rechtskräftig: nein
Entscheidungsstichwort (Thema)
Lehrer. Teilzeitbeschäftigung. Pflichtunterrichtsstunden. Stillzeit. Erwerbstätigkeit
Leitsatz (amtlich)
1) Eine Lehrerin, die statt 27 Pflichtunterrichtsstunden bei einer Vollzeitbeschäftigung von 38,5 Stunden pro Woche nur 14 Pflichtunterrichtsstunden zu erteilen hat, ist mehr als 19 Stunden in der Woche erwerbstätig und erhält deshalb kein Erziehungsgeld.
2) Stillstunden nach § 7 Mutterschutzgesetz sind von der nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 BErzGG zu berücksichtigenden Arbeitszeit nicht abzusetzen.
Normenkette
BErzGG i.d.F. vor dem 1.1.01 § 1 Abs. 1 Nr. 4; BErzGG i.d.F. vor dem 1.1.01 § 2 Abs. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
SG Kiel (Urteil vom 21.11.2002; Aktenzeichen S 6 EG 17/01) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 21. November 2002 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um Erziehungsgeld für die Zeit vom 1. März bis 30. April 2001.
Die Klägerin war seit 1. August 2000 als Grund- und Hauptschullehrerin mit 14 Pflichtunterrichtsstunden im Landesdienst beschäftigt. Am 30. Oktober 2000 kam ihr Kind Mats auf die Welt. Nachdem die Klägerin zunächst vom 2. Oktober bis 25. Dezember 2000 Mutterschaftsgeld bezogen hatte, nahm sie für die anschließende Zeit bis zum 31. Januar 2001 Erziehungsurlaub. Danach setzte sie ihre Berufstätigkeit fort, nahm aber je Woche zwei Stillstunden in Anspruch.
Auf ihren Antrag vom 19. Dezember 2000 bewilligte der Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 4. Januar 2001 Erziehungsgeld bis zum 28. Februar 2001, zuletzt in voller Höhe. Für die Zeit ab 1. März 2001 versagte der Beklagte das Erziehungsgeld, weil die Klägerin eine Erwerbstätigkeit aufgenommen habe. Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch und wies darauf hin, dass sie weniger als 19 Stunden in der Woche erwerbstätig sei. Der Beklagte bestätigte jedoch in dem Widerspruchsbescheid vom 20. August 2001 seine Entscheidung: Bei Lehrern richte sich der Umfang der zulässigen Teilzeitarbeit nach der Pflichtstundenzahl. Angestellte Lehrer dürften Teilzeitarbeit bis zu der Stundenzahl verrichten, die dem Verhältnis von 19 Stunden Arbeitszeit zu einer Vollbeschäftigung entspreche. Demnach arbeite die Klägerin mehr als nach § 2 Abs. 1 Bundeserziehungsgeldgesetz (BErzGG) zulässig sei.
Die Klägerin hat am 29. August 2001 Klage erhoben und vorgetragen: Sie arbeite maximal 14 Stunden und übe damit keine für das Erziehungsgeld schädliche Erwerbstätigkeit im Sinne des § 2 BErzGG aus. Für die Verhältnisberechnung des Beklagten gebe es im Gesetz keine Stütze. Im Übrigen habe der Beklagte auch die Stillstunden nicht berücksichtigt. Ziehe man diese von der Arbeitszeit ab, habe die Klägerin im umstrittenen Zeitraum keinesfalls mehr als 19 Stunden gearbeitet. Folge man der Gesetzesinterpretation des Beklagten, verstoße die gesetzliche Regelung auch in mehrfacher Hinsicht gegen Art. 3 des Grundgesetzes (GG).
Die Klägerin hat beantragt,
den Bescheid vom 4. Januar 2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 20. August 2001 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, ihr Erziehungsgeld für ihren am 30. Oktober 2000 geborenen Sohn Mats für die Zeit vom 1. März 2001 bis 29. April 2001 zu gewähren.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 21. November 2002 die Klage abgewiesen und in den Entscheidungsgründen im Wesentlichen ausgeführt: Die Berechnungen des Beklagten seien rechtlich nicht zu beanstanden. Die von ihr in Anspruch genommenen Stillstunden minderten nicht ihre vertraglich vereinbarte Pflichtstundenzahl. Die Stichtagsregelung des § 24 BErzGG verstoße nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Solche Regelungen seien vom Bundesverfassungsgericht für zulässig erachtet worden. Schließlich habe der Beklagte auch keine Auskunfts- oder Beratungspflichten verletzt. Der geltend gemachte sozialrechtliche Herstellungsanspruch greife nicht durch.
Gegen dieses der Klägerin am 6. Februar 2003 zugestellte Urteil richtet sich ihre Berufung, die am 3. März 2003 beim Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht eingegangen ist. Die Klägerin wiederholt und vertieft ihren bisherigen Vortrag in tatsächlicher und rechtlicher Sicht.
Sie beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 21. November 2002 aufzuheben und den Bescheid des Beklagten vom 4. Januar 2001 sowie den Widerspruchsbescheid vom 20. August 2001 zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, Erziehungsgeld für die Zeit vom 1. März 2001 bis zum 30. April 2001 zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Dem Senat haben die die Klägerin betreffenden Verwaltungsakten sowie eine Auskunft des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Schleswig-Holstein vom 6. Juni 2003 vorgelegen. Diese Auskunft ist den Beteiligten bekannt. Auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten wird im Übrigen Bezug genommen.
Entscheidun...