Orientierungssatz

Parallelentscheidung zum Urteil des LSG Schleswig vom 8.11.2016 - L 4 KA 44/14, das vollständig dokumentiert ist.

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 12. Februar 2014 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Honorierung des Klägers für das Quartal II/2010. Die Honorierung des Klägers für die Quartale I/2009 bis I/2010 ist in Parallelverfahren streitig.

Der Kläger ist als Facharzt für Urologie zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen und betreibt seine Praxis in K.

Mit RLV-Mitteilung vom 8. März 2010 wurde dem Kläger ein Regelleistungsvolumen (RLV) in Höhe von 11.131,30 EUR zugewiesen. Dieses ergab sich aus der Multiplikation der am Quartal I/2009 orientierten RLV-relevanten Fallzahl des Klägers in Höhe von 537 mit dem arztgruppenspezifischen Fallwert der Arztgruppe in Höhe von 21,46 EUR und Anpassung mit dem arztindividuellen Morbiditätsfaktor. Die durchschnittliche RLV-relevante Fallzahl der Arztgruppe der Fachärzte für Urologie betrug 888,7.

Den Honoraranspruch des Klägers beschied die Beklagte mit Honorarbescheid vom 14. Oktober 2010. Der Kläger erbrachte RLV-relevante Leistungen in einem Umfang von insgesamt 16.545,30 EUR, die in Höhe von 11.776,47 EUR vergütet wurden. Das Verfahren gegen diesen Bescheid wird vor dem Sozialgericht Kiel unter dem Aktenzeichen S 16 KA 30/14 geführt.

Gegen die RLV-Mitteilung legte der Kläger am 20. März 2010 Widerspruch ein. Zusammengefasst begründete er den Widerspruch mit diversen Einwänden gegen die neue Honorarverteilungssystematik, die zu Honorarverlusten gegenüber 2008 führe. Der weiter sinkende RLV-Fallwert stelle nicht mehr die medizinisch notwendige Behandlung sicher. Er stellte Anträge auf Berücksichtigung von Praxisbesonderheiten und Anerkennung eines Härtefalles wegen Honorarverlusten gegenüber 2008.

Mit Widerspruchsbescheid vom 17. November 2010 wies die Beklagte die Widersprüche zurück. Die Beklagte erläuterte ausführlich die Honorarverteilungssystematik ab dem Quartal I/2009 unter Berücksichtigung der Regelungen im SGB V, der Beschlüsse des Bewertungsausschusses und der Honorarvereinbarungen mit den Krankenkassen. Die Honorarverteilungsregelungen würden durchaus Wachstumsmöglichkeiten sowohl für Wachstumsärzte als auch für unterdurchschnittlich abrechnende Praxen außerhalb der Aufbauphase bieten. Da das RLV jeweils auf der Fallzahl des jeweiligen Vorjahresquartals beruhe, könne nicht von einem dauerhaften Festschreiben einer unterdurchschnittlichen Umsatzsituation ausgegangen werden. Fallwertzuschläge wegen Überschreitung des durchschnittlichen Fallwertes in Punkten um 30 % seien in diesem Fall nicht zu gewähren. Die Beklagte verwies in der Begründung auch auf das Schreiben des HVM-Teams vom 16. September 2009. In den Quartalen I/2009 bis II/2010 habe der Kläger den durchschnittlichen Fallwert der Fachgruppe in Punkten nicht um wenigstens 30 % überschritten, sondern diesen vielmehr in jeweils folgender Höhe unterschritten: Quartal I/2009 um 10,89 %, Quartal II/2009 um 7,86 %, Quartal III/2009 um 3,53 %, Quartal IV/2009 um 1,60 %, Quartal I/2010 um 2,36 % und Quartal II/2010 um 0,82 %.

Dagegen hat der Kläger mit am 25. November 2010 beim Sozialgericht Kiel eingegangenem Schriftsatz Klage erhoben. Er hat pauschal auf die Begründungen im Widerspruchsverfahren Bezug genommen und folgende Aspekte vertieft: Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei allen Praxen mit unterdurchschnittlichen Umsätzen die Möglichkeit einzuräumen, durch Umsatzsteigerung jedenfalls bis zum Durchschnittsumsatz der Fachgruppe aufzuschließen. Diesen müsse die Möglichkeit eingeräumt werden, innerhalb von fünf Jahren den Durchschnittsumsatz der Fachgruppe zu erreichen. Sie seien nicht auf Härtefallregelungen zum Ausgleich überproportionaler Honorarverluste in Höhe von mehr als 15 % im Vergleich zum Basisquartal zu verweisen. Denn es handele sich dabei nicht um eine unvorhersehbare Besonderheit und unspezifische Härte, sondern um eine typische Fallgestaltung. Seine Praxis sei im Sinne dieser Rechtsprechung als unterdurchschnittlich abrechnende Praxis außerhalb der Wachstums- und Aufbauphase einzustufen. Nur durch eine Fallzahlsteigerung könne er unter der bestehenden Honorarverteilungssystematik zum Fachgruppendurchschnitt aufschließen. Das erzielte Honorar decke kaum den tatsächlichen Betriebskostenaufwand. Daher sei es ihm auch nicht möglich, in seine Praxis zu investieren, um deren Attraktivität zu steigern und neue Patienten zu gewinnen. Aufgrund der sehr hohen Arztdichte der Fachärzte für Urologie in K sei dieser Zulassungsbereich für Neuzulassungen von Fachärzten für Urologie mittlerweile gesperrt. Auch diese hohe Arztdichte erschwere es ihm, seine Fallzahl zu steigern oder überhaupt zu behalten. Da es ihm noch nicht möglich gewesen sei, den Durchschnitt zu erreichen, mü...

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