Entscheidungsstichwort (Thema)
Vermeidung der Abfärbewirkung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG
Leitsatz (redaktionell)
Beabsichtigt eine ärztliche Gemeinschaftspraxis neben der Erbringung freiberuflicher Leistungen auch gewerblich tätig zu werden, kann die Abfärbewirkung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG dadurch vermieden werden, dass die gewerbliche Betätigung von einer zweiten Personengesellschaft der gemeinschaftlich tätigen Ärzte ausgeübt wird.
Normenkette
EStG § 15 Abs. 3 Nr. 1
Nachgehend
Tenor
Das Urteil wurde im Hinblick auf die Wahrung des Steuergeheimnisses gemäß § 30 Abgabenordnung überarbeitet.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die steuerliche Einordnung der von den Klägern (Kl.) zu 1. und 2. betriebenen augenärztlichen Gemeinschaftspraxis Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) … erzielten Einkünfte streitig. Nach Ansicht des beklagten Finanzamts (FA) liegen Einkünfte aus Gewerbebetrieb vor, weil die Tätigkeit der augenärztlichen Praxis und der von den Kl. in GbR geführte Kontaktlinsenhandel nicht ausreichend getrennt sind (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 Einkommensteuergesetz –EStG–).
Dem Rechtsstreit liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Die Kl. sind Fachärzte für Augenkrankheiten. Sie haben 1974 eine GbR zur gemeinsamen Ausübung einer Facharztpraxis für Augenkrankheiten gegründet und üben seitdem ihre Tätigkeit in gemieteten Räumen in … aus (s. im einzelnen Vertrag vom 3. März 1974).
Die Gesellschaft ermittelt ihren Gewinn im Wege der Einnahme-Überschußrechnung. Für die Gesellschaft besteht eine eigene Buchführung. Im einzelnen wird auf die bei den Feststellungsakten abgehefteten Einnahme-Überschußrechnungen verwiesen.
1980 gründeten die Kl. eine weitere GbR (Kontaktlinsengesellschaft). Zweck der Gesellschaft ist der Handel mit Kontaktlinsen und zugehörigen Materialien und Leistungen. Die Geschäftsräume befinden sich in den von der Augenarztpraxis angemieteten Räumen (s. im einzelnen Vertrag vom 15. Januar 1980) … Diese Gesellschaft ermittelt ihren Gewinn im Wege der Einnahme-Überschußrechnung. Für sie ist eine eigene Buchführung eingerichtet. Im einzelnen wird auf die bei den Feststellungsakten abgehefteten Einnahme-Überschußrechnungen verwiesen.
Im einzelnen stellt sich der Betriebsablauf der Kontaktlinsengesellschaft wie folgt dar:
Links vom Eingang zu den Praxisräumen sind die üblichen Arztschilder angebracht, rechts am Eingang befindet sich ein Hinweisschild mit der Inschrift „Kontaktlinsenanpassung”. Dieses Schild ist von den üblichen Praxisschildern getrennt. Hinter dem Eingang gelangt der Patient zur Anmeldung und dem dahinter befindlichen Wartebereich sowie zu den rechts und links der Anmeldung liegenden Sprechzimmern. Am Ende des Flurs befindet sich der Raum mit dem Hinweisschild „Kontaktlinsen”. Dieser Raum dient ausschließlich den mit der Kontaktlinsenabgabe zusammenhängenden Tätigkeiten (s. dazu Anlage 1 zum Schriftsatz der Kl. vom 5. August 1996, Bl. 69 ff der Gerichtsakten).
Die Abgabe der Kontaktlinsen erfolgt getrennt von dem Betrieb der Augenarztpraxis. Die Kontaktlinsen werden grundsätzlich im Einzelfall bestellt, wenn die jeweilige Spezifikation vorliegt. Diese Bestellung wird in ein Bestellbuch eingetragen. Die Bestellungen erfolgen telefonisch. Mit der Lieferung wird der Bestellung im Bestellbuch die jeweilige Nummer des Lieferscheins zugeordnet (s. dazu beispielhaft Auszug aus dem Bestellbuch für das Jahr 1991, Anlage 3 des oben genannten Schriftsatzes). Nach der Lieferung der Kontaktlinsen und der Eintragung der Lieferscheinnummer im Bestellbuch erfolgt die Abgabe und Einpassung an den Patienten. Dies wird im einzelnen in der für den Patienten geführten Kartei vermerkt. Die Lieferanten erteilen nicht für jede gelieferte Kontaktlinse eine Rechnung, sondern in der Regel monatsweise zusammengefaßte. Hauptsächliche Lieferanten sind die Firmen … und … (s. beispielhaft Rechnungen 1991, Anlage 4 des oben genannten Schriftsatzes). Zum Beispiel ergeben sich aus der Rechnung der Firma … vom 29. November 1991 mit der Nr. 10149 die Lieferungen für den Monat November 1991. In der zweiten Spalte der Rechnung sind die Nummern der Lieferscheine eingetragen, z. B. die Nr. 1111090, Lieferscheindatum 1. November 1991. Diese Nummer ist auch in der rechten Spalte des oben genannten Bestellbuches notiert und dort der Bestellung vom 31. Oktober 1991 für die Patientin … zugeordnet. Nach Darlegung der Kl. ist bei dieser Verfahrensweise gewährleistet, daß im einzelnen nachvollziehbar ist, für welche Patienten welche Kontaktlinsen bestellt wurden, wann die Bestellung aufgegeben wurde, die Lieferung erfolgt ist und ob die Rechnung des Lieferanten berechtigt ist.
Für die Kontaktlinsengesellschaft ist ein besonderes Bankkonto eingerichtet (s. dazu Eröffnungsantrag zum Konto Nr. … bei der A.-Bank), der Name des Kontos lautet auf die Kl., Sonderkonto Kontaktlinsen (s. dazu Anlage 6 zum oben genannten Schriftsatz). Ferner wird auf die für das Jahr 1991 im Original eingereichten Kont...