Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Übernahme von Bestattungskosten. Zumutbarkeitsprüfung bei mehreren Bestattungsverpflichteten. Bestattungspflicht als Verwandter. Nachweis der Unzumutbarkeit
Orientierungssatz
1. Verpflichteter iS des § 74 SGB 12 sind gem § 13 Abs 2 BestattG SH 2005 die Ehefrau des Verstorbenen und dessen leibliche Kinder. Bei mehreren Verpflichteten ist die Frage, ob ihnen Bestattungskosten zugemutet werden können, für jeden Verpflichteten gesondert zu stellen. Sie haften als Gesamtschuldner (vgl LSG Schleswig vom 24.10.2005 - L 9 B 273/05 SO ER und OVG Münster vom 30.10.1997 - 8 A 3515/95). Für jeden der Verpflichteten sind die Einkommensverhältnisse dahingehend zu überprüfen, ob ihm zuzumuten ist - gegebenenfalls auch nur teilweise - die Kosten der Bestattung zu übernehmen. Gelingt das nicht, geht das zu Lasten derjenigen Person, die die Bestattung in Auftrag gegeben bzw den Antrag auf Übernahme der Bestattungskosten gem § 74 SGB 12 gestellt hat. Rein rechtlich steht ein fehlender familiärer Kontakt der gesamtschuldnerischen Haftung nicht entgegen.
2. Ist jemand nicht unterhaltsverpflichtet, kann er in der Regel dennoch als Verwandter der Bestattungspflicht unterliegen.
3. Bestattungskosten können solange nicht durch den Sozialhilfeträger aus Steuermitteln übernommen werden, bis nachgewiesen ist, dass nicht nur der Ehefrau sondern auch den Kindern des Verstorbenen die Kosten der Bestattung nicht zuzumuten sind.
Gründe
Die am 23. Mai 2008 seitens der Antragstellerin erhobene Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Schleswig vom 14. Mai 2008 mit den sinngemäßen Anträgen,
den Beschluss des Sozialgerichts Schleswig vom 14. Mai 2008 aufzuheben und die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Kosten für die Bestattung von K-P L V in Höhe von 2.445,45 EUR zu zahlen, sowie
Prozesskostenhilfe für das Verfahren vor dem Sozialgericht Schleswig unter Beiordnung von Rechtsanwalt Z, P, zu bewilligen,
hat keinen Erfolg.
Im Ergebnis zutreffend hat das Sozialgericht in dem angegriffenen Beschluss entschieden, dass die Antragstellerin keinen Anspruch auf Übernahme der Bestattungskosten ihres Ehemannes seitens des Sozialamtes der Antragsgegnerin hat.
Gemäß § 74 Sozialgesetzbuch, Zwölftes Buch (SGB XII), werden die erforderlichen Kosten einer Bestattung seitens des Kostenträgers übernommen, soweit den hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen. Verpflichtete in diesem Sinne nach dem Tod von Herrn K-P L V sind gemäß §§ 13 Abs. 2, 2 Ziffer 12a und c Bestattungsgesetz vom 4. Februar 2005 (Gesetz- und Verordnungsblatt Schleswig-Holstein II, S. 1259) die Antragstellerin als Ehefrau des Verstorbenen sowie dessen leibliche Kinder. Bei mehreren Verpflichteten ist die Frage, ob ihnen Bestattungskosten zugemutet werden können, für jeden Verpflichteten gesondert zu stellen. Die Verpflichteten haften nämlich als Gesamtschuldner (vgl. Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht, Beschluss vom 24. Oktober 2005 - L 9 B 273/05 SO ER -; Paul, Wer ist Verpflichteter im Sinne des § 15 des Bundessozialhilfegesetzes?, in ZFSH/SGB 2002, S. 73 ff.; OVG Münster, Urteil vom 30. Oktober 1997 - 8 A 3515/95 -, NJW 1998, S. 2154). Demgemäß sind für jeden der Verpflichteten die Einkommensverhältnisse dahingehend zu überprüfen, ob ihm zuzumuten ist - gegebenenfalls auch nur teilweise - die Kosten der Bestattung zu übernehmen. Gelingt das nicht, geht das zu Lasten derjenigen Person, die die Bestattung in Auftrag gegeben bzw. den Antrag auf Übernahme der Bestattungskosten nach § 74 SGB XII gestellt hat. Rein rechtlich steht dabei ein fehlender familiärer Kontakt der gesamtschuldnerischen Haftung nicht entgegen. Der Senat verkennt nicht, dass die Antragstellerin nach dem Ableben ihres Ehemannes den Auftrag für die Bestattung kurzfristig hat erteilen wollen, ohne zuvor Kontakt zu den Kindern des Verstorbenen herzustellen. Auch ist verständlich, dass sie in der Situation nach dem Tod ihres Ehemannes sich nicht vordringlich auf die Frage, wer die Beerdigung bezahlen soll, konzentriert hat und nicht in Erwägung gezogen hat, nicht selbst für die Beerdigung zu sorgen, weil sie diese nicht bezahlen kann. Dann wären hierzu nämlich die Kinder des Verstorbenen verpflichtet gewesen oder das Ordnungsamt der Antragsgegnerin. Das rechtfertigt es aber nicht, dass die Antragsgegnerin aus Steuermitteln die Schulden, die bei dem Bestattungsunternehmen entstanden sind, gegenwärtig zu übernehmen hat (vgl. Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht, Beschluss vom 23. Juli 2008 - L 9 B 386/07 SO PKH -).
Die Tochter des Verstorbenen ist offensichtlich nicht zu ermitteln, so dass deren finanzielle Verhältnisse nicht festgestellt werden können. Das geht zu Lasten der Antragstellerin. Inwieweit der Sohn des Verstorbenen sich erfolgreich dagegen wehren kann, die Bestattungskosten zu übernehmen, ist gegenwärtig offen. Zwar beruft er sich gemäß § 1611 BGB darauf, dass sein Vater nach der seinerz...