Leitsatz
Erteilt ein Anlagevermittler Auskunft zu der Sicherheit der von ihm vertriebenen Kapitalanlage, indem er ohne Einschränkung auf die Angaben des Anbieters verweist, macht er sich bei der Auskunft dessen Aussagen zu eigen. Hat er in einem solchen Fall die Sicherheit der Anlage tatsächlich aber nicht selbst geprüft, muss er dies dem Kunden gegenüber ungefragt deutlich machen. Andernfalls kann er zum Schadensersatz verpflichtet sein.
Sachverhalt
Ein Anlageinteressent beteiligte sich mit einer erheblichen Gesellschaftereinlage an einer GbR, die von der P. GmbH initiiert worden war. Im von ihm unterzeichneten Antragsformular hieß es unter anderem: "Die P-GmbH bestätigt, dass 91 % Ihrer Nettoanlagesumme nach Zahlungseingang abgesichert werden." Der Beklagte nahm diesen Antrag entgegen und leitete in an die P-GmbH weiter. Später stellte sich heraus, dass es sich bei dem Angebot in Wahrheit um ein Schneeballsystem gehandelt hatte. Der Beklagte wurde mit der Begründung, er habe ihm obliegende Auskunftspflichten schlecht erfüllt, auf Schadensersatz in Anspruch genommen. Der BGH hob die klageabweisenden Urteile der Vorinstanzen auf und verwies die Sache zur ergänzenden Sachverhaltsaufklärung zurück.
Entscheidung
Im Rahmen der Anlagevermittlung kommt zwischen dem Anleger und dem Vermittler ein Auskunftsvertrag mit Haftungsfolgen zustande, wenn der Interessent deutlich macht, dass es ihm bei seiner Entscheidung (auch) auf die besondere Sachkunde seines Vertragspartners ankommt. Ein solcher Vertrag verpflichtet den Vermittler zu richtiger und vollständiger Information über die tatsächlichen Umstände, die für die Anlageentscheidung von besonderer Bedeutung sind. Im Streitfall hatte der Beklagte ausdrücklich darauf hingewiesen, die P-GmbH garantiere nach den Angaben im Antragsformular eine "Kapitalsicherheit" von 91 %. Er fügte jedoch nicht hinzu, dass diese Sicherheit zwingend von der Bonität der P-GmbH abhängig sei. Auch stellte er nicht klar, dass er selbst diese Bonität nicht geprüft hatte. Nach Auffassung des BGH macht sich ein Anlagevermittler die Angaben des Anbieters zu eigen, wenn er bei Auskünften zur Sicherheit der Anlage einschränkungslos auf die Prospektangaben verweist. Will er diesen Eindruck vermeiden, muss er sich ausdrücklich von den Aussagen des Anbieters distanzieren. Insbesondere muss er darauf hinweisen, dass sich bei solchen Bekanntmachungen zunächst einmal um reine subjektive Einschätzungen des Kapitalsuchenden handelt, die der Vermittler ohne zuverlässige eigene Kenntnisse zur tatsächlichen wirtschaftlichen Lage des Vertragspartners weitergibt. Schränkt er seine Angaben nicht auf diese Art und Weise ein, macht er sich prinzipiell schadensersatzpflichtig, sofern der Interessent sich erkennbar auf die vermeintlich sachkundigen Anpreisungen des Vermittlers verlässt.
Praxishinweis
Der BGH ist im vorliegenden Fall davon ausgegangen, dass der Beklagte als (bloßer) Anlagevermittler mit entsprechenden eingeschränkten Aufklärungspflichten anzusehen war. Einen Anlageberater treffen demgegenüber wesentlich weitgehendere Obliegenheiten, die weitaus eher zu einer Schadensersatzpflicht führen können.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil vom 11.09.2003, III ZR 382/02