Rz. 24
Abs. 5 trifft eine Sonderregelung. Sie ist veranlasst durch Vorlagebeschlüsse des VG München v. 15.4.1982, M 4662 XV 81, und des VG Sigmaringen v. 7.9.1983, K 814/81, und v. 11.1.1984, 7 K 106/82, an das BVerfG v. 17.10.1984. Sie sind von der Überlegung getragen, dass, wenn bestimmte Linien des Personennahverkehrs in Fremdenverkehrs- und Kurgebieten weit häufiger als andere von begünstigten schwerbehinderten Menschen benutzt würden und wenn diese außergewöhnliche Inanspruchnahme dazu führe, dass die betroffenen Verkehrsunternehmen bei unveränderter Anwendung der pauschalierenden Erstattungsregelung (Abs. 1 und Abs. 4) den größten Teil der schwerbehinderten Fahrgäste ohne finanziellen Ausgleich befördern müssten und dadurch erhebliche Fahrgeldeinbußen erlitten, eine wesentliche Sonderbelastung vorliege, die durch Art. 12 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 3 Abs. 1 GG nicht mehr gedeckt sei.
Rz. 25
Deshalb hat der Gesetzgeber mit dem Haushaltsbegleitgesetz 1984 geregelt, dass in den Fällen, in denen der Verkehrsunternehmer durch Verkehrszählung nachweise, dass das Verhältnis zwischen den unentgeltliche beförderten schwerbehinderten Menschen und den sonstigen Fahrgästen den sonst regelmäßig ermittelten Prozentsatz um mindestens 1/3 übersteige, der Berechnung des Erstattungsbetrages der von dem Unternehmer ermittelte Prozentsatz zugrunde zu legen sei.
Rz. 26
Der Verkehrsunternehmer muss durch Zählung der von ihm unentgeltlich beförderten schwerbehinderten Menschen und durch Zählung der von ihm gegen Entgelt beförderten Fahrgäste ermitteln und diese beiden Personengruppen – in Anlehnung an die nach Abs. 4 vorzunehmende Berechnung – ins Verhältnis setzen.
Rz. 27
Auch in diesen Fällen erfolgt die Erstattung – wenn auch anhand eines individuellen Prozentsatzes – nach den Fahrgeldeinnahmen, nicht nach den durch die Verkehrszählung ermittelten konkreten Fahrgeldausfällen.
Rz. 28
Durch das Verwaltungsvereinfachungsgesetz ist mit Wirkung zum 1.1.2005 eine wesentliche Änderung erfolgt. Nunmehr ist bestimmt, dass Unternehmen, die in dem oben dargestellten Umfang (vgl. Rz. 25) überdurchschnittlich viele schwerbehinderte Menschen befördern, eine Erstattung auf der Grundlage des nach Abs. 4 ermittelten Landessatzes erhalten und zusätzlich der Teil der Mehrkosten erstattet wird, der jenseits der Eindrittelgrenze liegt. Voraussetzung ist also weiterhin, dass das Verhältnis zwischen den unentgeltlich beförderten schwerbehinderten Menschen und den sonstigen Fahrgästen den sonst regelmäßig ermittelten Prozentsatz um mindestens 1/3 übersteigt. Ist dies der Fall, wird neben dem Erstattungsbetrag nach dem ermittelten Landessatz nur noch der Mehrbetrag erstattet, der über der Eindrittelgrenze liegt. Die Bundesregierung hat diese gegenüber der bisherigen Rechtslage vorgenommene Einschränkung bei der Erstattung, die bei den in Frage kommenden Unternehmen zu erheblichen Erstattungsausfällen führen, mit den vom Bundesverfassungsgericht seinerzeit aufgestellten Grundsätzen zur Zulässigkeit einer pauschalierten Abrechnung für vereinbar gehalten. Zutreffend hat die Bundesregierung in der Gesetzesbegründung darauf hingewiesen, dass in den Fällen, in denen die Eindrittelgrenze nicht erreicht wurde, auch nach bisherigem Recht eine Erstattung nach einer individuellen Berechnung nicht erfolgte, also in diesen Fällen eine Erstattung nach dem nach Abs. 4 ermittelten Landessatz vorzunehmen war. Von Ausfällen sind also die Unternehmen betroffen, denen bisher bei Überschreiten der Eindrittelgrenze der gesamte Mehraufwand erstattet wurde.
Rz. 29
Durch das Gesetz zur Änderung des Neunten Buches Sozialgesetzbuch v. 8.12.2012 (BGBl. I S. 2480) wurde mit Wirkung zum 1.1.2013 Abs. 6 angefügt (Art. 1 Nr. 2 Buchst. b des Gesetzes v. 8.12.2012). Er bestimmt, dass die Anwendung der Härtefallregelung in Abs. 5 nicht in den Fällen gilt, in denen die Erstattung der Fahrgeldausfälle durch die Aufgabenträger des öffentlichen Personennahverkehrs beantragt wird. Dies ist in § 233 Abs. 2 geregelt. Die Berechtigung ist ausdrücklich auf den "allgemeinen" Vomhundertsatz des Abs. 4 beschränkt.