Leitsatz
Der Streit um Regressansprüche eines Scheinvaters für unberechtigte Unterhaltszahlungen erreicht eine neue Eskalationsstufe: Der BGH entschied, dass die Mutter für ihr beharrliches Schweigen zu Zwangshaft verurteilt werden kann, da das Recht des Scheinvaters hier schwerer wiegt, als das beeinträchtigte Persönlichkeitsrecht der Frau, da sie ihn in diese Situation gebracht hat.
Sachverhalt
Der vermeintliche Vater eines heute 18-Jährigen hatte jahrelang Unterhalt für sein vermeintliches Kind gezahlt. Inzwischen steht rechtskräftig fest, dass er nicht der biologische Vater ist. Weil er die Unterhaltsleistungen vom wirklichen Vater zurückholen will, verklagte er die über dessen Identität nicht auskunftsbereite Frau auf Nennung des Namens.
Das LG verurteilte die Mutter vor 3 Jahren zur Auskunft über den Vater und drohte ihr 1000 EUR Zwangsgeld, ersatzweise 10 Tage Haft an. Als sie das Zwangsgeld nicht zahlen konnte und die rechtskräftige Anfechtung der Vaterschaft wieder in Zweifel zog, verzichtete das LG auf den Erlass eines Haftbefehls. Das OLG lehnte die Haft mit dem Argument ab, die Grundrechte der Mutter würden dadurch unzulässig verletzt. Ihr Recht, keine intimen Angaben machen zu müssen, sei höher zu bewerten, als die "reinen Vermögensinteressen" des Scheinvaters.
Der BGH folgte dem nicht. Der Scheinvater habe die vermeintliche Vaterschaft nur mit Zustimmung der Mutter anerkennen können. Sie habe daher schon damals Angaben zu ihrem Intimleben gemacht – nur eben falsche. Der BGH dagegen sieht die Voraussetzungen für eine Zwangshaft gegeben, weil damit ein rechtskräftiges Urteil vollstreckt werde. Die Grundrechte der Mutter würden dadurch nicht unzulässig berührt. Zwar schütze das Persönlichkeitsrecht grundsätzlich vor einer Offenlegung des Intimlebens. In diesem Fall haben jedoch die Interessen des Scheinvaters Vorrang, der beim wirklichen Erzeuger des Sohnes Regress für den jahrelang zu Unrecht gezahlten Unterhalt nehmen will. Die Frau, die ihn in diese Situation gebracht habe, müsse an der Beseitigung dieser Nachteile mitwirken. Die Zwangshaft sei auch nicht generell unverhältnismäßig. Schließlich könne die Mutter dies jederzeit durch Benennung des biologischen Vaters abwenden. Das LG muss nun abschließend prüfen, ob die Voraussetzungen für eine Haft auch aktuell noch vorliegen.
Link zur Entscheidung
BGH, Beschluss v. 3.7.2008, I ZB 87/06.