Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. Dokumentenpauschale. ungeprüfte Ablichtung des gesamten Akteninhalts. Schätzung
Leitsatz (amtlich)
1. Die ungeprüfte Ablichtung der gesamten Akten führt regelmäßig nicht zu einem Anspruch auf Erstattung sämtlicher Kopierkosten.
2. Wenn der Anwalt keine Auswahl getroffen und den gesamten Akteninhalt kopiert hat, ist im Rahmen der Erstattung der Kopierkosten eine überschlägige Schätzung zulässig.
Normenkette
RVG § 33 Abs. 8, § 56 Abs. 2 S. 1; VV RVG Nr. 7000
Tenor
Die Sache wird wegen grundsätzlicher Bedeutung dem Senat in der Besetzung mit drei Richtern übertragen (Entscheidung des Einzelrichters - Vorsitzender Richter am LSG ...).
Der Kostenfestsetzungsbeschluss vom 27. Dezember 2013 wird geändert und der zu zahlende Vorschuss auf 364,62 EUR festgesetzt.
Das Verfahren ist gebührenfrei.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten darüber, in welcher Höhe der Erinnerungsführer Kopierkosten als Vorschuss verlangen kann.
Der Erinnerungsführer war dem Kläger des Verfahrens L 3 AS 34/13 im Wege der Prozesskostenhilfe als Prozessbevollmächtigter für das Berufungsverfahren beigeordnet (Beschluss vom 17. September 2013). Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist die Berufung des Klägers, gerichtet gegen das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 21. November 2012, in dem die Klage auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in der Zeit vom 1. Dezember 2008 bis 31. Mai 2009 abgewiesen wurde. Nach Bewilligung der Prozesskostenhilfe beantragte der Erinnerungsführer am 25. November 2013 beim Erinnerungsgegner Kostenvorschuss in Höhe von insgesamt 795,22 EUR, davon die Verfahrensgebühr in Höhe von 555,00 EUR, 20,00 EUR Pauschale für Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen und 93,25 EUR Pauschale für die Herstellung und Überlassung von 505 Dokumenten, insgesamt zuzüglich 19 % Umsatzsteuer. Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 27. Dezember 2013 bewilligte der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle 321,30 EUR, davon 250,00 EUR Verfahrensgebühr und keine Kopierkosten, da es an einer Begründung der Kopienanzahl fehle. Bei 505 Kopien sei davon auszugehen, dass nahezu die gesamte Gerichts- und Verwaltungsakte kopiert worden sei.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Erinnerung des Erinnerungsführers vom 22. Januar 2014. Darin trägt er zur Begründung vor, die jetzt vorläufig festgesetzten Gebühren betreffend die Verfahrensgebühr würden im Rahmen der Vorschussrechnung akzeptiert. Bei der Schlussfestsetzung werde dann zu beachten sein, dass sehr wohl Grund für eine erhöhte Mittelgebühr bestünde. Hinsichtlich der Kopierkosten bleibe er bei seiner Einschätzung, dass diese angemessen seien. Aus Gründen der Vollständigkeit seien, wie üblich, alle Seiten kopiert worden, auch die der Gerichtsakte erster Instanz. Diese Unterlagen könnten auch nicht durch Unterlagen des Klägers ersetzt werden, da eine Verwaltungsakte teilweise ergänzende Aktenvermerke oder auch Randnotizen enthalte, die in dem Gesamtzusammenhang nicht reproduzierbar seien, wenn man im Übrigen auf Unterlagen der Mandantschaft abstelle. Gleiches gelte für die erstinstanzliche Verfahrensakte. Nur die umfassende Kopie der Akten gewährleiste, dass bei Nachfragen die richtige Seite im Hinblick auf die Durchnummerierung gefunden werde. Zudem sei zu Prozessbeginn die Relevanz der einzelnen Seiten nicht erkennbar. Dass die Kopien in so hoher Anzahl vorlägen, liege an dem Umfang der hier maßgebenden Akten. Es komme in keiner Weise darauf an, ob irgendwelche Erfahrungssätze dafür sprächen, dass zahlreiche Seiten unnötig seien. Es bestünde allerdings Einverständnis, wenn von der Anzahl der erstellten Kopien 60 Kopien abgezogen würden.
Der Kostenprüfungsbeamte bei dem Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht ist der Auffassung, dass nach Durchsicht der übersandten Akten die Herstellung von höchstens 100 Ablichtungen für die sachgemäße Bearbeitung der Rechtssache erforderlich gewesen sei. Es sei dem Rechtsanwalt nicht völlig freigestellt, wie viele Kopien er abrechnen könne. Bei einer hohen Zahl von Kopien habe er die Erforderlichkeit plausibel zu machen. Das sei hier nicht in vollem Umfang geschehen.
Auf Anfrage des Senats teilt der Erinnerungsführer mit, bei der Mitteilung der Blattzahlen der kopierten Akten sei es zu einem Übertragungsfehler gekommen. Die Akten seien nicht von Blatt 110, sondern von Blatt 310 an kopiert worden, zusätzlich mit Aktenvorblättern, die nicht nummeriert seien. Nochmals werde auf die Bedeutung der Nummerierung hingewiesen. Außerdem verwundere, dass wegen der Anfertigung von Kopien seitens des Gerichts Bedenken geäußert würden. Ohne die Anfertigung von Kopien sei eine ordnungsgemäße rechtliche Vertretung des Mandanten nicht gewährleistet. Durch die relativ geringfügigen Kopierkosten dürfte nicht das rechtliche Gehör von Bedürftigen eingeschränkt werden, andernfalls sei eine Vorlage bei dem Bundesverfassungsgericht zu empfehlen.
II.
Die Ents...