Leitsatz

Ein Wohnungseigentümer schuldet den anderen Wohnungseigentümern Schadensersatz, wenn er einen Schlüssel zur Hauseingangstür verliert und die Wohnungseigentümer daraufhin den Austausch der Schließanlage beschließen und veranlassen. Ein vermietender Wohnungseigentümer muss insoweit für seinen Mieter einstehen

 

Normenkette

§ 280 BGB; § 14 Nr. 2 WEG

 

Das Problem

  1. Der Mieter eines Wohnungseigentümers ist bei Mietende nicht in der Lage, sämtliche ihm übergebene Schlüssel zur Wohnungseingangstür – die auch den Zylinder der Hauseingangstür öffnen – zurückzugeben. Diesen Umstand teilt der vermietende Wohnungseigentümer dem Verwalter mit. Dieser verlangt daraufhin vom Vermieter die Zahlung von 1.468 EUR für den vom Verwalter aus Sicherheitsgründen für notwendig erachteten Austausch der Schließanlage der Hauseingangstür.
  2. Der Wohnungseigentümer weigert sich. Stattdessen verklagt er den Mieter auf Zahlung von Schadensersatz an die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Das Amtsgericht gibt dieser Klage im Wesentlichen statt. Das Landgericht weist die Berufung des Mieters zurück. Mit der Revision erstrebt der Mieter die vollständige Abweisung der Klage.
 

Entscheidung

  1. Mit Erfolg! Der Mieter ist nach Ansicht des Mietrechtssenats nicht verpflichtet, der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer fiktive Kosten eines noch nicht vorgenommenen Austauschs der Schließanlage zu erstatten.
  2. Allerdings habe der Mieter seine mietvertragliche Nebenpflicht zur Obhut über den nicht mehr auffindbaren Schlüssel verletzt und sei daher dem vermietenden Wohnungseigentümer gegenüber – grundsätzlich – zum Schadensersatz verpflichtet. Der vermietende Wohnungseigentümer könne ferner vom Mieter grundsätzlich Freistellung (Zahlung an die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer) verlangen, soweit er wegen des abhanden gekommenen Schlüssels seinerseits Schadensersatzansprüchen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ausgesetzt sei. So liege es aber nicht.
  3. Zwar könne ein Geschädigter den für die Beseitigung eines Sachschadens erforderlichen Aufwand im Hinblick auf § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB grundsätzlich auch fiktiv abrechnen. Dies setze aber voraus, dass bereits ein erstattungsfähiger Vermögensschaden entstanden sei. Hieran fehle es. Im bloßen Verlust eines Schlüssels liege keine Beschädigung der Schließanlage als Sachgesamtheit. Eine Sache oder Sachgesamtheit sei nur dann beschädigt, wenn ihre Sachsubstanz verletzt sei. Der Verlust eines Schlüssels führe aber bei der gebotenen wertenden Betrachtung nicht zu einer Beeinträchtigung der Sachsubstanz der Schließanlage. Dass eine Schließanlage in ihrer Sicherungsfunktion beeinträchtigt ist, wenn sich Unbefugte mit dem verloren gegangenen Schlüssel Zutritt verschaffen könnten, sei keine unmittelbare Folge eines Substanzeingriffs. Dies zeige sich schon daran, dass diese Funktionsbeeinträchtigung durch einen neu angefertigten Schlüssel und die damit verbundene Kompensation der eingebüßten Sachsubstanz nicht beseitigt werden könnte. Das abstrakte Gefährdungspotenzial stelle hingegen regelmäßig keinen erstattungsfähigen Vermögensschaden dar. Ein ersatzfähiger Schaden entsteht vielmehr erst dann, wenn sich der Geschädigte aus objektiver Sicht unter den konkret gegebenen Einzelfallumständen zur Beseitigung einer fortbestehenden Missbrauchsgefahr veranlasst sehen dürfe, die Schließanlage zu ersetzen, und diesen Austausch auch tatsächlich vornimmt.
 

Kommentar

Anmerkung:

  1. Zwischen den Wohnungseigentümern als Miteigentümern besteht ein gesetzliches Schuldverhältnis.

    § 241 BGB (Pflichten aus dem Schuldverhältnis)

    ...

    (2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten.

    Jeder Wohnungseigentümer hat im Rahmen des Schuldverhältnisses nach § 278 BGB für das Verschulden von Hilfspersonen einzustehen. Dies gilt auch für solche Personen, denen er sein Wohnungseigentum überlassen hat, vor allem für Mieter.

  2. Verletzt der Wohnungseigentümer oder die Person, für die er einzustehen hat, die wohnungseigentumsrechtlichen Pflichten, schuldet er nach § 280 Abs. 1 BGB Schadensersatz, wenn ein erstattungsfähiger Vermögensschaden entstanden ist.

    § 280 BGB (Schadensersatz wegen Pflichtverletzung)

    (1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

  3. Für den Fall war allein entscheidend, ob ein erstattungsfähiger Vermögensschaden bereits darin liegt, dass die Sachgesamtheit "Schließanlage" durch den Verlust des Schlüssels und die damit verbundene Missbrauchsgefahr in ihrer Funktion beeinträchtigt ist. Dies verneint der Mietrechtssenat. Eine Sache oder Sachgesamtheit sei nur dann beschädigt, wenn ihre Sachsubstanz verletzt ist.
  4. Der Wohnungseigentümer hatte auf Zahlung an die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer geklagt. Diese hatte aber keinen Schaden zu beklagen. Wenn der Bundesgerichtshof formulier...

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