Entscheidungsstichwort (Thema)
Ein Versicherungsberater übt keinen ähnlichen Beruf i. S. von § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG aus
Normenkette
EStG § 18 Abs. 1 Nr. 1; GewStG § 2 Abs. 1
Tenor
Das Urteil wurde im Hinblick auf die Wahrung des Steuergeheimnisses gemäß § 30 Abgabenordnung überarbeitet.
Tatbestand
Der Rechtsstreit geht um die Frage, ob der Kläger (Kl.) als Versicherungsberater einen katalogähnlichen freien Beruf i. S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) ausübt, und damit um die Frage seiner Gewerbesteuer(GewSt)-Pflicht.
Der Kl. stellte seinen Ausbildungs- und beruflichen Werdegang wie folgt dar:
- Schulabschluß mit der mittleren Reife;
- dreijährige Lehre (1954–1956) bei einer Versicherungsfirma;
- dort Angestellter 1956–1971, zuletzt als Abteilungsleister, Prokurist und Ausbilder;
- 1971–1976 geschäftsführender Prokurist bei einer anderen Versicherungsfirma;
- 1976–1988 Gesellschafter/Geschäftsführer seiner Versicherungsmaklerfirma (Gesellschaft bürgerlichen Rechts –GbR–);
- seit 1. Februar 1988 selbständiger Versicherungsberater.
Vom 1. Oktober 1957 bis zum 30. Juni 1959 hatte der Kl. einen zweijährigen Ausbildungsgang beim Institut für Berufsfortbildung der Versicherungswirtschaft Hamburg e.V. absolviert und hat dort nach bestandener Abschlußprüfung das Abschlußzeugnis vom 30. Juni 1959 erhalten (versicherungswirtschaftliche und -rechtliche Fächer jeweils … Auf den weiteren Inhalt dieses Zeugnisses wird verwiesen.
Am 7. Juni 1988 hat der Kl. bei der Justiz die Teilerlaubnis nach dem Rechtsberatungsgesetz für den Beruf des Versicherungsberaters beantragt. Nach einem etwa einstündigen Gespräch mit zwei Richtern des Landgerichts …, in dem dem Kl. ein Katalog von 10 Fragen aus dem Versicherungsrecht vorgelegt worden waren, die der Kl. klausurmäßig schriftlich zu beantworten hatte, hat der Präsident des Landgerichts (LG) … die Erlaubnisurkunde vom 30. März 1989 erteilt. Diese lautete im wesentlichen wie folgt:
„…
erteile ich gemäß Artikel 1 § 1 des Rechtsberatungsgesetzes … mit Wirkung vom 1. April 1989 die vorläufige Erlaubnis, als Versicherungsberater die Beratung und außergerichtliche Vertretung gegenüber Versicherern bei der Vereinbarung, Änderung oder Prüfung von Versicherungsverträgen sowie bei der Wahrnehmung von Ansprüchen aus dem Versicherungsvertrag im Versicherungsfall zu besorgen. …
Es ist ausschließlich die Berufsbezeichnung „Versicherungsberater” zu führen. Die Berufsbezeichnung „Rechtsbeistand” darf nicht geführt werden.
Die Vermittlung von Versicherungsverträgen sowie ein Auftreten vor Gericht sind nicht zugelassen. …”
Der Kl. stellte seinen Tätigkeitsbereich als Versicherungsberater wie folgt dar:
- Ermittlung des Versicherungsbedarfs (Risk-Management);
- Überprüfung bestehender Versicherungsverträge;
- Einholung von Versicherungsangeboten;
- Betreuung in Versicherungsfragen;
- Verwaltung von Verträgen aus diesen Bereichen;
- Versicherungsrechtliche Beratung;
- Sonderaufgaben und Vorträge;
- Wahrnehmung von Versicherungsansprüchen.
Der Kl. arbeitet für Unternehmen. Er betreut ständig und umfassend 2 Kunden und in Einzelfällen unterschiedliche Mandanten. Sein Honorar berechnet er nach Zeitaufwand.
Bis zur o.g. Erlaubniserteilung erstreckte sich die Tätigkeit des Kl. nach seinen Angaben auf den technischen Bereich ohne Rechtsberatung.
Seine ermittelten Gewinne für die Streitjahre 1988 und 1989 von … bzw. … erklärte er in seinen Einkommensteuer(ESt)-Erklärungen als solche aus freiberuflicher Tätigkeit. GewSt-Erklärungen reichte er demzufolge nicht ein.
Das beklagte Finanzamt (FA) ordnete die Gewinne einkommensteuerlich den Einkünften aus Gewerbebetrieb zu und erließ unter dem 25. Februar 1991 und dem 26. April 1991 die Bescheide für 1988 und 1989 über den einheitlichen GewSt-Meßbetrag, denen es jeweils die Gewinne aus Gewerbebetrieb als Gewerbeertrag zugrundelegte. Die unter den Vorbehalt der Nachprüfung gestellten Bescheide wiesen einen einheitlichen GewSt-Meßbetrag von … (1988) und … DM (1989) aus.
Der Kl. beantragte am 7. Juni 1991 u. a. die Aufhebung der GewSt-Meßbescheide. Dies lehnte das FA mit Verfügung vom 5. September 1991 ab.
Der Einspruch vom 8. Oktober 1991 hatte keinen Erfolg; das FA wies ihn mit Entscheidung vom 25. Februar 1993 als unbegründet zurück.
Hiergegen richtet sich die Klage vom 25. März 1993.
Der Vortrag des Kl. zur Begründung seiner Klage läßt sich wie folgt zusammenfassen (es wird im übrigen auf den Inhalt des Schriftsatzes des Kl. vom 30. Mai 1993 Bezug genommen):
Der Beruf des Versicherungsberaters stelle eine freiberufliche Tätigkeit dar, die selbständig und eigenverantwortlich ausgeübt werde. Eine „Ähnlichkeit” i. S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG ergebe sich in bezug auf mehrere Katalogberufe.
Es bestehe zum einen die Ähnlichkeit zum Beruf des Rechtsanwalts. Der Beruf des Versicherungsberaters sei im übergreifenden Rechtsberatungsgesetz geregelt. Daß er dort seinen Platz habe, sei ausdrücklich durch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) bestätigt worden.
Die Tätigkeit des Versicherungsberaters sei ab...