1 Arbeitnehmereigenschaft
See- und Binnenschiffer, die zu einem Schiffseigner oder einer Reederei in einem Dienstverhältnis stehen, sind Arbeitnehmer. Abhängig von der Art der Tätigkeit kann der Arbeitgeber steuerfreie und pauschal besteuerte Arbeitslohnteile zahlen und der Arbeitnehmer kann ggf. Werbungskosten ansetzen. Die tarifvertragliche Seefahrtszulage gehört zum steuerpflichtigen Arbeitslohn.
2 Lohnsteuerabzug
2.1 Seeschiffer mit Inlandswohnsitz
Seeschiffer, die im Bundesgebiet ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben, sind unbeschränkt einkommensteuerpflichtig, gleichgültig, ob sie unter deutscher oder ausländischer Flagge fahren.
Bei Beschäftigung für einen inländischen Reeder ist dieser zum Lohnsteuerabzug verpflichtet. Ist der Arbeitnehmer bei einem ausländischen Reeder beschäftigt, erfolgt eine Einkommensteuerveranlagung, sofern der Besteuerungsanspruch nach einem DBA nicht dem ausländischen Staat zusteht.
2.2 Seeschiffer ohne Inlandswohnsitz
Seeleute, die keinen inländischen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben, können unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sein, wenn sie auf deutschen Handelsschiffen überwiegend auf hoher See oder in deutschen Küstengewässern fahren. Fahren sie nur vorübergehend auf deutschen Handelsschiffen, sind sie i. d. R. beschränkt einkommensteuerpflichtig.
Aufenthalt in einem ausländischen Hafen oder Küstenmeer
Vergütungen an Arbeitnehmer ohne inländischen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt für die Tätigkeit auf einem deutschen Schiff während dessen Aufenthalt in einem ausländischen Hafen oder Küstenmeer sind nicht steuerpflichtig.
3 Lohnsteuerprivileg für Arbeitgeber mit Schiffen
3.1 Lohnsteuereinbehalt von 40 % durch den Arbeitgeber
Arbeitgeber, die eigene oder gecharterte Handelsschiffe betreiben, dürfen vom Gesamtbetrag der anzumeldenden und abzuführenden Lohnsteuer einen Betrag von 40 % der auf das Schiffspersonal entfallenden Lohnsteuer abziehen und behalten. Voraussetzung ist, dass
- das Besatzungsmitglied in einem zusammenhängenden Arbeitsverhältnis an mehr als 183 Tagen auf einem Handelsschiff des Arbeitgebers eingesetzt ist,
- die Handelsschiffe in einem inländischen Schiffsregister oder in das Schiffsregister eines anderen EU-/EWR-Staates eingetragen sind und unter deutscher Flagge oder unter EU-/EWR-Flagge fahren,
- die Handelsschiffe zur Beförderung von Personen oder Gütern im Verkehr zwischen ausländischen Häfen, innerhalb eines ausländischen Hafens oder zwischen einem ausländischen Hafen und der hohen See betrieben werden und
- das Besatzungsmitglied über ein Seefahrtsbuch verfügt und im Inland beschränkt oder unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist.
Die Kürzung der einzubehaltenden Lohnsteuer ist nur in dem Lohnzahlungszeitraum zulässig, in dem das Schiff zu den im Gesetz genannten Zwecken tatsächlich eingesetzt worden ist. Für das Schiffspersonal, das im regelmäßigen Personenverkehr im Hoheitsgebiet der EU-Staaten eingesetzt ist, gilt die Berechtigung für die Vereinnahmung der abgezogenen Lohnsteuer durch den inländischen Arbeitgeber nur, wenn dieses die Staatsangehörigkeit eines EU-/EWR-Mitgliedstaates besitzt. Da der Inhalt der Lohnsteuer-Anmeldung zeitraumbezogen zu erfassen ist, muss auch der Kürzungsbetrag für den jeweiligen Anmeldezeitraum, also regelmäßig monatlich ermittelt werden. Eine Kürzung der einbehaltenen Lohnsteuer kommt deshalb für solche Monate nicht in Betracht, in denen das Schiff nicht im internationalen Verkehr betrieben worden ist.
Besonderheit bei Steuerklassen V und VI
Ist die Lohnsteuer von begünstigten Seeleuten nach der Steuerklasse V oder VI zu berechnen, bemisst sich der 40-prozentige Entlastungsbetrag nach der Lohnsteuer der Steuerklasse I.
3.2 Befristete Anhebung des Lohnsteuereinbehalts auf 100 %
Der Lohnsteuereinbehalt wurde für einen befristeten Zeitraum von 40 % bis 31.5.2027 auf 100 % ausgedehnt. Arbeitgeber, die eigene oder gecharterte "inländische" Handelsschiffe oder "EU-Handelsschiffe" betreiben, dürfen während dieses Zeitraums vom Gesamtbetrag der anzumeldenden und abzuführenden Lohnsteuer den vollen Betrag der auf das Schiffspersonal entfallenden Lohnsteuer abziehen und behalten.
Lohnsteuerprivileg nicht mehr auf deutsche Flagge beschränkt
Da der Lohnsteuereinbehalt eine Subvention und damit eine Beihilfe i. S. d. europäischen Gemeinschaftsrechts darstellt, war die Wirksamkeit der Gesetzesänderung von der Genehmigung durch die EU abhängig. Die Europäische Kommission hat die Genehmigung am 22.6.2021 erteilt und die Zustimmung zur Verlängerung des erhöhten Lohnsteuereinbehalts davon abhängig gemacht, dass sie auch für Schiffe anderer EU-/EWR-Staaten Gültigkeit hat. Das "Verlängerungsgesetz" findet seit dem Lohnzahlungszeitraum Juni 2021 Anwendung. Der 6-Jahreszeitraum für die staatliche Zuschuss-Gewährung in Form der vollen Lohnsteuer des "inländischen Schiffspersonals" endet damit zum 31.5.2027.
An die Stelle der Eintragung in einem inländischen Seeschiffsregister ist der erweiterte Anwendungsbereich für sämtliche "EU-/EWR-Handelsschiffe" getreten. Das sind Schiffe, die in einem Seeschiffsregister eines Mitgliedstaats der Europäischen Union...