rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsweg für Anspruch auf Einsicht in Steuerakten
Leitsatz (amtlich)
Für die Durchsetzung eines öffentlich-rechtlichen Anspruchs auf Akteneinsicht aus dem IFG-SH ist der Finanzrechtsweg dann nicht eröffnet, wenn die Auskunft oder die Akteneinsicht in den Verwaltungsakten erst nach Abschluss des Besteuerungsverfahrens aus außersteuerlichen Gründen begehrt wird.
Normenkette
FGO § 33 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2; GVG § 17 Abs. 2 S. 1, § 17a Abs. 2 S. 1, Abs. 4
Tatbestand
I.
Der Kläger begehrt zur Geltendmachung einer Schadensersatzklage Einsicht in seine Steuerakten für die Jahre 1995 bis 1997.
Mit Schreiben vom 17.06.2010 beantragte der Kläger über seinen Prozessbevollmächtigten Einsicht in die über ihn geführten Steuerakten. Die Ehefrau des Klägers erklärte ihre Einwilligung, soweit ihre Verhältnisse hierdurch betroffen sind. Zudem teilte der Kläger mit, dass sein Prozessbevollmächtigter beauftragt worden sei, für ihn eine Schadensersatzklage gegen das Land Schleswig-Holstein wegen einer verdeckten Gewinnausschüttung 1996 und der dadurch festgesetzten Steuern zu führen. Die aktuellen Vorgänge seien nicht betroffen.
Mit Bescheid vom 22.09.2010 lehnte der Beklagte den Antrag auf Akteneinsicht ab, da kein berechtigtes Interesse des Klägers gegeben sei.
Hiergegen legte der Kläger Einspruch ein und machte geltend, der Beklagte habe § 5 des Gesetzes über die Freiheit des Zugangs zu Informationen für das Land Schleswig-Holstein (IFG-SH) nicht beachtet. Danach habe die Behörde nach Wahl des Klägers Auskunft zu erteilen oder die Informationsträger zugängig zu machen. Nichts anderes folge aus § 27 LDSG sowie § 198 LVwG. Diese Verpflichtung gelte auch für den Beklagten als Landesbehörde. Die Abgabenordnung stünde dem nicht entgegen.
Mit Einspruchsentscheidung vom 28.04.2011 wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen. Das IFG-SH sei nicht einschlägig, da durch dieses Gesetz nicht der Auskunftsanspruch für eigene Daten geregelt werde. Hinsichtlich der Begründung im Übrigen wird auf die Einspruchsentscheidung Bezug genommen.
Am 30. Mai 2011 hat der Kläger Klage erhoben. Er trägt vor, das IFG-SH stelle eine lex specialis zur Abgabenordnung dar. Eine Subsidiarität des IFG-SH zu sonstigen Akteneinsichtsrechten bestünde nicht. Auch Art. 31 GG stünde nicht entgegen, weil es sich bei dem IFG-SH nicht um entgegenstehendes Landesrecht handele. Der Kläger verweist auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 10.03.2008 1 BvR 2388/03, wonach der Bürger unter dem Gesichtspunkt des informationellen Selbstbestimmungsrechts das Recht habe, in Erfahrung zu bringen, welche Daten über ihn bei der Finanzverwaltung vorhanden seien. Das Schreiben eines Ministeriums könne kein Recht setzen und schon gar nicht Grundrechtspositionen beseitigen. Im Übrigen sei das Finanzamt in einem Zivilprozess ohnehin zum wahrheitsgemäßen und vollständigen Vortrag verpflichtet. Da es nicht Aufgabe der Finanzverwaltung sei, rechtswidrig zu handeln, könne schon denklogisch aus einer Akteneinsicht keine Gefährdung des sich an Gesetz und Recht orientierenden Verwaltungshandelns resultieren. Die Klage sei auch zulässig. Die vom Gericht beabsichtigte Verweisung an das Verwaltungsgericht begrüße er.
Der Kläger beantragt,
dem Kläger Einsicht in die im Zusammenhang mit seiner Veranlagung für die Jahre 1995 bis 1997 bei dem beklagten Finanzamt geführten Verwaltungsakten zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte wendet sich gegen eine Verweisung an das Verwaltungsgericht. Für das Begehren auf Einsicht in die bei einem Finanzamt geführten Akten sei grundsätzlich der Finanzrechtsweg gegeben, da es sich um eine Abgabenangelegenheit im Sinne des § 33 Abs. 2 Satz 1 FGO handele. Dies ergebe sich aus dem sachlichen Zusammenhang zwischen der Weitergabe der Daten und ihrer Erhebung aufgrund abgabenrechtlicher Vorschriften. Ob bei dieser Entscheidung Vorschriften aus anderen Rechtsgebieten gleichfalls zu berücksichtigen seien, sei ohne Belang.
Weiter trägt er vor, die Klage sei unzulässig, da dem Kläger das Rechtsschutzbedürfnis fehle. Der Kläger habe die Akten im Verfahren 3 K 209/02 eingesehen oder die Möglichkeit hierzu gehabt. Die Klage sei auch unbegründet, weil das IFG-SH nicht anwendbar sei. Die AO gehe als das speziellere Gesetz vor. Im außergerichtlichen Besteuerungsverfahren habe der Steuerpflichtige keinen Anspruch auf Akteneinsicht, sondern lediglich das Recht auf eine Entscheidung nach pflichtgemäßem Ermessen über den Antrag. Dieses Ermessen habe der Beklagte pflichtgemäß ausgeübt.
Die Beteiligten sind mit Verfügung vom 13. Oktober 2011 zur beabsichtigten Verweisung angehört worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte „Verfahren wegen Akteneinsicht“ Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
Der Finanzrechtsweg ist unzulässig.
Nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ist der Finanzrecht...