0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Mit dem Neunten Gesetz zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch – Rechtsvereinfachung – sowie zur vorübergehenden Aussetzung der Insolvenzantragspflicht (9. SGB II- ÄndG) v. 26.7.2016 (BGBl. I S. 1824) wurde mit Wirkung zum 1.8.2016 die Vorschrift in Abs. 2 erweitert und ein Abs. 4 angefügt.
Mit Inkrafttreten des Art. 1 des Gesetzes zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (Bundesteilhabegesetz – BTHG) v. 23.12.2016 (BGBl. I S. 3234) wird der bisherige § 132 mit Wirkung zum 1.1.2018 zu § 215. Die bisherigen Integrationsprojekte heißen nun Inklusionsbetriebe. In Abs. 3 wurde die bisher für die Integrationsunternehmen geltende Mindestbeschäftigungsquote von 25 auf 30 % angehoben und gilt nun für alle Formen der in Abs. 1 definierten Inklusionsbetriebe. Im Übrigen entspricht die Vorschrift dem bisherigen § 132 in der ab dem 1.8.2016 durch das 9. SGB II-Änderungsgesetz geltenden Fassung.
1 Allgemeines
Rz. 1a
Die Vorschrift definiert Inklusionsbetriebe und den beschäftigten Personenkreis.
In der ab dem 1.1.2018 geltenden Fassung des § 215 wurden die bisher als Integrationsprojekte bezeichneten Unternehmen in Inklusionsbetriebe umbenannt. Diese Umbenennung geht auf den Beschluss des Deutschen Bundestages v. 24.9.2015 zu dem Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und der SPD "Integrationsbetriebe fördern – Neue Chancen für schwerbehinderte Menschen auf dem ersten Arbeitsmarkt fördern" (BT-Drs. 18/5377) v. 2.7.2015 zurück. Dieser Beschluss wurde wesentlich umgesetzt in dem 9. SGB II-Änderungsgesetz v. 26.7.2016 mit Wirkung zum 1.8.2016 (Aufnahme der Personengruppe der langzeitarbeitslosen schwerbehinderten Menschen in die Zielgruppe; Abs. 2 Nr. 4). Mit der nunmehr erfolgten Umbenennung soll sich der Paradigmenwechsel von der Integration hin zur Inklusion auch in den Begriffen wiederspiegeln.
2 Rechtspraxis
Rz. 2
Die Entwicklung der Arbeitslosigkeit Schwerbehinderter in den 90er Jahren hat gezeigt, dass ein erheblicher Teil der arbeitslosen schwerbehinderten Menschen nicht allein mit Hilfe des Regelinstrumentariums des Arbeitsförderungsrechts und des Schwerbehindertenrechts wieder in das Arbeitsleben eingegliedert werden kann. Zugleich sind die Werkstätten für behinderte Menschen für diesen Personenkreis nicht die adäquate Einrichtung zur Beschäftigung und Qualifizierung.
Rz. 3
Deshalb hat das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung im Jahre 1997 Vorläufige Grundsätze und Förderrichtlinien für Integrationsprojekte (-firmen, -betriebe und -abteilungen) zur Eingliederung Schwerbehinderter in das Arbeitsleben erarbeitet. In einer bis 2001 laufenden Modellphase sollten in den Bundesländern je ein Integrationsprojekt modellhaft erprobt und aus Mitteln der dem Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung zur Verfügung stehenden Ausgleichsabgabe (Ausgleichsfonds) gefördert werden.
Rz. 4
Durch das Gesetz zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit Schwerbehinderter v. 29.9.2000 (BGBl. I S. 1394) ist die Förderung von Integrationsprojekten auf eine gesetzliche Grundlage gestellt worden. Mit § 132 SGB IX ist mit Wirkung zum 1.7.2001 § 53 a des Schwerbehindertengesetzes in das SGB IX übernommen worden.
2.1 Begriff
Rz. 5
Abs. 1 Satz 1 definiert Inklusionsbetriebe als rechtlich und wirtschaftlich selbständige Unternehmen sowie als unternehmensinterne Betriebe oder Abteilungen. Da der Unternehmensbegriff auf öffentliche Arbeitgeber i. S.d. § 154 Abs. 3 nicht zutrifft, bestimmt Satz 1 ergänzend, dass auch von öffentlichen Arbeitgebern geführte Betriebe oder Abteilungen als Inklusionsbetriebe geführt werden können.
Rz. 6
Die Inklusionsbetriebe werden gegenüber schwerbehinderten Menschen tätig, deren Teilhabe an einer sonstigen Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt trotz Ausschöpfens aller Möglichkeiten auf besondere Schwierigkeiten stößt. Um welche Menschen es sich dabei handelt, ist in Abs. 2 aufgeführt.
Rz. 7
Die Formulierung "an einer sonstigen Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt" zeigt, dass es Hauptaufgabe der Inklusionsbetriebe ist, solche schwerbehinderten Menschen zu beschäftigen. Die Formulierung macht auch deutlich, dass es sich bei den Inklusionsbetrieben nicht um Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation (§ 51) handelt, Inklusionsbetriebe sind vielmehr Teil des allgemeinen Arbeitsmarktes.
Rz. 8
Ein besonderes Anerkennungsverfahren wie bei Werkstätten für behinderte Menschen (§ 225) ist bei Inklusionsbetrieben nicht vorgesehen. Ein solches Anerkennungsverfahren war in den Überlegungen zum Entwurf des Gesetzes zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit Schwerbehinderter zunächst vorgesehen, die Bundesagentur für Arbeit sollte für die Anerkennung zuständig sein und im Hinblick auf die gemeinsame Förderzuständigkeit die Anerkennung mit den Integrationsämtern abstimmen. Ein Anerkennungsverfahren wurde jedoch bei den weiteren Beratungen des Gesetzentwurfs nicht für notwendig gehalten, um Inklusionsbetriebe zu anderen Unternehmen und Betrieben des allgemeinen Arbeitsmarktes abgrenzen zu können. Eine Aussage, ob es ...