Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Zuschuß. Zahnersatz. Allergie. Verfassungsmäßigkeit
Orientierungssatz
1. § 30 Abs 1 SGB 5 regelt als Sondertatbestand die Ansprüche bei Versorgung mit Zahnersatz abschließend. Dies gilt unabhängig davon, aus welchen (zahn- oder allgemein-)medizinischen Gründen die Eingliederung von Zahnersatz notwendig ist.
2. Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, daß nach dem Gesetz die zahnärztliche Behandlung nach § 28 Abs 2 SGB 5 grundsätzlich umfassend gewährt wird, die Kosten einer notwendigen Zahnfüllung daher in der Regel in vollem Umfang durch die Krankenkasse übernommen werden, zum Zahnersatz jedoch nur ein Zuschuß zu gewähren ist.
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte für die Versorgung mit Zahnersatz bei der Klägerin einen Zuschuß von 100 % anstelle von 60 % zu zahlen hat.
Im Februar 1994 teilte der Zahnarzt Dr. K der Beklagten mit, die bei ihr versicherte, am 5. Juli 1951 geborene Klägerin stehe seit dem 25. Januar 1993 bei ihm in Behandlung. Sie habe darauf hingewiesen, Allergikerin zu sein. Zur Zeit sei sie bei Frau Dr. T in Behandlung, die eine Vielzahl von allergenen Stoffen aus Nahrungsmitteln und Schmerzmitteln habe nachweisen können. Hierzu legte er ein Attest von Frau Dr. T vor, wonach "infolge allergischer Diathese und Amalgamintoleranz weitere Amalgampräparationen von Zähnen nicht empfehlenswert sind. Es sollten auch die bereits vorhandenen Amalgamfüllungen ausgetauscht werden". Weiter führte Dr. K aus, zunächst habe er die kleinen Amalgamfüllungen gegen Kunststoffmaterial ausgetauscht. Daraufhin sei schon eine Besserung des Wohlbefindens feststellbar gewesen. 1990/1991 seien bei der Klägerin mehrere Kronen und Brücken aus verschiedenen Legierungen eingesetzt worden. Hierbei habe es sich um Spargold-Legierungen "Aurea" und "Herabond" sowie die Palladium-Kupfer-Legierung "Bond on 4" gehandelt. Alle Legierungen hätten einen relativ hohen Kupfer-Anteil, der nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen zu allergischen Reaktionen führen könne. Aufgrund verschiedener Testungen sei festgestellt worden, daß für die Klägerin die Legierung "Degunorm" mit geringem Kupfer-Anteil gut verträglich sei. Daraufhin habe er am 20. Dezember 1993 zwei Degunorm-Kronen zementiert, die bisher keine Beschwerden ausgelöst hätten. Die Klägerin habe nun den Wunsch, die alten Kronen und Brücken entfernen und durch Degunorm-Konstruktionen ersetzen zu lassen und bitte um 100 %igen Zuschuß. Den Heil- und Kostenplan vom 1. Februar 1994 mit geschätzten Gesamtkosten von 7.709,57 DM (4.982,00 DM Material- und 2.727,57 DM Arztkosten) legte Dr. K bei. Unter Hinweis darauf, daß bei der Klägerin noch keine Allergien gegen Amalgam, Kupfer oder Palladium durch eine anerkannte Methode nachgewiesen seien, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 24. Februar 1994 eine Kostenübernahme ab. Das gelte auch im Hinblick auf die bereits am 16. November 1993 erteilte Leistungszusage für die Kronen 15 und 14. Es werde empfohlen, eine Epicutantestung durchführen zu lassen. Eine anschließende Begutachtung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung vom 11. März 1994 hinsichtlich der Überprüfung von Arbeitsunfähigkeit und stufenweiser Wiedereingliederung ergab als Diagnosen: Allergische Diathese, psychosomatischer Beschwerdekomplex.
Gegen den ablehnenden Bescheid legte die Klägerin Widerspruch ein und begründete ihn damit, nach einem DMPS-Test des Bremer Instituts für Labormedizin sei bei ihr eine überhöhte Schwermetallausleitung von Kupfer gefunden worden. Es sei ihr von den behandelnden Ärzte dringend empfohlen worden, die palladium-kupferhaltigen Brücken und Kronen entfernen zu lassen. Die Funktionsfähigkeit ihrer Brücken sei zudem vor einiger Zeit eingeschränkt gewesen, da sich diese gelöst hätten und deshalb erneut hätten eingeklebt werden müssen. Sie seien seitdem beschädigt. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 5. Juli 1994 zurück und führte hierzu aus, bei dem Metallkostenzuschuß orientiere sie sich an den Kosten für Palladium-Basis-Legierungen. Zwar stehe dem Zahnarzt die Wahl der im Einzelfall in Frage kommenden Materialien frei, doch stelle die Palladium-Basis-Legierung die Regelversorgung nach dem Zahnarzt-/Ersatzkassenvertrag dar.
Hiergegen hat die Klägerin am 25. Juli 1994 beim Sozialgericht Itzehoe Klage erhoben. Nach einer Epicutan-Testung durch den Allergologen Dr. K hat die Beklagte unter dem 19. Oktober 1994 ihre Bereitschaft erklärt, sich an den Kosten der vertragszahnärztlichen Behandlung, ausgehend von dem Heil- und Kostenplan vom 1. Februar 1994, mit einem Zuschuß von 60 v.H. und an den Metall-Legierungen bei Kronen und Brücken mit jeweils 9,00 DM zu beteiligen. Weiter hat sie dort ausgeführt, eine darüber hinausgehende Bezuschussung könne erst nach Klärung des Rechtsstreits erfolgen. Zur Begründung ihrer Klage hat die Klägerin vorgetragen: Dr. K habe...