Entscheidungsstichwort (Thema)
Bestimmung des zuständigen Gerichts. gesetzlicher Richter. fehlende Bindungswirkung eines Verweisungsbeschlusses
Leitsatz (amtlich)
Örtlich zuständig für die Klage einer Stiftung des öffentlichen Rechts ist das Sozialgericht, in dessen Gerichtsbezirk die Stiftung ihren Sitz hat.
Diese Bestimmung des gesetzlichen Richters kann nicht durch eine Satzungsregelung, wonach bei der Klage einer Einrichtung der Stiftung der Gerichtsstand "bei dem Gericht des Ortes begründet wird, in dem sich die Einrichtung befindet", abgeändert werden.
Ein Verweisungsbeschluss eines Sozialgerichts entbehrt jeder Rechtsgrundlage und ist deshalb nicht bindend, wenn das Sozialgericht seine örtliche Zuständigkeit unter offenkundiger Verletzung des § 57 Abs 1 S 1 SGG verneint hat.
Tenor
Zum örtlich zuständigen Gericht wird das Sozialgericht Lübeck bestimmt.
Gründe
I.
Die Klägerin ist nach § 1 Abs. 1 Satz 2 ihrer Satzung eine rechtsfähige Stiftung des öffentlichen Rechts mit Sitz in Reinbek, Kreis Stormarn, Land Schleswig-Holstein. In § 1 Abs. 2 der Satzung ist geregelt: “Der Gerichtsstand aller Klagen, die auf den Betrieb einer Einrichtung der Stiftung Bezug haben, ist bei dem Gericht des Ortes begründet, an dem sich die Einrichtung befindet.„
Die Klägerin betreibt in Kiel das S. E. Krankenhaus. In diesem war ein bei der Beklagten gesetzlich Krankenversicherter im Juli 2007 behandelt worden. Die Kosten dieser Behandlung macht die Klägerin mit der am 23. Juni 2008 beim Sozialgericht Lübeck erhobenen Klage geltend.
Nach Anhörung der Beteiligten hat sich das Sozialgericht Lübeck mit Beschluss vom 17. September 2008 für örtlich unzuständig erklärt und das Verfahren an das Sozialgericht Kiel verwiesen. Zur Begründung ist in dem Beschluss u. a. ausgeführt, Streitgegenstand sei die Vergütung einer Krankenhausbehandlung in dem genannten Krankenhaus in Kiel. Inwieweit die Klägerin in R. legitimiert sein solle, im Namen des Krankenhauses in K. zu handeln, habe die Klägervertretung nicht darzulegen vermocht. Außerdem ergebe sich die Zuständigkeit des Sozialgerichts Kiel aus § 1 Abs. 2 der Satzung der Klägerin. Die Einrichtung im Sinne dieser Bestimmung liege im Zuständigkeitsbereich des Sozialgerichts Kiel.
Das Sozialgericht Kiel hat sich mit Beschluss vom 20. November 2008 ebenfalls für örtlich unzuständig erklärt und das Schleswig-Holsteinische Landessozialgericht zur Bestimmung des örtlich zuständigen Sozialgerichts angerufen. In den Gründen hat es u. a. ausgeführt, nach § 57 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sei, da der Sitz der Klägerin R. sei, das Sozialgericht Lübeck örtlich zuständig. Das sei auch bereits im Jahre 2003 vom Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht entschieden worden. Daran ändere § 1 Abs. 2 der Satzung der Klägerin nichts, eine einseitige Gerichtsstandsvereinbarung habe nach § 59 SGG keine rechtliche Wirkung. Da das Sozialgericht Lübeck die Rechtsprechung des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts nicht berücksichtigt habe, trete die grundsätzliche Bindungswirkung des Verweisungsbeschlusses ausnahmsweise nicht ein.
II.
Der Senat bestimmt das Sozialgericht Lübeck zum örtlich zuständigen Gericht (§ 58 Abs.1 Nr.4, Abs.2 SGG).
Die örtliche Zuständigkeit des Sozialgerichts Lübeck ergibt sich aus § 57 Abs. 1 Satz 1 SGG. Danach ist örtlich zuständig das Sozialgericht, in dessen Bezirk der Kläger zur Zeit der Klageerhebung seinen Sitz hat. Der Sitz der als Stiftung des öffentlichen Rechts beteiligungsfähigen Klägerin (§ 70 Nr. 1 SGG) ist nach § 1 Abs. 1 Satz 2 ihrer Satzung R.. Dieser Ort liegt im Kreis Stormarn, letzterer gehört zum Gerichtsbezirk des Sozialgerichts Lübeck (§ 1 Abs. 2 des Schleswig-Holsteinischen Ausführungsgesetzes zum Sozialgerichtsgesetz). Der Sitz der Klägerin ändert sich nicht dadurch, dass es im Klageverfahren um Kosten der Behandlung eines Versicherten im S. E. Krankenhaus in Kiel geht. Damit wird dieses Krankenhaus nicht Verfahrensbeteiligter und damit Kläger im Sinne von § 69 SGG. Wie sich aus dem Briefbogen des S. E. Krankenhauses (Bl. 11 der Gerichtsakte) ergibt, ist dieses “eine Niederlassung der Katholischen Wohltätigkeitsanstalt zur heiligen Elisabeth, R. Kreis Stormarn, Rechtsfähige Stiftung des öffentlichen Rechts. Die Rechtsträgerin unterhält neben Krankenhäusern auch Altenheime und andere soziale Einrichtungen„. Aus diesem Hinweis lässt sich - auch für das Sozialgericht Lübeck - unschwer erkennen, dass Rechtsträgerin und damit Klägerin im Sinne von § 69 SGG die Stiftung selbst ist und bleibt. Diese hat ausweislich des Inhalts der Klage dieses Rechtsmittel zutreffend selbst erhoben.
Durch den Sitz der Niederlassung in Kiel wird dort - entgegen der vom Sozialgericht Lübeck im Beschluss vom 17. September 2008 vertretenen Auffassung - auch nicht dadurch der örtliche Gerichtsstand begründet, dass § 1 Abs. 2 der Satzung der Klägerin die oben wiedergegebene Formulierung zum Gerichtsstand enthält. § 57 Abs. 1 Satz 1 SGG ist als Bestimmung des gesetzlichen Richters (A...