Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Ordnungsgeld. ausgebliebener Zeuge. Überprüfbarkeit von nachträglich vorgebrachten Entschuldigungsgründen im Beschwerdeverfahren. Gebührenpflicht
Leitsatz (amtlich)
1. Im Beschwerdeverfahren eines Zeugen gegen einen Ordnungsgeldbeschluss ist kein Beschwerdegegner beteiligt.
2. Auf die Beschwerde eines nicht zum Termin erschienenen Zeugen gegen den darauf ergangenen Ordnungsgeldbeschluss prüft das Beschwerdegericht aus prozessökonomischen Gründen auch die nachträglich vorgebrachten Entschuldigungsgründe nach § 381 Abs 1 S 3 ZPO.
Orientierungssatz
Das Beschwerdeverfahren eines Zeugen gegen einen Ordnungsgeldbeschluss vor dem LSG ist gebührenpflichtig.
Tenor
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Kiel vom 12. August 2013 wird zurückgewiesen.
Der Beschwerdeführer trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gründe
I.
In dem bei dem Sozialgericht anhängig gewesenen Klageverfahren S 6 AL 34/10 war der Beschwerdeführer zum Termin zur mündlichen Verhandlung und Beweisaufnahme am 31. Mai 2013 als Zeuge geladen. Zu dem Termin erschien der Zeuge nicht. Das Klageverfahren wurde im Termin durch Vergleich erledigt. Mit Schreiben vom 11. Juni 2013 forderte das Sozialgericht den Beschwerdeführer auf, binnen zwei Wochen mitzuteilen, warum er nicht zum Termin erschienen sei. Auch hierauf reagierte der Beschwerdeführer nicht. Mit Schreiben vom 4. Juli 2013 erinnerte das Sozialgericht ihn unter Fristsetzung zum 26. Juli 2013 an die Beantwortung des Schreibens vom 11. Juni 2013 und führte aus, bei Nichtäußerung innerhalb der Frist werde davon ausgegangen, dass kein wichtiger Grund für das Nichterscheinen zum Termin am 31. Mai 2013 vorgelegen habe. Insoweit komme die Verhängung eines Ordnungsgeldes in Betracht. Sowohl die Ladung als auch die Schreiben vom 11. Juni 2013 und 4. Juli 2013 sind dem Beschwerdeführer mit Postzustellungsurkunde zugestellt worden. Nach fruchtlosem Ablauf der gesetzten Frist erging der Beschluss des Sozialgerichts vom 12. August 2013, mit dem dem Beschwerdeführer wegen seines Nichterscheinens zum Termin am 31. Mai 2013 ein Ordnungsgeld in Höhe von 100,00 EUR sowie die durch sein Ausbleiben verursachten Kosten auferlegt wurden. Auf die Gründe des Beschlusses wird Bezug genommen. Am 6. September 2013 erklärte der Beschwerdeführer zur Niederschrift des Sozialgerichts, er habe den Beschluss vom 12. August 2013 erhalten. Zum Zeitpunkt des Termins am 31. Mai 2013 sei er krank gewesen. Er habe vergessen, sich zu melden; eine Krankschreibung habe ihm nicht ausgestellt werden können, da er keinerlei Leistungsbezüge erhalten habe. Selbst seine Krankenkassen-Beiträge müssten seine Eltern für ihn zahlen. Zum jetzigen Zeitpunkt könne er das Ordnungsgeld nicht zahlen, da er erst ab Oktober Arbeitslosengeld II erhalte.
Das Sozialgericht hat diese Eingabe als Beschwerde ausgelegt und sie dem Landessozialgericht (LSG) zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Die vom Sozialgericht zutreffend als solche ausgelegte Beschwerde, an der ein Beschwerdegegner nicht beteiligt ist (vgl. allg. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer, Sozialgerichtsgesetz [SGG], 10. Aufl. Vor § 172 Rz 3), ist zulässig, aber nicht begründet. Denn der Beschwerdeführer ist in dem Termin am 31. Mai 2013 trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienen und hat bis zum Sitzungsende auch keine entschuldigende Erklärung für sein Nichterscheinen abgegeben. Das Sozialgericht ist deshalb gemäß § 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 380 Abs. 1 Satz 1 und 2 Zivilprozessordnung (ZPO) berechtigt und verpflichtet gewesen, dem Beschwerdeführer ein Ordnungsgeld sowie die durch sein Ausbleiben verursachten Kosten aufzuerlegen.
Dass der Beschwerdeführer nunmehr - nach Erlass des Beschlusses vom 12. August 2013 - den Entschuldigungsgrund einer Krankheit geltend macht, führt zu keiner anderen Beurteilung. Nach § 381 Abs. 1 Satz 2 ZPO unterbleiben die Auferlegung der Kosten und die Festsetzung eines Ordnungsmittels bei nicht rechtzeitiger Entschuldigung nur dann, wenn glaubhaft gemacht wird, dass den Zeugen an der Verspätung der Entschuldigung kein Verschulden trifft. Erfolgt die genügende Entschuldigung oder die Glaubhaftmachung nachträglich, so werden die getroffenen Anordnungen unter den Voraussetzungen des Satzes 2 aufgehoben (§ 381 Abs. 1 Satz 3 ZPO). Der Senat sieht sich aus prozessökonomischen Gründen nicht gehindert, die nachträglich vorgebrachten Entschuldigungsgründe im Sinne von § 381 Abs. 1 Satz 3 ZPO hier im Rahmen des Beschwerdeverfahrens gegen den Beschluss des Sozialgerichts vom 12. August 2013 zu überprüfen (ähnlich für den Fall eines zunächst unentschuldigt nicht erschienenen Zeugen LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 21. August 2012, L 7 SF 1/12 B, zitiert nach juris; anders - im Sinne der Notwendigkeit eines gesonderten zweiten Beschlusses des Sozialgerichts - bei Nichterscheinen eines Klägers trotz Anordnung seines persönlichen Erscheinens LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 26. April 2012, L 1...