2 und sind in den Bedarfssatz einzubeziehen (Fachliche Weisungen der BA zu § 64, Stand: 1/2019). Gleiches gilt für entstehende Mietkosten für die Aufrechterhaltung der Wohnung/Unterkunft am Ausbildungsort. Diese sonstigen Aufwendungen "können" ersetzt werden; die Entscheidung über das "Ob" und die "Höhe" der Erstattung steht im Ermessen der Arbeitsverwaltung (Hassel, in: Brand, SGB III, § 64 Rz. 8).