Entscheidungsstichwort (Thema)
Erbschaftsteuerrechtliche Einordnung eines ehemaligen Adoptivkindes
Leitsatz (redaktionell)
Ein ehemaliges Adoptivkind ist im Verhältnis zu den Adoptiveltern nicht in die Erbschaftsteuerklasse I einzuordnen.
Normenkette
ErbStG § 15 Abs. 1a, 1, § 16 Abs. 1 Nr. 2
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die erbschaftsteuerrechtliche Einordnung eines ehemaligen Adoptivkindes.
Der Kläger wurde durch notariell beurkundeten Adoptionsvertrag vom 31. Oktober 1950 von den Eheleuten A an Kindes statt angenommen. Durch notariell beurkundeten Vertrag vom 18. September 1959 wurde dieser Adoptionsvertrag wieder aufgehoben. Diese Aufhebung wurde am 28. September 1959 durch das Amtsgericht gerichtlich bestätigt. Durch gemeinschaftliches Testament der Eheleute A vom 03. Mai 1995 setzten sich die Eheleute gegenseitig zum Erben ein und bestimmten, dass der Kläger Erbe des zuletzt Versterbenden werden sollte. Ferner ist in dem Testament eine Testamentsvollstreckung angeordnet worden.
Frau A überlebte ihren Ehemann und verstarb am 16. Februar 2004.
Der Testamentsvollstrecker beantragte in seiner Erbschaftsteuererklärung vom 16. März 2005 für den Kläger als ehemaligen Adoptivsohn der Erblasserin nach § 15 Abs. 1a des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) i.V.m. § 15 Abs. 1 ErbStG die Steuerklasse I anzuwenden sowie den Freibetrag von 205.000 € nach § 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG anzusetzen.
Mit Erbschaftsteuerbescheid vom 04. Juli 2005 setzte der Beklagte gegenüber dem Kläger Erbschaftsteuer in Höhe von 43.171 € fest. Dabei wurde die Steuerklasse III zu Grunde gelegt.
Der Kläger legte dagegen am 28. Juli 2005 Einspruch ein, mit dem er die Einstufung des Erbfalls in die Steuerklasse I und hilfsweise eine Einstufung in die Steuerklasse II begehrte. Er sei der ehemalige Adoptivsohn der Erblasserin. Nach § 15 Abs. 1a ErbStG sei die Steuerklasse I auch dann anzuwenden, wenn die Verwandtschaft durch Annahme als Kind bürgerlich-rechtlich erloschen sei. Herr A sei der Bruder der leiblichen Mutter des Klägers und damit dessen Onkel gewesen. Durch die Aufhebung der Adoption im Jahre 1959 sei die Verwandtschaft durch Annahme als Kind gegenüber den Adoptiveltern bürgerlich-rechtlich erloschen. Die Verwandtschaft habe zivilrechtlich lediglich in den Jahren 1950 bis 1959 bestanden. Dieser Fall werde von § 15 Abs. 1a ErbStG erfasst. Der Wortlaut dieser Vorschrift sei nicht eindeutig. Die Wörter "die Verwandtschaft durch Annahme als Kind" könnten sich sowohl auf die neue Verwandtschaft in der Adoptionsfamilie als auch auf die vor der Adoption bestehende Verwandtschaft zur Familie der leiblichen Eltern beziehen. Beide Auslegungsmöglichkeiten seien zutreffend, weil der Gesetzgeber eine Einschränkung auf eine dieser Deutungen im Gesetzestext nicht zum Ausdruck gebracht habe. Hinzu komme die erbschaftsteuerliche Auslegung des Begriffes "Kind" im Unterschied zum Zivilrecht. Adoptivkinder seien dort als Kinder im Sinne des § 15 ErbStG anzusehen. Im Erbschaftsteuerrecht werde bei relevanten früheren familiären Bindungen zu Gunsten der Erben so verfahren, als bestünden sie noch. So etwa bei Adoptivkindern und ihrer leiblichen Familie, bei Stiefkindern, bei nichtehelichen Kindern und bei geschiedenen Ehegatten. Auch weise § 15 Abs. 3 ErbStG bei gemeinschaftlichen Testamenten von Ehegatten den Schlusserben unter Umständen eine günstigere Steuerklasse zu, als aufgrund des zivilrechtlichen Verwandtschaftsverhältnisses zum Letztversterbenden nötig wäre. Somit könne nach dem Gleichheitssatz die Auflösung der Adoption für die Zuordnung zur Steuerklasse I nicht hinderlich sein. Durch die Ablehnung der Zuordnung der Steuerklasse I komme eine unbillige Lösung für den Kläger zu Stande. Die ehemaligen Adoptiveltern hätten durch ihr gemeinsames Testament zu Gunsten des Klägers zum Ausdruck gebracht, dass sie weiterhin ein elterliches Verhältnis zu ihm gehabt hätten. Dies werde auch durch eine Generalvollmacht über den Tod hinaus belegt. Auf eine Wiederbelebung der Adoption sei aufgrund von § 15 Abs. 1a ErbStG bewusst verzichtet worden, weil von der Anwendbarkeit dieser Vorschrift ausgegangen worden sei.
Mit Änderungsbescheid vom 23. August 2005 setzte der Beklagte gegenüber dem Kläger Erbschaftsteuer in Höhe von 31.042 € fest, wobei die Steuerklasse II zu Grunde gelegt wurde.
Der Kläger legte am 14. September 2005 auch gegen diesen Bescheid Einspruch ein, mit dem er weiterhin die Anwendung der Steuerklasse I begehrte. Den Einspruch begründete er ergänzend damit, dass auch eine wirtschaftliche Betrachtungsweise oder die Verhinderung des Missbrauchs von Gestaltungsspielräumen nicht gegen die Auffassung des Klägers spreche.
Mit Einspruchsentscheidung vom 29. März 2006 wies der Beklagte den Einspruch gegen den Erbschaftsteuerbescheid vom 23. August 2005 als unbegründet zurück.
Der Kläger hat am 28. April 2006 Klage erhoben. Zur Begründung trägt er ergänzend zu seinem Vorbringen...