Leitsatz

Die Parteien streiten um die Bewertung des zum Nachlass zählenden Unternehmens. Der Schätzung des Wertes kann, wenn das Unternehmen fortgeführt wird, grundsätzlich nicht der Liquidationswert zu Grunde gelegt werden, auch dann nicht, wenn das Unternehmen zum Zeitpunkt des Erbfalls als maßgeblichem Stichtag ertraglos war.

 

Sachverhalt

Die Klägerin hat eine Erbschaft nach der Erblasserin ausgeschlagen und begehrt nun den unstreitig bestehenden Pflichtteil. Der Nachlass umfasst lediglich die zuvor von der Erblasserin geführte Firma M. Der Beklagte war der Geschäftsführer der Firma und Miterbe. Zwischen den Parteien besteht Streit über den Wert des Nachlasses.

 

Entscheidung

Die Bewertung von Handelsunternehmen bietet Schwierigkeiten, da kein preisbildender Markt und keine einheitlich gebilligte Bewertungsmethode vorhanden sind. Vorherrschend in der Betriebswirtschaftslehre ist ein Bewertungsverfahren, das sowohl den Substanzwert als auch den Ertragswert berücksichtigt und den End- oder Gesamtwert des Unternehmens auf dem Wege einer Verbindung beider Werte ermittelt.

Neben dem Gesamtwert haben die Gutachter den Liquidationswert als den Erlös ermittelt, der bei einer Unternehmensabwicklung aus dem Verkauf der Vermögensgegenstände nach Begleichung der Schulden zu erwarten ist. Dieser Wert bildet die Wertuntergrenze. Für die Feststellung eines Unternehmenswerte ist es nicht sinnvoll, den Liquidationswert mit dem Substanzwert zu vergleichen statt mit dem wahren, die Ertragslage mit berücksichtigenden Gesamtwert des lebenden Unternehmens. Der Vergleich soll dem Unternehmer die Beurteilung ermöglichen, ob für ihn die Realisierung des Liquidationswertes günstiger ist. Wird jedoch das Unternehmen, wie im vorliegenden Fall, fortgeführt, darf nicht der Liquidationswert in Ansatz gebracht werden.

Daher kommt es auch auf die Ertragsbewertung an. Dabei handelt es sich um eine auf den Verhältnissen zum Bewertungszeitpunkt fußende Beurteilung der künftigen Ertragserwartung, somit weitgehend um einen immateriellen Bewertungsfaktor, dessen Höhe naturgemäß sehr schwierig und mathematische jedenfalls nicht genau zu erfassen ist. Spätere Bewertungsfaktoren, die in der Zeit nach dem Bewertungsstichtag liegen, dürfen nicht mit einbezogen werden.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil vom 17.01.1973, IV ZR 142/70

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