Entscheidungsstichwort (Thema)

Kapitalleistungen aus einer vom Arbeitgeber des Versicherten abgeschlossenen Direktversicherung unterliegen der Beitragspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung

 

Orientierungssatz

1. Bei der Kapitalleistung aus einem mit einer Lebensversicherung abgeschlossenen Versicherungsvertrag handelt es sich um eine beitragspflichtige Einnahme i. S. von § 226 SGB 5. Diese unterliegt als fällige Leistung aus einer im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung abgeschlossenen Direktversicherung seit dem Jahr 2004 als Versorgungsbezug der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung unabhängig davon, ob die Leistungen zum Teil oder ganz auf Leistungen des Versicherten bzw. des Bezugsberechtigten beruhen (BSG Urteil vom 16. 12. 2015, B 12 KR 19/14 R).

2. Die gesetzliche Regelung ist verfassungsgemäß. Einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG nimmt das BVerfG lediglich dann an, wenn Zahlungen aus Beiträgen, die der Versicherte nach dem Ende seines Arbeitsverhältnisses auf einen auf ihn als Versicherungsnehmer laufenden Kapitallebensversicherungsvertrag eingezahlt hat, als betriebliche Altersversorgung verbeitragt werden, obwohl der Gesetzgeber Erträge aus privaten Lebensversicherungen keiner Beitragspflicht unterwirft.

 

Normenkette

SGB V §§ 226, 229 Abs. 1 S. 1 Nr. 5, § 237 Abs. 1 Nr. 2, § 240; SGB XI § 57 Abs. 4 S. 1; BetrAVG § 1 Abs. 2 Nr. 3; GG Art. 3 Abs. 1

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 08.03.2018; Aktenzeichen B 12 KR 90/17 B)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 27. Januar 2017 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren

nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger aus der Kapitalzahlung einer Direktversicherung Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung zu zahlen hat.

Der ... 1954 geborene Kläger ist bei der Beklagten als Arbeitnehmer pflichtversichert in der Kranken- und Pflegeversicherung. Im November 2014 erhielt er von der ... Lebensversicherung AG Kapitalleistungen aus von seinem Arbeitgeber abgeschlossenen Lebensversicherungen in Höhe von 28.700,95 EUR und 19.579,77 EUR. Hiervon setzte die ... Lebensversicherung AG die Beklagte in Kenntnis, die wiederum mit Bescheid vom 16. Dezember 2014 aus diesen Bezügen zu zahlende Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung ab Dezember 2014 auf monatlich 71,61 EUR und ab 2015 auf 72,42 EUR festsetzte. Zur Begründung führte sie aus, rentenähnliche Einnahmen wie hier die Versorgungsbezüge seien beitragspflichtig. Bei Kapitalleistungen oder Abfindungen würden für maximal zehn Jahre 1/120 der Zahlung berücksichtigt. Mit weiterem Bescheid vom 9. Januar 2015 bestätigte die Beklagte die Beitragsanpassung auf 72,42 EUR. Gegen beide Bescheide erhob der Kläger Widerspruch mit der Begründung, entgegen der Auffassung der Beklagten handele es sich bei den Versicherungsleistungen nicht um kapitalisierten Versorgungsbezug im Sinne des § 229 SGB V. Er habe die Beiträge aus seinem Nettogehalt beglichen, also aus Beträgen, die bereits versteuert und aus denen Sozialversicherungsbeiträge gezahlt worden seien. Außerdem liege eine Versorgungszusage im rechtlichen Sinne nicht vor. Leistungen aus Lebensversicherungen seien nicht grundsätzlich Versorgungsbezüge. Im Rahmen des nachfolgenden Schriftverkehrs erläuterte die Beklagte mit Schreiben vom 27. Februar 2015, wann in Fällen der betrieblichen Direktversicherung eine Beitragspflicht nicht entstehe und bat den Kläger, durch die private Versicherung eine entsprechende Bescheinigung auszustellen. Der Kläger hielt seinen Widerspruch gleichwohl aufrecht. Mit Widerspruchsbescheid vom 17. September 2015 wies die Beklagte daraufhin den Widerspruch zurück.

Der Kläger hat am 1. Oktober 2015 Klage beim Sozialgericht Kiel erhoben und im Wesentlichen sein bisheriges Vorbringen wiederholt. Ergänzend hat er vorgetragen, dass zumindest die in der Ablaufleistung enthaltenen Zinsbeträge nicht zu berücksichtigen seien. Außerdem hat er auf Anforderung des Gerichts die streitigen Versicherungsverträge vorgelegt.

Der Kläger hat beantragt,

die Bescheide der Beklagten vom 16. Dezember 2014 und 9. Januar 2015 in Form des Widerspruchsbescheides vom 17. September 2915 aufzuheben.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat sich zur Begründung auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide bezogen.

Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 27. Januar 2017 die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt:

“Bei der Kapitalleistung aus dem mit der R.  abgeschlossenen Versicherungsvertrag handelt es sich um einen beitragspflichtigen Versorgungsbezug.

Welche Einnahmen der Beitragsbemessung versicherungspflichtig Beschäftigter zugrunde zu legen sind, ist in § 226 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB V) geregelt. Danach wird bei diesem Personenkreis der Beitragsbemessung zugrunde gelegt 1. das Arbeitsentgelt aus einer versicherungspflichtigen Beschäftigun...

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