Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§§ 633ff. BGB, § 635 BGB
Kommentar
(Durchsetzung durch den befugten Wohnungseigentümer; Berechnung des kleinen Schadenersatzes nach den erforderlichen Kosten für die Mängelbeseitigung; Durchsetzung des gesamten Schadenersatzes mit Leistung an die Gemeinschaft, selbst wenn Ansprüche der übrigen Eigentümer verjährt sind; das eigenständig durchgeführte Beweissicherungsverfahren unterbricht auch die Verjährung gemeinschaftsgebundener Gewährleistungsansprüche; Schadenersatzfeststellungsantrag grundsätzlich neben Leistungsantrag zulässig; Substantiierungspflicht bezüglich der Wahrscheinlichkeit eines weiteren Schadens darf nicht überspannt werden; Schadenersatz für die nicht festsetzbaren Kosten eines Beweissicherungsverfahrens gegen den Hauptgewährleistungsschuldner (den planenden und die aufsichtsführenden Architekten) aus positiver Vertragsverletzung)
Bei einer im Bauherrenmodell errichteten Wohnanlage war die beklagte Baubetreuerin auch mit der Planung und Bauaufsicht beauftragt. Die Kläger hatten einen Miteigentumsanteil erworben; die Abnahme des Gemeinschaftseigentums war im April 1982 erfolgt. Wegen Mängel des Trittschallschutzes ihrer Wohnung im Bereich der Laubengänge, des Treppenhauses, der Küche und der Diele zur oberhalb gelegenen Wohnung hatten die Kläger im Dezember 1984 ein Beweissicherungsverfahren beantragt.
Im Ergebnis wurde die Mangelhaftigkeit des Trittschallschutzes infolge fehlerhafter Planung bestätigt. Im April 1987 haben die Kläger die Baubetreuerin zur Zahlung eines Mängelbeseitigungsbetrages in Höhe von knapp 200.000,- DM als Schadenersatz verklagt, hilfsweise mit Leistung an die Gemeinschaft zu Händen des Verwalters; ferner wurden knapp über 4.000,- DM anteiliger, in diesem Rechtsstreit nicht festsetzbarer Kosten des Beweissicherungsverfahrens gefordert. Weitergehend wurde klägerseits Feststellung beantragt, die Baubetreuerin zu verpflichten, weiteren aus der Beseitigung der Mängel an der Trittschalldämmung entstehenden Schaden zu ersetzen, hilfsweise an die Wohnungseigentümergemeinschaft.
Das Landgericht verurteilte die Beklagte nur in Höhe des Miteigentumsanteils der Kläger, also nur zur Zahlung von ca. 12.000,- DM und wies i. ü. die Klageanträge ab. Berufung der Kläger und Anschlussberufung der Baubetreuerin blieben vor dem OLG Köln erfolglos. Auf Revision der Kläger entschied der BGH zu diesen grundsätzlichen Fragen des Baumängelgewährleistungsrechts im Bereich Sondereigentum und Gemeinschaftseigentum einer Eigentumswohnanlage (in Stichworten):
1. Die Kläger haben gem. § 635 BGB gegen die beklagte Baubetreuerin wegen fehlerhaften Planung des Trittschallschutzes Schadenersatzansprüche, die sie allerdings nur mit dem Antrag auf Zahlung an die Gemeinschaft verfolgen können; der Anspruch ist nicht auf einen ihrem Anteil am Gemeinschaftseigentum entsprechenden Teil beschränkt, sondern kann nach den für die Beseitigung der Trittschallschutzmängel ihrer Wohnung erforderlichen Aufwendungen berechnet werden, soweit diese nicht unverhältnismäßig sind (die Frage der Verhältnismäßigkeit ist nach Zurückverweisung durch das Berufungsgericht/OLG Köln endgültig zu klären).
2. Die Kläger sind zwar befugt, den Schadenersatzanspruch selbstständig durchzusetzen, sie können aber nur Zahlung an die Gemeinschaft fordern. Trittschallmängel sind dem Gemeinschaftseigentum zuzuordnen, beruhen auf fehlerhafter Planung solcher gemeinschaftlicher Bauteile. Sanierung ist auch nur durch Eingriffe in dieses Gemeinschaftseigentum möglich.
3. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats können Eigentümer den Anspruch auf den kleinen Schadenersatz wegen eines behebbaren Mangels am Gemeinschaftseigentum nurgemeinschaftlich durchsetzen (Grundsatzentscheidung BGHZ 74, 258ff.). Dies gilt auch dann, wenn sich ein solcher Mangel im Sondereigentum eines Wohnungseigentümers auswirkt. Diese Rechtsprechung soll einerseits die Interessen der Gemeinschaft an der Durchsetzung gemeinschaftsbezogener Ansprüche berücksichtigen, andererseits aber auch die Interessen des Schuldners an einer übersichtlichen Haftungslage, die insbesondere unterschiedliche Inanspruchnahme ausschließt.
4. Im vorliegenden Fall wurden die Kläger durch Eigentümerbeschluss im November 1988 ermächtigt, den Schadenersatzanspruch gegen die beklagte Baubetreuerin für die Gemeinschaft geltend zu machen. Damit hat auch die Gemeinschaft die Berechnung des Schadenersatzes nach den Mängelbeseitigungskosten bestätigt. Ebenso wie die Gemeinschaft den einzelnen Eigentümer ermächtigen kann, nach der gemeinschaftlichen Ausübung des Wahlrechts die Minderung entsprechend dem Anteil am gemeinschaftlichen Eigentum selbst durchzusetzen (BGH v. 4. 11. 1982, NJW 1983, 453 = ZfBR 83, 17), kann sie den von einem Mangel am Gemeinschaftseigentum betroffenen Eigentümer ermächtigen, selbstständig Schadenersatz mit Zahlungsantrag an die Gemeinschaft zu verlangen.
Der nach Mängelbeseitigungskosten berechnete Schadenersatzanspruch wegen eines behebbaren Mangels am Gemeinschaftseigentum...