Leitsatz
Gegenstand des Verfahrens war die Frage, wann und unter welchen Voraussetzungen eine Abtrennung von Folgesachen aus dem Ehescheidungsverbund und eine Vorabentscheidung in der Ehesache zulässig ist.
Sachverhalt
Die Parteien hatten im Oktober 2002 geheiratet und lebten seit 1.4.2004 voneinander getrennt. Aus der Ehe war ein im August 2003 geborener Sohn hervorgegangen, der von der Kindesmutter betreut wurde.
Mit ihrem am 21.4.2005 zugestellten Antrag hat die Antragstellerin die Ehescheidung begehrt, der Antragsgegner hat seinerseits auf Scheidung der Ehe angetragen.
Beide Parteien waren Ärzte. Der Antragsgegner war zur Zahlung von Trennungsunterhalt i.H.v. 610,00 EUR monatlich seit März 2005 und von insgesamt monatlich rund 1.150,00 EUR seit April 2006 verurteilt worden.
Nach Rechtshängigkeit des Ehescheidungsverfahrens stritten die Parteien in verschiedenen Verfahren um das Aufenthaltsbestimmungsrecht für den gemeinsamen Sohn und die Umgangsregelung des Kindesvaters.
Ferner hatte die Antragstellerin im Mai 2007 Stufenklage mit dem Ziel der Geltendmachung eines Anspruchs auf nachehelichen Unterhalt erhoben.
Nach Erlass eines Teilanerkenntnisurteils in der Auskunftsstufe hat die Antragstellerin in der Folgezeit Anträge in der zweiten oder dritten Stufe nicht gestellt. Das AG setzte mehrere Verhandlungstermine an. Mit Schriftsatz vom 24.11.2009 hat die Antragstellerin unter Hinweis auf wesentliche tatsächliche Veränderungen aufseiten des Antragsgegners einen aktualisierten Auskunftsantrag gestellt.
Im Termin am 2.12.2009 erklärten die Parteien übereinstimmend, zum Umgang und zur elterlichen Sorge keinen gerichtlichen Handlungsbedarf zu sehen. Außergerichtlich hatte der Antragsgegner auf das neuerliche Auskunftsverlangen reagiert. Im Termin rügte er im Übrigen die lange Verfahrensdauer und wies auf einen angeblichen monatlichen Schaden im Zusammenhang mit dem Trennungsunterhalt hin sowie seine Absicht, erneut heiraten zu wollen. Er begehrte die Abtrennung der Folgesache Geschiedenenunterhalt, die Antragstellerin widersprach der begehrten Abtrennung.
Das AG hat sodann mit Urteil vom 26.2.2010 die Ehe der Parteien geschieden und das Verfahren zum Versorgungsausgleich und zum nachehelichen Unterhalt abgetrennt. Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, dass der Aufschub der Ehescheidung sich als unzumutbare Härte für den Antragsgegner darstelle. Die Antragstellerin habe die Verfahrensverzögerung in der Unterhaltssache zu vertreten, die unter Berücksichtigung der Ehedauer, der Dauer der Trennungszeit und der Verpflichtung des Antragsgegners zur Zahlung von Trennungsunterhalt sowie die Bedeutung der Entscheidung über die Folgesachen für die Antragstellerin dem Antragsgegner nicht zuzumuten sei, ohne dass es auf dessen Heiratsabsichten noch ankäme.
Gegen dieses Urteil hat die Antragstellerin Berufung eingelegt. Ihr Rechtsmittel erwies sich als erfolgreich.
Entscheidung
Das OLG kam zu dem Ergebnis, das angefochtene Urteil verstoße gegen das in § 623 Abs. 1 S. 1 ZPO normierte Verbundprinzip. Das mithin unzulässige Teilurteil verfalle wegen § 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 7 und S. 3 i.V.m. § 301 ZPO unabhängig von dem ausdrücklich gestellten Antrag der Antragstellerin der Aufhebung und Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das AG über die übereinstimmenden Scheidungsanträge und die Folgesachen Versorgungsausgleich und nachehelicher Unterhalt.
Die Voraussetzungen der Abtrennung der Folgesache nachehelicher Unterhalt gemäß § 628 S. 1 Nr. 4 ZPO hätten nicht vorgelegen. Eine Abtrennung nach dieser Vorschrift setze zum einen voraus, dass die gleichzeitige Entscheidung über Folgesachen den Scheidungsanspruch außergewöhnlich verzögere und des weiteren, dass der Aufschub des Scheidungsausspruchs auch unter Berücksichtigung der Bedeutung der Folgesache eine unzumutbare Härte darstelle.
Nach 5 1/2-jähriger Rechtshängigkeit des Ehescheidungsverfahrens lägen die Voraussetzungen einer außergewöhnlichen Verzögerung im vorliegenden Fall vor.
Hinzukommen müsse jedoch, dass die Aufrechterhaltung des Scheidungsverbundes mit der Folge eines Aufschubs der Ehescheidung sich als unzumutbare Härte für den auf Abtrennung drängenden Ehegatten darstellen müsse. Unzumutbar sei die Härte nur, wenn das Interesse des die Scheidung begehrenden Ehegatten an einer alsbaldigen Scheidung Vorrang vor dem Interesse des anderen Ehegatten an der gleichzeitigen Entscheidung für die Folgesache(n) genieße. Die bereits eingetretene Verzögerung allein könne noch keine solche Härte bedeuten, da anderenfalls der letzte Halbsatz des § 628 Abs. 1 Nr. 4 ZPO überflüssig wäre.
Der Wunsch eines Ehepartners, alsbald wieder zu heiraten, sei nur in Ausnahmefällen als beachtenswertes Interesse zu berücksichtigen, wenn z.B. dadurch ein Kind, das die Ehefrau erwarte, ehelich geboren werde. Sei dies nicht der Fall, sei allein die verzögerte Möglichkeit der Umsetzung von Heiratsplänen für sich betrachtet noch keine unzumutbare Härte.
Unzumutbar könnte die Vereitelun...