Entscheidungsstichwort (Thema)
Ermittlung der angemessenen Kosten der Unterkunft
Orientierungssatz
1. Die angemessenen Wohnungs- und Heizkosten i. S. von § 22 SGB 2 sind in zwei Schritten zu ermitteln. Zunächst sind die örtlichen Verhältnisse zu erfassen, um die marktüblichen Wohnungsmieten festzustellen. Dann ist in einer zweiten Angemessenheitsprüfung zu entscheiden, ob eine bedarfsgerechte Wohnung zu dem ermittelten Mietpreis konkret verfügbar ist. Für einen Alleinstehenden ist eine Wohnfläche bis zu 50 qm angemessen.
2. Ist es wegen eines fehlenden Mietspiegels unmöglich, einen marktüblichen Mietzins für den örtlichen Wohnungsmarkt festzusetzen, so ist es ausnahmsweise zulässig, die angemessenen Unterkunftskosten durch einen Rückgriff auf die Tabelle zu § 8 WoGG zu ermitteln.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 8. Mai 2007 insoweit aufgehoben, als es die Beklagte unter Abänderung der angefochtenen Bescheide verurteilt hat, an den Kläger mehr als 280,00 EUR monatlich an Unterkunftskosten zuzüglich Heizkosten zu zahlen.
Die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen und die weiter gehende Klage abgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger die Hälfte seiner außergerichtlichen Kosten für beide Instanzen zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, in welcher Höhe die Beklagte dem Kläger vom 1. Juli 2005 bis 31. Januar 2006 Leistungen für Unterkunftskosten zu erbringen hat.
Der Kläger bezieht Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Sozialgesetzbuch (SGB II) seit 2005 von der Beklagten. Er bewohnt in W. im Kreis Dithmarschen seit 2001 eine ca. 39 qm große Zweizimmerwohnung, für die er eine Warmmiete in Höhe von monatlich 382,90 EUR (brutto kalt 344,00 EUR) zu entrichten hat. Erstmalig wurden dem Kläger von der Beklagten Leistungen mit Bescheid vom 4. November 2004 von Januar bis Juni 2005 bewilligt. Darin enthalten war der Hinweis, dass die Kosten der Unterkunft nur bis zu einem Betrag von 232,00 EUR angemessen seien. Dieser Höchstbetrag werde gegenwärtig um monatlich 104,54 EUR überschritten. Der Kläger werde aufgefordert, die Unterkunftskosten auf den angemessenen Betrag zu senken. Ab dem 1. Juli 2005 könnten nur noch angemessene Unterkunftskosten berücksichtigt werden. Weiter wurde der Kläger darauf aufmerksam gemacht, wie er die Unterkunftskosten senken könne, u. a. durch einen Wohnungswechsel. Gegen den Bescheid legte der Kläger Widerspruch ein und führte aus, für W. existiere kein Mietspiegel. Die zur Verfügung stehenden Wohnungen seien von der Ausstattung her sehr unterschiedlich. Es könne kein verbindlicher Vergleichswert ermittelt und auch nicht vorgeschrieben werden. Vielmehr sei die Angemessenheit im Einzelfall zu berücksichtigen. Seine Wohnung sei jedenfalls nicht zu teuer. Preiswertere Wohnungen seien in W. nicht zu finden. Die Beklagte blieb bei ihrer Auffassung und teilte dieses dem Kläger im Schreiben vom 18. Mai 2005 mit. Die pauschale Behauptung, es gebe keinen geeigneten Wohnraum, reiche nicht. Der Miethöchstbetrag für H. sei von der Beklagten anhand der Vorgaben des Verwaltungsgerichts Schleswig aus dem Jahr 1996 und hier aus der Tabelle zu § 8 des damals geltenden Wohngeldgesetzes (WoGG) festgelegt worden. Die Stadt H. habe danach die Mietstufe III. Das Gericht habe es für angemessen angesehen, zu diesem Tabellenwert 30 % zur Ermittlung der Miethöchstgrenze aufzuschlagen. Hinzu gekommen sei noch ein weiterer 5%iger Zuschlag. Mit Bescheid vom 19. Mai 2005 erhöhte die Beklagte die Kosten für die Unterkunft. Mit Bescheid vom 24. Mai 2005 reduzierte die Beklagte die Leistungen entsprechend für die hier streitgegenständliche Zeit auf 232,00 EUR monatliche Unterkunftskosten. Auch hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. Mit Widerspruchsbescheid vom 23. Juni 2005 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 4. November 2004 zurück. Die hiergegen erhobene Klage erklärten die Beteiligten nach Hinweis des Gerichts darauf, dass für die Zeit bis Juni 2005 keine Reduzierung vorgenommen worden sei, für erledigt. Mit Bescheid vom 24. Oktober 2005 änderte die Beklagte ihre Bewilligungsentscheidung für den Zeitraum seit November 2005 bis 31. Januar 2006 um weitere 7,46 EUR auf eine Leistung von insgesamt 621,00 EUR. Zu seinen Widersprüchen teilte sie dem Kläger unter dem gleichen Datum mit, dass sie bei ihrer Auffassung bleibe. In dem Bewilligungsbescheid vom 24. Mai 2005 seien Kosten der Unterkunft in Höhe von 239,46 EUR zuerkannt worden. Das sei fehlerhaft, da ab 1. Juli 2005 eine Kürzung auf den Höchstbetrag von 232,00 EUR vorzunehmen gewesen wäre. Insoweit berechtige allerdings § 45 des Zehnten Sozialgesetzbuches (SGB X) zur Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes. Aufgrund von Vertrauensgesichtspunkten sei jedoch eine Rücknahme für die Vergangenheit nicht möglich. Mit Zugang dieser Anhörung wisse der Kläger jedoch um die fehlerhafte Berechnun...