Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsweg für Streitigkeit über die Höhe der Vergütung eines Rechtsanwalts. Verweisung. Entscheidungsform
Leitsatz (amtlich)
1. Der Sozialrechtsweg ist für Streitigkeiten über die Höhe der Vergütung eines Rechtsanwaltes aus der Vertretung in einem den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit zugewiesenen Rechtsbereich nicht eröffnet.
2. § 34 ZPO hat keine Bedeutung für die Zulässigkeit des Rechtsweges, sondern setzt diese (für die darin geregelte örtliche, sachliche und funktionelle Zuständigkeit) voraus.
3. Hat ein Sozialgericht die Klage durch Gerichtsbescheid wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs und mangels (hilfsweisen) Verweisungsantrages abgewiesen, so verweist das Landessozialgericht den Rechtsstreit auf die Berufung des Klägers - unter Aufhebung des Gerichtsbescheides - durch Beschluß.
Tatbestand
Der Kläger hat am 20. November 1996 beim Sozialgericht Lübeck Klage gegen den Beklagten mit dem Antrag erhoben, 2.714,25 DM nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen. Er führte zur Begründung aus, er habe den Beklagten in einer Rechtssache beim Landesversorgungsamt, dem Sozialgericht, Landes- und Bundessozialgericht vertreten und darüber eine Kostenrechnung in Höhe von 5.242,85 DM erstellt. Darauf habe die Rechtsschutzversicherung des Beklagten 1.840,00 DM sowie 688,60 DM gezahlt; den Restbetrag mache er mit der Klage geltend. Der Sozialrechtsweg sei zulässig. Das Landesarbeitsgericht habe mit Beschluß vom 6. Juni 1994 (MDR 1995, 213) entschieden, daß Gebühren nach § 34 ZPO auch bei besonderen Gerichten geltend gemacht werden könnten (ja müßten). Dies gelte entsprechend auch für die Sozialgerichtsbarkeit.
Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Die Forderung sei zutreffend auf der Grundlage der Mittelgebühr beglichen worden.
Das Sozialgericht hat die Klage durch Gerichtsbescheid vom 26. Mai 1997 abgewiesen und dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Beklagten auferlegt. Die Klage sei unzulässig, weil der Sozialrechtsweg nicht eröffnet sei. § 34 ZPO greife weder unmittelbar noch mittelbar ein. Da der Kläger trotz gerichtlichen Hinweises auch nicht hilfsweise eine Verweisung beantragt habe, sei die Klage abzuweisen.
Gegen diese ihm am 31. Mai 1997 zugestellte Entscheidung richtet sich die am 9. Juni 1997 beim Sozialgericht eingelegte Berufung des Klägers. Er verweist auf sein bisheriges Vorbringen und vertieft dieses bezüglich des Rechtsweges.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Lübeck vom 26. Mai 1997 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, an ihn 2.714,25 DM nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen und dem Beklagten die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen,
hilfsweise
den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Sozialgericht Lübeck zurückzuverweisen,
vorsorglich,
den Rechtsstreit an das Sozialgericht Hamburg zu verweisen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend; auch das Bundesarbeitsgericht habe inzwischen entsprechend entschieden (NJW 1998, 1092).
Entscheidungsgründe
Der Senat entscheidet in der Form des Beschlusses. Zwar ergeht auf eine - hier vom Kläger eingelegte - Berufung gegen ein sozialgerichtliches Urteil oder einen diesem in der Wirkung gleichstehenden Gerichtsbescheid (vgl. § 105 Abs. 3 SGG) grundsätzlich ein Urteil des Berufungsgerichts (§ 153 Abs. 1 i.V.m. § 125 SGG); die gemäß §§ 153 Abs. 4, 158 SGG zugelassene Beschlußform stellt die Ausnahme dar. Dies ist aber anders, wenn eine andere Entscheidungsform sowohl in erster als auch in zweiter Instanz rechtlich geboten ist; in einem solchen Fall entscheidet das Rechtsmittelgericht in der prozessual korrekten Form (BAG, NZA 1992, 954, 957; BGH, NJW 1993, 470, 471; BSGE 72, 90, 91 f.; Meyer-Ladewig, SGG, 6. Aufl., § 51 Rz. 58d und vor § 143 Rz. 14a). Und § 17a Abs. 2 Satz 3 und Abs. 4 GVG i.V.m. § 176 SGG sehen für den Fall der Unzulässigkeit des beschrittenen Rechtsweges eine Entscheidung durch Beschluß vor; über eine dagegen zulässige Beschwerde ist ebenfalls durch Beschluß zu entscheiden. Im Prozeßrecht ist allgemein anerkannt, daß die inkorrekte Form einer Entscheidung weder das der gewählten Entscheidungsform adäquate noch das bei richtiger Entscheidung zulässige Rechtsmittel ausschließt. Allerdings wird durch diesen sog. Grundsatz der Meistbegünstigung die Entscheidungskompetenz des Rechtsmittelgerichts weder formal, insbesondere hinsichtlich der Entscheidungsform, noch inhaltlich erweitert (vgl. hierzu Thomas/Putzo, ZPO, 18. Aufl., vor § 511 Rz. 8; Kopp, VwGO, 10. Aufl., vor § 124 Rz. 23 und Meyer-Ladewig, a.a.O., vor § 143 Rz. 14 und 14a; BVerwGE 30, 91, 98 und BSG a.a.O.).
Die Berufung des Klägers ist zulässig; eine (bei korrekter Entscheidung des Sozialgerichts) einzulegende Beschwerde wäre ebenfalls form- und fristgerecht gewesen.
Das angefochtene Urteil ist insgesamt aufzuheben; der Rechtsstreit ist an das Amtsgericht Geesthacht zu verweisen.
Der Sozialrechtsw...