Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 30. April 2008 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um einen Arzneikostenregress wegen der Verordnung eines für ein Krankheitsbild nicht zugelassenen Arzneimittels (sog. Off-Label-Use).
Der Kläger ist Chefarzt des onkologischen Schwerpunktes des Krankenhauses G - Zentrum für Pneumologie und Thoraxchirurgie. Außerdem nimmt er als Arzt für innere Medizin und Pulmologie an der vertragsärztlichen Versorgung teil.
Am 25. März 2002 stellte die zu 1. beigeladene Krankenkasse bei dem Prüfungsausschuss den Antrag auf Feststellung eines sonstigen Schadens gemäß § 12.3 der in Schleswig-Holstein geltenden Prüfvereinbarung vom 15. März 1995 und machte zur Begründung geltend, dass der Kläger im Quartal II/2001 einem bei ihr versicherten männlichen Patienten das Arzneimittel Megestat verordnet habe. Megestat sei zur palliativen Behandlung von fortgeschrittenen Karzinomen der Brust und der Gebärmutter zugelassen. Die Erprobung von Arzneimitteln auf Kosten der Versicherungsträger sei nicht zulässig. Die aktuelle Rechtsprechung des BSG bestätige, dass das Fehlen einer positiven Zulassungsentscheidung generell zum Ausschluss aus der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung führe.
Weitere Anträge auf Feststellung eines Schadens stellte die Beigeladene zu 1. am 30. September 2003 für das Quartal IV/2002, am 15. Dezember 2003 für das Quartal I/2003, am 31. März 2004 für das Quartal II/2003 und am 25. Juni 2004 für das Quartal III/2003 und führte zur Begründung aus: Der Kläger habe ihren Versicherten unter Verstoß gegen die Arzneimittelrichtlinien ölige Dronabinoltropfen 2,5 % verordnet. Dronabinol sei ein synthetisches Cannabisharz, welches in den USA als Fertigarzneimittel bei Anorexie mit Gewichtsverlust bei Aids-Patienten sowie bei Übelkeit und Erbrechen bei Krebs-Chemotherapie bei Patienten, die nicht auf eine adäquate Therapie mit konventionellen Antiemetika ansprächen, zugelassen sei. Nach den Arzneimittelrichtlinien dürften appetitanregende Mittel nicht verordnet werden. Übelkeit und Erbrechen bei Chemotherapie könnten in der Regel erfolgreich mit in Deutschland zugelassenen Arzneimitteln behandelt werden, sodass Dronabinol nur nach erfolgloser, dokumentierter Therapie mit konventionellen Antiemetika wie MCP, Dimenhydrinat, Meclozin, Ondansetron und Dolasetron eingesetzt werden könne. Durch die Verordnung als Rezeptur dürfe die Zulassungspflicht nicht unterlaufen werden. Der Gemeinsame Bundesausschuss habe zur Anwendung von Dronabinol-Rezepturen bisher kein positives Votum abgegeben.
Mit Bescheid vom 23. September 2004 setzte der Prüfungsausschuss für die Quartale II/2001, IV/2002 und I/2003 bis III/2003 einen Schadensersatz in Höhe von 1.960,78 EUR zugunsten der Beigeladenen zu 1. gegen den Kläger fest.
Zur Begründung des dagegen am 1. Oktober 2004 eingelegten Widerspruchs machte der Kläger im Wesentlichen geltend, dass er das Medikament Megestat bei Patienten mit fortgeschrittenen bösartigen Tumoren der Thoraxorgane oder fortgeschrittenen Bronchialkarzinomen mit bereits stattgehabter Metastasierung eingesetzt habe. Für die Patienten hätten zum Zeitpunkt der Verordnung keine kurativen Behandlungsmöglichkeiten mehr bestanden. Die Patienten hätten im Zusammenhang mit der Tumorerkrankung unter einer zunehmenden Tumorkachexie mit Asthenie, Appetitlosigkeit und Gewichtsverlust gelitten. Für die Behandlung dieser speziellen Tumorsymptomatik gebe es kein zugelassenes Präparat, das in der Wirkung dem Präparat Megestat gleichzusetzen sei. Megestat führe bei mehr als 60 % der Tumorpatienten mit dieser Symptomatik zu einer Appetitsteigerung und zu einer Gewichtszunahme und damit zu einer deutlichen Symptomverbesserung mit deutlich verbesserter Lebensqualität. Ihm sei durchaus bewusst, dass Megestat nicht für diese Indikation zugelassen sei. Dennoch sei die Literatur in Bezug auf die beschriebene Wirkung eindeutig. Dazu bezog sich der Kläger auf zahlreiche Veröffentlichungen, die er bereits in einem Parallelverfahren (Verwaltungsverfahren zu dem unter dem Aktenzeichen L 4 KA 34/08 geführten Berufungsverfahren) übersandt hatte. Die Patienten hätten kurzfristig von der Einnahme von Megestat profitiert. Alle in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts entwickelten Voraussetzungen für die Verordnung eines Medikaments außerhalb des zugelassenen Anwendungsbereichs (Off-Label-Use) seien erfüllt. Dazu bezog sich der Kläger auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 19. März 2002 zum Aktenzeichen B 1 KR 37/00 R (Sandoglobulin). Bezüglich der Verordnung von Dronabinol gelte der gleiche Sachverhalt. Das Medikament sei von ihm nur in wenigen Fällen zur Behandlung einer Tumorkachexie und eines Fatigue-Syndroms eingesetzt worden. Der Prüfungsausschuss gehe von einer falschen Voraussetzung aus, wenn er annehme, dass das Medikament gegen Übelkeit im Rahmen der C...