Entscheidungsstichwort (Thema)
Elterngeld. selbstständige Tätigkeit. Einkommensermittlung. typischerweise geringe Einkünfte in der Anfangsphase. Maßgeblichkeit des letzten steuerlichen Veranlagungszeitraums. keine ungeschriebene Ausnahme oder teleologische Reduktion. Verfassungsmäßigkeit
Orientierungssatz
1. Die klare gesetzgeberische Absicht, den Nachweis des Bemessungseinkommens aus der selbstständigen Erwerbstätigkeit möglichst allein anhand des Einkommensteuerbescheids erbringen zu lassen, hat sich unmissverständlich im Gesetzeswortlaut niedergeschlagen und schließt die Zulassung ungeschriebene Ausnahmen oder teleologische Reduktionen von § 2b Abs 2 BEEG aus (vgl BSG vom 21.6.2016 - B 10 EG 8/15 R = BSGE 121, 222 = SozR 4-7837 § 2b Nr 1 und vom 28.3.2019 - B 10 EG 6/18 R = SozR 4-7837 § 2b Nr 5).
2. In der gesetzlichen Konzeption ist auch kein Verstoß gegen den Gleichheitssatz nach Art 3 GG zu erkennen, weil Einkünfte aus selbstständiger und nicht selbstständiger Tätigkeit sich strukturell durch ihren Aufwand für ihre Feststellung durch Behörden und Berechtigte unterscheiden und unterschiedliche Bemessungszeiträume rechtfertigen (hierzu vgl BSG vom 28.3.2019, B 10 EG 6/18 R aaO).
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen die Entscheidung des Sozialgerichts Kiel vom 6. Oktober 2017 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt höheres Elterngeld unter Berücksichtigung eines anderen Bemessungszeitraums.
Die Klägerin ist Mutter ihrer 2014 geborenen Tochter V. Mit dem Ehemann und Vater des Kindes lebten die Klägerin und ihre Tochter im hier maßgeblichen Bezugszeitraum für das Elterngeld in einem Haushalt zusammen.
Nach Abschluss eines juristischen Studiums und der Übernahme von zunächst ehrenamtlichen Betreuungen meldete die Klägerin im April 2013 ein Gewerbe als Berufsbetreuerin an. Gemäß dem Steuerbescheid für das Jahr 2013 erzielte die Klägerin im Jahr 2013 Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit im Umfang von 7.991 €. Einkommensteuer war von ihr keine zu entrichten.
Ab 2014 war sie Mitglied des berufsständischen Versorgungswerks der Anwaltschaft. Nach einer Übersicht der Klägerin über ihre Betriebseinnahmen (Umsatz), Betriebsausgaben und dem erzielten Betriebsgewinn steigerten sich die Betriebseinnahmen insbesondere im Vergleich zwischen 2013 und 2014. Nach diesen eingereichten Unterlagen betrugen die Betriebseinnahmen im Zeitraum vom 1. Dezember 2013 bis Ende November 2014 57.131,92 €. Der Betriebsgewinn nach Abzug der Betriebsausgaben (5.055,97 €) in diesem Zeitraum belief sich auf 52.075,95 €. Die Klägerin erhielt anlässlich der Geburt kein Mutterschaftsgeld, da sie als Selbstständige ohne Anspruch auf Krankengeld bei ihrer Krankenversicherung versichert war.
Am 23. März 2015 beantragte die Klägerin Elterngeld für den 1.-10. sowie 13.-14. Lebensmonat ihrer Tochter. Gleichzeitig stellte sie den Antrag, als Bemessungszeitraum für das Elterngeld die letzten 12 Monate vor der Geburt ihrer Tochter festzusetzen, da sie sich erst im April 2013 als Berufsbetreuerin selbstständig gemacht habe und erstmals im Juli 2013 erste Einnahmen habe erzielen können. Während der Elternzeit werde sie die Arbeit lediglich „betriebserhaltend“ im Umfang von wöchentlich ca. 3 Stunden fortführen. Die im Bezugszeitraum zu erwartenden Umsätze würden die Betriebsausgaben voraussichtlich nicht übersteigen.
Mit vorläufigem Bescheid vom 15. April 2015 im Hinblick auf das tatsächlich erzielte Einkommen bewilligte der Beklagte der Klägerin monatliches Elterngeld in Höhe von 521,42 EUR für den 1.-10. sowie 13.-14. Lebensmonat ihrer Tochter. Dabei berücksichtigte er als Bemessungszeitraum für das Einkommen das Kalenderjahr 2013. Gleichzeitig setzte der Beklagte einen Abzug in Höhe von 10 % der monatlichen Einkünfte für Rentenversicherungsbeiträge an. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten auch zur Ermittlung des Erhöhungsbetrages wird auf die Anlage zum Bescheid des Beklagten verwiesen.
Die Klägerin hat dagegen mit Schreiben vom 18. Mai 2015 Widerspruch eingelegt und darauf verwiesen, dass antragsgemäß die letzten 12 Monate vor der Geburt als Bemessungszeitraum zu berücksichtigen seien. Zur Begründung führte sie aus, dass es bei ihr zu erheblichen finanziellen Nachteilen führe, wenn der letzte abgeschlossene Veranlagungszeitraum zugrunde gelegt werde. Ihre Einkünfte im Jahr 2013 unmittelbar nach dem Berufseinstieg seien relativ gering gewesen. Erst 2014 habe sie in Vollzeit gearbeitet und ein wesentlich höheres Einkommen erzielen können. Nur wenn die letzten 12 Monate vor der Geburt des Kindes als Bemessungszeitraum berücksichtigt würden, könne das Elterngeld seine Funktion erfüllen, das tatsächlich weggefallene Erwerbseinkommen zu ersetzen. Nicht das Gehalt im Jahr 2013 sondern das Einkommen im Jahr 2014 sei maßgeblich für den Einkommensverlust durch die Geb...