Entscheidungsstichwort (Thema)

Rentenversicherung. Versicherungspflicht. selbstständiger Krankengymnast/Physiotherapeut

 

Orientierungssatz

Die gesetzliche Neuregelung hinsichtlich der Berufe in der Physiotherapie ändert nichts an dem Umstand, das Krankengymnasten (jetzt: Physiotherapeuten), die Patienten auf Grund ärztlicher Verordnung behandeln, als Pflegepersonen iS des § 2 S 1 Nr 2 SGB 6 versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung sind (vgl BSG vom 30.1.1997 - 12 RK 31/96 = SozR 3-2600 § 2 Nr 2).

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin als selbstständige Physiotherapeutin der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unterliegt sowie über die Höhe der von ihr zu entrichtenden Beiträge.

Die 1967 geborene Klägerin ist selbstständige Physiotherapeutin und betreibt eine physiotherapeutische Praxis in G V s. Sie ist zur Abrechnung mit den Primär- und Ersatzkassen sowie den Berufsgenossenschaften berechtigt.

Im Januar 1996 teilte sie der Beklagten mit, dass sie sich als Krankengymnastin niedergelassen habe. Die Beklagte unterrichtete sie daraufhin darüber, dass Krankengymnasten, die auf eigene Rechnung Kranke behandelten, der Versicherungspflicht unterlägen, wenn sie in ihrem Betrieb keine versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigten und bat die Klägerin um entsprechende Mitteilung sowie Angaben dazu, wann sie ihr Gewerbe angemeldet habe. Die Klägerin teilte nach mehreren Erinnerungen alsdann lediglich mit, dass sie als selbstständige Krankengymnastin nicht versicherungspflichtig sei.

Mit Bescheid vom 16. Oktober 1996 stellte die Beklagte die Versicherungspflicht der Klägerin nach § 2 Nr. 2 des Sozialgesetzbuchs Sechstes Buch (SGB VI) ab 1. November 1995 fest, teilte ihr weiter mit, dass sie den Regelbeitrag in Höhe von monatlich 792,96 DM zu entrichten habe und forderte für die Zeit von November 1995 bis Oktober 1996 einen Betrag in Höhe von 9.439,92 DM nach. Zur Begründung ist im Bescheid ausgeführt: Da die Klägerin auf die mehrfachen Anfragen nicht geantwortet habe, gehe die Beklagte davon aus, dass die Klägerin ihre Tätigkeit am 1. November 1995 aufgenommen habe und in ihrem Betrieb keine Arbeitnehmer beschäftige.

Auf den Widerspruch der Klägerin bat die Beklagte erneut um nähere Angaben zur Tätigkeit der Klägerin. Diese erwiderte, dass sie weiterhin der Ansicht sei, dass § 2 Nr. 2 SGB VI auf selbstständige Krankengymnasten keine Anwendung finde und sie zudem als Krankengymnastin keiner Gewerbeanmeldung bedürfe.

Mit Widerspruchsbescheid vom 25. September 1997 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, diejenigen Pflegepersonen unterlägen der Rentenversicherungspflicht nach § 2 Nr. 2 SGB VI, die ihre selbstständige Tätigkeit zwar auf eigene Rechnung, aber in Abhängigkeit von Heilkundigen nach deren Weisung ausführten. Hierzu gehörten z. B. Krankenschwestern, Physiotherapeuten, Krankengymnasten, Masseure, medizinische Bademeister und Ergotherapeuten. Masseure und Physiotherapeuten seien allerdings nur dann rentenversicherungspflichtig, wenn sie überwiegend auf ärztliche Anordnung tätig würden. Deshalb unterlägen z. B. Sportmasseure nicht der Versicherungspflicht. Allerdings bestehe nur dann Versicherungspflicht, wenn im Zusammenhang mit der selbstständigen Tätigkeit kein versicherungspflichtiger Arbeitnehmer beschäftigt würde. Der Sachverhalt habe nicht geklärt werden können, sodass die Bescheide nach Aktenlage ergangen seien.

Der Widerspruchsbescheid wurde an die Wohnanschrift der Klägerin am 29. September 1997 als Einschreiben mit Rückschein abgesandt und nach Auskunft der Post am 30. September an den "Familienangehörigen B" ausgehändigt. Mit Schreiben vom 14. April 1998 informierte die Beklagte die Klägerin über den bereits ergangenen Widerspruch und ihre Ermittlungen bei der Post und fügte eine Ablichtung des Widerspruchsbescheides zur Kenntnis der Klägerin bei.

Mit Bescheid vom 22. Januar 1998 forderte die Beklagte die Klägerin zur Zahlung der mittlerweile angefallenen Beiträge zur Rentenversicherung in Höhe von 21.427,56 DM zuzüglich 2.204,00 DM an Säumniszuschlägen -- insgesamt 23.631,56 DM -- auf.

Zur Begründung ihrer am 13. Mai 1998 beim Sozialgericht Kiel erhobenen Klage hat die Klägerin angegeben, Herr B sei weder ihr Familienangehöriger gewesen noch sei er von ihr bevollmächtigt gewesen, Einschreiben entgegenzunehmen. Er habe lediglich ihre Wohnung betreut. Im Übrigen hat sie weiterhin geltend gemacht, dass sie als Physiotherapeutin bzw. Krankengymnastin nicht der Versicherungspflicht nach § 2 Nr. 2 SGB VI unterliege, und selbst wenn dies der Fall sei, die Forderungen der Beklagten auch der Höhe nach nicht gerechtfertigt seien, weil von ihr nach § 165 SGB VI nur der halbe Beitragssatz zu zahlen sei.

Mit Urteil vom 15. Oktober 2001 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen dieses Urteils ist im Wesentlichen ausgeführt, dass diese zulässig sei, weil der Widerspruchsbescheid der Klägerin a...

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