Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindergeld. unverheiratet zusammenlebende Eltern. Änderung des § 3 BKGG zum 1.1.1994
Leitsatz (amtlich)
1. Die Änderung des § 3 BKGG zum 1.1.1994 brachte weder das Kindergeld-Stammrecht noch bestehende Bezugsrechte zum Erlöschen.
2. Auf unverheiratet zusammenlebende Eltern ist § 3 Abs 3 BKGG idF des SKWPG 1 analog anzuwenden.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte dem Kläger Kindergeld für die Zeit vom 1. Januar 1994 bis zum 31. März 1995 zahlen muß.
Der Kläger lebt - unverheiratet - mit der Beigeladenen zusammen und hat mit ihr zwei Kinder, den am 1980 geborenen und den am 1982 geborenen. Nachdem die Beigeladene den Kläger zum Bezugsberechtigten bestimmt hatte (§ 3 Abs. 3 Satz 1 der früher geltenden Fassung des Bundeskindergeldgesetzes - BKGG a.F. -), wurde das Kindergeld für diese beiden Kinder laufend an den Kläger gezahlt.
Nach Art. 5 Nr. 3 Buchst. b des Ersten Gesetzes zur Umsetzung des Spar-, Konsolidierungs- und Wachstumsprogramms (1. SKWPG) vom 21. Dezember 1993 (Bundesgesetzblatt I, S. 2353) trat mit Wirkung vom 1. Januar 1994 eine Neufassung des § 3 Abs. 3 BKGG (n.F.) in Kraft. Jetzt sollten nur noch nicht dauernd getrennt lebende Ehegatten das Recht haben, einen von ihnen zum Kindergeldberechtigten zu bestimmen. Die Beklagte nahm dies zum Anlaß, mit Bescheid vom 11. Februar 1994 die Kindergeldgewährung für und ab 1. Januar 1994 völlig aufzuheben. Mit gleicher Post wurde die Beigeladene unter Beifügung eines von ihr auszufüllenden Antragsvordrucks auf die Änderung hingewiesen und belehrt, daß sie selbst einen Antrag stellen müsse, der allenfalls 6 Monate Rückwirkung habe. Die Beigeladene reagierte darauf jedoch zunächst nicht.
Stattdessen erhoben Kläger und Beigeladene am 24. Februar 1994 Widerspruch mit dem Ziel, daß es bei der bisherigen Zahlungsregelung bleiben solle. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 6. April 1994 zurück, worauf der Kläger am 4. Mai 1994 Klage vor dem Sozialgericht Lübeck (Az.: S 1 Kg 23/94) erhob. Am 23. Juli 1994 nahm der Kläger diese Klage zurück.
Auf Antrag der Beigeladenen vom 31. Oktober 1995 gewährte ihr die Beklagte mit Bescheid vom 7. November 1995 Kindergeld für und ab April 1995 in Höhe von monatlich 200,00 DM. Hiergegen erhob die Beigeladene am 20. November 1995 Widerspruch mit dem Hinweis darauf, seit Januar 1994 kein Kindergeld für und erhalten zu haben, und bat um Überprüfung und Nachzahlung. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 11. Dezember 1995 zurück und gab zur Begründung an, daß gemäß § 9 Abs. 2 BKGG Kindergeld nur für sechs Monate vor der Antragstellung rückwirkend gewährt werden dürfe. Die Beigeladene habe es versäumt, rechtzeitig einen entsprechenden Antrag zu stellen, wozu sie mit Schreiben vom 11. und vom 28. Februar 1994 aufgefordert gewesen sei.
In dem sich hieran anschließenden Rechtsstreit vor dem Sozialgericht Lübeck (Az.: S 1 Kg 89/95) kam es am 12. März 1996 nach Erörterung der Sach- und Rechtslage vor dem Sozialgericht zu folgendem Vergleich:
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"1. |
Die Beklagte verpflichtet sich zur erneuten Überprüfung, ob Herrn in Abänderung der Bescheide vom 11. Februar 1994 und 6. April 1994 Kindergeld für die Zeit vom 1. Januar 1994 bis Ende März 1995 für und zusteht. |
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2. |
Die Klägerin (im jetzigen Rechtsstreit: die Beigeladene) verzichtet auf weitergehende Ansprüche aus diesem Rechtsstreit. |
Nach der vereinbarten Überprüfung erteilte die Beklagte am 4. April 1996 dem Kläger einen Bescheid des Inhalts, daß der Bescheid vom 11. Februar 1994 und der Widerspruchsbescheid vom 6. April 1994 nicht nach § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) geändert werde, weil diese zu Recht ergangen seien. Die vorangegangene Berechtigtenbestimmung nach § 3 Abs. 3 BKGG a.F. sei wegen der zum 1. Januar 1994 in Kraft getretenen Rechtsänderung nicht mehr zulässig gewesen. Damit könne der Kindergeldanspruch nur noch der Beigeladenen als Mutter zustehen, weil diese nach § 1705 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) sorgeberechtigt sei. Hiergegen legte der Kläger am 22. April 1996 Widerspruch ein, den er damit begründete, daß der Entzug des Kindergeldes ab 1. Januar 1994 bei ihm "ohne Rechtsbezug" erfolgt sei. Der durch die Neufassung des § 3 Abs. 3 BKGG geschaffene "Ehegattentatbestand" treffe nicht seinen Fall. Offenbar sei der Sondertatbestand unehelicher Eltern im Gesetz vergessen worden und es so zu einer planwidrigen Gesetzeslücke gekommen.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 22. Mai 1996 zurück und führte zur Begründung aus, für die Empfangsberechtigung sei maßgeblich das Personensorgerecht der Beigeladenen als nichtehelicher Mutter von und Sie habe es allerdings versäumt, rechtzeitig einen eigenen Kindergeldantrag zu stellen.
Der Kläger hat am 21. Juni 1996 Klage erhoben und zur Begründung geltend gemacht, die von der Beklagten vertretene Rechtsauffassung decke sich nicht mit der maßgeblichen Gesetzeslage.
Der Kläger hat beantragt,
den Bes...