Leitsatz

Bei einem Verlust angelegter Gelder infolge Insolvenz der Anlagebank haftet der gewerblich tätige Treuhänder bei einer von ihm zu vertretenden Pflichtverletzung auf Schadensersatz. Er darf ihm anvertraute größere Beträge in der Regel nicht bei einer Bank anlegen, bei der sie nur in dem gesetzlichen Mindestumfang für Einlagen in Höhe von 20000 EUR abgesichert sind.

 

Sachverhalt

Die beklagte Versicherungsmaklerin zog für die drei klagenden Versicherungsgesellschaften laufend die von ihren Kunden zu zahlenden Versicherungsprämien ein. Die eingenommenen Beträge waren quartalsweise abzurechnen und an die Versicherer weiterzuleiten. Bis zu den Abrechnungsstichtagen legte die Beklagte die Gelder auf einem Tagesgeldkonto bei der BFI-Bank an, bei der die Forderungen nur in der gesetzlichen Mindesthöhe für Einlagen1 abgesichert waren. Über das Vermögen der Bank wurde das Insolvenzverfahren eröffnet. Mit der Klage verlangen die Versicherer von der Beklagten Schadensersatz in Höhe von mehr als 1,2 Mio. EUR. Die Revision gegen die verurteilende Vorentscheidung blieb erfolglos.

 

Entscheidung

Der Gläubiger kann Schadensersatz verlangen, wenn der Schuldner seine Pflichten aus dem Schuldverhältnis verletzt hat, es sei denn, dass der Verstoß von diesem nicht zu vertreten ist2. Die Beklagte hat ihre Pflichten zur sicheren Verwahrung der eingenommenen Gelder aus dem Inkassoauftrag, bei dem es sich schuldrechtlich um eine fremdnützige Treuhand handelt, missachtet. Der Treuhänder ist dem Treugeber gegenüber verpflichtet, das ihm überlassene oder von Dritten erlangte Vermögen in seinem Bestand zu sichern und zu erhalten. Er hat deswegen im Allgemeinen, jedenfalls aber bei der Verwahrung von Fremdgeldern, unnötige Risiken zu vermeiden. Die Anforderungen sind dabei umso höher, je größer der mögliche Schaden und je wahrscheinlicher die Gefahr eines Verlusts ist.

Zu den vermeidbaren Risiken gehört auch die erhöhte Verlustgefahr, wenn die Bank, bei der die Gelder angelegt werden, im Gegensatz zu den meisten anderen Kreditinstituten nur die gesetzliche Mindesteinlagensicherung bietet und die ihr anvertrauten Summen den dadurch gesicherten Höchstbetrag weit übersteigen. Der Treuhänder kann diesen Umstand leicht überprüfen. Denn das Institut muss ihn vor Aufnahme der Geschäftsbeziehungen zwingend in den AGB, im Preisaushang und an hervorgehobener Stelle in den Vertragsunterlagen auf den Umfang der Einlagensicherung hinweisen, wobei die Informationen in den Vertragsunterlagen keine anderen Erklärungen enthalten dürfen und gesondert von dem Kunden zu unterschreiben sind3. Damit sind gesetzliche Informationspflichten geschaffen, die auch dem gewerblich tätigen Treuhänder die unterschiedliche Sicherung von Fremdgeldern vor Augen führen und ihn aus ihrem Schutzzweck heraus dazu verpflichten, bei der Auswahl der Bank dem Sicherungsinteresse der Beteiligten in dem größtmöglichen Umfang Rechnung zu tragen.

 

Praxishinweis

Sicherungspflichten der genannten Art können ausnahmsweise dann entfallen, wenn das Schadensrisiko lediglich gering und darum zu vernachlässigen ist oder durch andere Vorteile aufgewogen wird. Sie bestehen überdies dann nicht, wenn der Treugeber mit der risikobehafteten Anlage einverstanden ist. Solche Ausnahmetatbestände lagen im Streitfall jedoch nicht vor.

 

Link zur Entscheidung

BGH-Urteil vom 21.12.2005, III ZR 9/05

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