Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Vermögenseinsatz. Bestattungsvorsorgevertrag. Folgenabwägung im einstweiligen Rechtsschutz. keine Prozesskostenhilfe bei Kostentragung durch Antragsgegner
Leitsatz (amtlich)
1. In welchem Umfang ein Bestattungsvorsorgevertrag einsetzbares Vermögen bei der Sozialhilfe darstellt, hängt von umfangreichen tatsächlichen und rechtlichen Prüfungen ab, die in der Regel erst im Hauptsacheverfahren erfolgen können.
2. Im einstweiligen Rechtsschutz kann daher nur im Rahmen einer Folgenabwägung entschieden werden.
3. Hat der Antragsgegner die Kosten der Antragstellerin zu erstatten, hat diese keinen Anspruch auf Prozesskostenhilfe.
Orientierungssatz
Vermögen aus einem Bestattungsvorsorgevertrag für eine angemessene Bestattung als auch für eine angemessene Grabpflege kann als Schonvermögen iS der Härtefallregelungen des § 90 Abs 3 SGB 12 anzusehen sein (vgl BSG vom 18.3.2008 - B 8/9b SO 9/06 R = SozR 4-3500 § 90 Nr 3).
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Schleswig vom 18. Juni 2008 aufgehoben.
Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, vorläufig Leistungen der Hilfe zur Pflege und der Hilfe zum Lebensunterhalt in Einrichtungen für die Antragstellerin ab 6. Mai 2008 längstens bis zur rechtskräftigen Entscheidung in dem Verfahren S 12 SO 104/08 (Sozialgericht Schleswig) ohne Anrechnung von Vermögen zu gewähren.
Die Beschwerde der Antragstellerin wird zurückgewiesen, soweit sie sich gegen die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe durch das Sozialgericht Schleswig richtet.
Der Antragsgegner hat die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin für beide Instanzen zu erstatten.
Gründe
I.
Die Antragstellerin begehrt die Übernahme ungedeckter Heimpflegekosten im Rahmen der Hilfe zur Pflege und Hilfe zum Lebensunterhalt in Einrichtungen ohne Berücksichtigung der in einem Bestattungsvorsorgevertrag und einer Grabpflegestiftung angelegten Beträge.
Einen hierauf gerichteten Antrag der 1942 geborenen Antragstellerin lehnte der Antragsgegner mit Bescheid vom 24. September 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27. März 2008 mit Hinweis auf für die Deckung des geltend gemachten Bedarfes ausreichend vorhandenes einsetzbares Vermögen ab. Hiergegen hat die Antragstellerin Klage beim Sozialgericht Schleswig erhoben (S 12 SO 104/08).
Die Antragstellerin ist vollstationär im Gem. H. Alten- und Pflegeheim GmbH untergebracht. Hierfür entstehen monatliche Kosten in Höhe von 2.258,08 EUR. Nach dem Recht der sozialen Pflegeversicherung wurde der Antragstellerin die Pflegestufe I gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1 SGB XI zuerkannt. Sie bezieht aus der gesetzlichen Rentenversicherung eine Altersrente aus eigener Versicherung in Höhe von 214,83 EUR netto nach Abzug der Beiträge für Kranken- und Pflegeversicherung und eine Hinterbliebenenrente nach ihrem am 21. Februar 2005 verstorbenen Ehemann in Höhe von 705,31 EUR netto monatlich. Ferner erhält sie eine Betriebsrente in Höhe von 214,83 EUR netto monatlich. Darüber hinaus verfügt die Antragstellerin über keine Einkünfte.
Nach Auseinandersetzung des Nachlasses ihres verstorbenen Ehemanns und Zahlung der monatlichen Heimentgelte im jetzt zurückliegenden Zeitraum ist ehemals vorhandenes Vermögen der Antragstellerin, das sich unterhalb des Sozialbetrages von 2.600,00 EUR bewegte, weiter verbraucht worden.
Die Antragstellerin hat einen Bestattungsvorsorgevertrag mit der D B. Treuhand Aktiengesellschaft abgeschlossen, der ein positives Gesamtsaldo von derzeit 7.119,91 EUR aufweist, nachdem hieraus bereits die Kosten der Bestattung des verstorbenen Ehemannes der Klägerin in Höhe von 3.701,72 EUR beglichen wurden. Darüber hinaus hat die Antragstellerin 6.125,00 EUR in einer nicht rechtsfähigen Stiftung zugunsten des evangelisch-lutherischen Kirchenkreises H-B. eingezahlt. Dieses Geld ist bestimmt für den Abschluss eines Dauergrabpflegevertrages über 25 Jahre beginnend mit dem Tod der Antragstellerin zwischen dem bevollmächtigten Kirchenkreis und der die Friedhofsverwaltung tragenden Kirchengemeinde.
Mit ihrem am 6. Mai 2008 beim Sozialgericht Schleswig eingegangenen Antrag begehrt die Antragstellerin,
den Antragsgegner vorläufig zu verpflichten, ihr ergänzende Sozialhilfeleistungen zu gewähren, ohne bei deren Berechnung einsetzbares Vermögen zu berücksichtigen.
Außerdem hat die Antragstellerin beantragt, ihr Prozesskostenhilfe zu bewilligen.
Mit Beschluss vom 18. Juni 2008 hat das Sozialgericht diese Anträge abgelehnt, weil kein Anordnungsanspruch bestehe. Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt:
“Die Antragstellerin hat mangels wirtschaftlicher Hilfebedürftigkeit keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB XII. In Betracht kommen insoweit Leistungen der Hilfe zur Pflege gemäß § 61 ff SGB XII i.V.m. mit der Sicherung des Lebensunterhaltes in Einrichtungen gemäß § 35 Abs. 2 SGB XII. Ihr diesbezüglicher sozialhilferechtlich anzuerkennender Bedarf wird durch die monatlichen Heimkosten i...