Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Festsetzung von Entgelten für Krankentransport- und Rettungswageneinsätze im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes. Bestimmung des Streitwerts

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zur Bestimmung eines Entgelts für Krankentransporte durch einen privaten Anbieter im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes.

2. Der Streitwert im Rahmen des Verfahrens über den Abschluss einer Vergütungsregelung für Krankentransportleistungen bestimmt sich nach dem dreifachen Betrag der zu erwartenden Jahreseinnahmen.

 

Tenor

Auf die Beschwerden des Antragstellers und der Antragsgegnerinnen wird der Beschluss des Sozialgerichts Lübeck vom 17. Oktober 2014 nur insoweit abgeändert, dass die Antragsgegnerinnen zur Zahlung eines Pauschalentgelts für Krankentransportwageneinsätze in Höhe von 63,00 EUR zuzüglich 1,90 EUR ab dem 7. Beförderungskilometer verpflichtet werden.

Die weitergehenden Beschwerden werden zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerinnen und der Antragsteller tragen je die Hälfte der Kosten des gesamten Verfahrens.

Der Streitwert wird für beide Instanzen auf 439.000,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Verpflichtung der Antragsgegnerinnen, ihm bestimmte Entgelte für Krankentransport- und Rettungswageneinsätze zu zahlen.

Bei dem Antragsteller handelt es sich nach seinen Angaben um einen 1985 gegründeten Verein, der als anerkannte gemeinnützige Hilfsorganisation in verschiedenen Bereichen des Gesundheitswesens mit ca. 270 Mitarbeitern tätig ist. Zu seinen Leistungen gehören Rettungseinsätze mit Rettungswagen (RTW) und qualifizierte Krankentransporte mit Krankentransportwagen (KTW). Tarifgebundenheit besteht nicht.

Mit Bescheid vom 19. Dezember 2013 erteilte die Hansestadt L... dem Antragsteller eine Genehmigung zur Durchführung von Notfalleinsätzen mit einem RTW und von Krankentransporten mit zwei KTW gemäß § 10 RDG SG ab 1. Januar 2014 bis 31. Dezember 2017. Für die Aufnahme des Betriebs wurde für jedes Fahrzeug eine Frist bis zum 31. Mai 2014, mündlich verlängert bis zum 23. Juni 2014, gesetzt.

Im Mai 2014 setzte sich der 1. Vorsitzende des Antragstellers mit den Antragsgegnerinnen zwecks Abschlusses einer Vergütungsvereinbarung in Verbindung. Dazu legte er eine Kalkulation vor, in der er von jährlichen Gesamtkosten in Höhe von 845.995,60 EUR ausging und Erlösen von 848.913,03 EUR bei einem Entgeltvorschlag für den Betriebsbereich Stadt L... von 478,00 EUR Pauschale für RTW und 88,70 EUR zuzüglich 2,20 EUR ab dem 10. Beförderungskilometer für KTW sowie einem Infektionszuschlag von 85,00 EUR. Die Antragsgegnerinnen ihrerseits boten ein Pauschalentgelt in Höhe von 63,00 EUR und ab dem 7. Beförderungskilometer für jeden weiteren Beförderungskilometer 1,90 EUR an. Zum Abschluss einer Vergütungsvereinbarung zwischen den Beteiligten kam es nicht.

Der Antragsteller hat am 30. Juni 2014 beim Sozialgericht Lübeck beantragt:

1.

Die Antragsgegnerinnen werden im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 S. 1 SGG verpflichtet, dem Antragsteller für Rettungswageneinsätze, die dieser auf Grundlage der ihm von der Stadt L... am 19. Dezember 2013 erteilten Genehmigung erbringt, bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache eine Grundpauschale von 478,00 EUR und bei Infektionsfahrten einen zusätzlichen Desinfektionszuschlag von 85,00 EUR zu zahlen.

2.

Die Antragsgegnerinnen werden im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 S. 1 SGG verpflichtet, dem Antragsteller für Krankentransportwageneinsätze, die dieser auf Grundlage der ihm von der Stadt L... am 19. Dezember 2013 erteilten Genehmigung erbringt, bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache eine Grundpauschale von 88,70 EUR und einen Kilometer-Entgelt von 2,20 EUR pro Beförderungskilometer ab dem 10. Beförderungskilometer und bei Infektionsfahrten einen zusätzlichen Desinfektionszuschlag von 85,00 EUR zu zahlen.

3.

Den Antragsgegnerinnen werden die Kosten des Verfahrens auferlegt.

Zur Begründung hat er ausgeführt: Beim Einsatz von zwei KTW und einem RTW seien monatliche Kosten allein für die Fahrzeuge von ca. 7.500,00 EUR und monatliche Personalkosten von 49.970,06 EUR zu kalkulieren. Mit dem ihm von den Antragsgegnerinnen angebotenen Entgelt könne er lediglich einen Jahresumsatz von ca. 410.000,00 EUR erzielen, mithin nicht einmal 73 % der Kosten des angesichts der Betriebspflicht vom Antragsteller ständig vorzuhaltenden Personals decken. Damit ergebe sich ein jährliches Defizit von ca. 435.000,00 EUR. Im Juni 2013 habe die Schiedsstelle für die Stadt L... Pauschalentgelte in einer Höhe festgesetzt, die weit über dem jetzigen Angebot lägen. So betrage die Pauschale für die Einsätze der KTW nur 12 % und die Einsätze des RTW nur 65 % dessen, was die Schiedsstelle für einen KTW-Einsatz für notwendig festgelegt habe. Ab 16. Juni 2014 führe er die Fahrten durch. Das sei im Hinblick auf die Frist im Genehmigungsbescheid notwendig. Er sei auf die Honorare der gesetzlichen Krankenkassen angewi...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge