Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Krankengeld. Feststellung der Arbeitsunfähigkeit. persönliche Untersuchung des Versicherten. Falschberatung durch behandelnden Vertragsarzt
Orientierungssatz
1. Die Regelung des § 46 S 1 Nr 2 SGB 5 setzt sowohl für die Erstfeststellung der Arbeitsunfähigkeit als auch bei nachfolgenden Feststellungen die persönliche Untersuchung des Versicherten durch einen Arzt voraus.
2. Von Krankenkassen nicht veranlasste, unzutreffende rechtliche Ratschläge von zur Behandlung Versicherter zugelassenen Ärzten können zwar gegebenenfalls Schadensersatzansprüche gegen die Ärzte, nicht aber Krankengeldansprüche gegen Krankenkassen auslösen (stRspr vgl zB BSG vom 04.3.2014 - B 1 KR 17/13 R = SozR 4-2500 § 192 Nr 6).
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 31. Mai 2016 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten um den Anspruch auf Zahlung von Krankengeld über den 13. März 2015 hinaus.
Die 1969 geborene und bei der Beklagten krankenversicherte Klägerin war seit 7. Mai 2014 wegen einer somatoformen Störung und Gelenkschmerz arbeitsunfähig erkrankt. Nach Bezug von Arbeitslosgengeld erhielt sie von der Beklagten Krankengeld aufgrund Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen des sie behandelnden Arztes für Allgemeinmedizin und Neurologie L... . Am 13. Februar 2015 bescheinigte er weiter Arbeitsunfähigkeit bis zum 13. März 2015, einem Freitag, und notierte diesen Tag als nächsten Praxisbesuch. Die nächste Bescheinigung stellte er dann am 16. März 2015, einem Montag, aus. Daraufhin stellte die Beklagte mit Bescheid vom 19. März 2015 die Beendigung der Krankengeldzahlung zum 13. März 2015 fest, da zu diesem Zeitpunkt der Versicherungsschutz endete. Es fehle nämlich an einer weiteren Feststellung der Arbeitsunfähigkeit jeweils am letzten Tag der bescheinigten Arbeitsunfähigkeit. Am 23. März 2015 erhielt die Beklagte eine weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, nunmehr datiert vom 13. März 2015. Nach einem Telefonvermerk der Beklagten vom 26. März 2015 sei die Klägerin am 13. März 2015 nicht in der Arztpraxis gewesen. Der Arzt L... teilte der Beklagten mit, dass am 13. März 2015 ein telefonischer Kontakt mit der Klägerin stattgefunden habe, in dem er sich habe überzeugen können, dass sich ihr Gesundheitszustand nicht verbessert habe.
Die Klägerin erhob gegen den Bescheid vom 19. März 2015 Widerspruch und wies darauf hin, dass sie am 13. März 2015 nicht in der Lage gewesen sei, zum Arzt zu gehen, da sich ihr Gesundheitszustand verschlechtert habe. Bei dem Telefonat habe ihr der Arzt gesagt, dass sie am Montag, den 16. März 2015, in die Praxis zur Untersuchung kommen solle. Mit Widerspruchsbescheid vom 6. August 2015 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Die Klägerin hat am 9. September 2015 Klage beim Sozialgericht Lübeck erhoben und zur Begründung darauf hingewiesen, dass ihr behandelnder Arzt ihre Arbeitsunfähigkeit auch über den 13. März 2015 hinaus bescheinigt habe. Hierfür habe der telefonische Kontakt an diesem Tage ausgereicht.
Die Klägerin hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 19. März 2015 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 6. August 2015 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, über den 13. März 2015 hinaus Krankengeld nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat vorgetragen, dass die Feststellung von Arbeitsunfähigkeit nach dem Bundesmantelvertrag Ärzte nur nach persönlicher Untersuchung erfolgen dürfe. Insoweit sei eine telefonische Beurteilung nicht zulässig gewesen.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 31. Mai 2016 - im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung - die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt:
“Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch 5. Buch - SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn - abgesehen von den Fällen stationärer Behandlung - Krankheit sie arbeitsunfähig macht. Ob sie und in welchem Umfang sie Krankengeld beanspruchen können, bestimmt sich nach dem Versicherungsverhältnis, das im Zeitpunkt des jeweiligen in Betracht kommenden Entstehungstatbestandes Krankengeld vorliegt. Die Klägerin war bei der Beklagten mit einem Anspruch auf Krankengeld gesetzlich krankenversichert. Diese Versicherung bestand über den Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und den Bezug von Arbeitslosengeld hinaus fort. Denn § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V bestimmt, dass die vorherige Mitgliedschaft aus der Beschäftigtenversicherung fortbesteht, solange eine Anspruch auf Krankengeld besteht. Die Aufrechterhaltung der Beschäftigtenversicherung setzt allerdings eine Nahlosigkeit von Beschäftigung und Entstehung des Rechts auf die Sozialleistung voraus, also die Entstehung des Anspruchs auf die Sozialleistungen in unmittelbarem zeitlichem Anschluss an das Ende des Beschäftigungsverhältnisses.
Bei fortdauernder Ar...