Entscheidungsstichwort (Thema)
Beschäftigung einer DDR-Bürgerin in CSSR. Beitragszeit
Leitsatz (amtlich)
1. Das Abkommen zwischen der Regierung der DDR und der Regierung der Tschechoslowakischen Republik über die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Sozialpolitik vom 11.9.1956 ist mit dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland erloschen.
2. Die vorübergehend einseitig angeordnete bundesrechtliche Weitergeltung in der Rentenversicherung beschränkt sich auf den Zeitraum bis zum 31.12.1991.
3. Das Erfordernis des Art 7 Abs 4 DDRVtrV, der "Anspruch" müsse bis zum 31.12.1995 entstanden sein, begrenzt den zeitlichen Geltungsbereich der Übergangsregelung.
4. Die Übergangsregelung des Art 7 Abs 4 DDRVtrV ist verfassungsgemäß.
Orientierungssatz
Es lässt sich weder aus dem Gleichbehandlungsgebot noch aus Vertrauensschutzgesichtspunkten ableiten, dass eine Versicherte auf Grund ihrer zu Zeiten der DDR getroffenen Entscheidung, in der CSSR zu arbeiten, nunmehr in der Bundesrepublik Deutschland eine Rente unter Berücksichtigung dieser Beschäftigungszeiten als versicherungsrechtliche Zeiten beanspruchen kann.
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte mit Bescheid vom 4. Mai 1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 5. Oktober 1999 die Vormerkung von Beschäftigungszeiten als rentenrechtliche Zeiten im Versicherungsverlauf der Klägerin ablehnen durfte, die diese in der Tschechoslowakischen Republik (CSSR) vom 11. November 1968 bis 10. Mai 1975 sowie vom 1. September 1983 bis 31. März 1991 zurückgelegt hat.
Die 1943 geborene Klägerin ist Deutsche. Sie wuchs in der DDR auf, wo sie 1968 zur Allgemeinmedizinerin diplomierte. Vom 11. November 1968 bis zum 10. Mai 1975 arbeitete sie in einem Krankenhaus in B und führte Beiträge an die tschechoslowakische Sozialversicherung ab. Von Mai 1975 bis Juli 1983 lebte sie in der DDR. Anschließend kehrte sie als Pneumologin an das Krankenhaus in B zurück und arbeitete dort vom 1. September 1983 bis Ende März 1991. Danach kam sie wieder nach Deutschland, wo sie seither fortlaufend als Ärztin beschäftigt ist.
Mit ihrer am 4. November 1999 bei dem Sozialgericht Schleswig eingegangenen Klage hat sich die Klägerin auf die zwischen der DDR und der CSSR geschlossenen Verträge über Sozialversicherung berufen. Diese Abkommen seien ihrer Ansicht nach auch für die Bundesrepublik Deutschland verbindlich. Zumindest müsse sie aus Vertrauensschutzgründen die einmal anerkannten Zeiten weiterhin im Versicherungsverlauf vorgemerkt erhalten. Die Formulierung "Anspruch" in Art. 7 Abs. 3 der "Verordnung zur Änderung der Verordnung über die vorübergehende weitere Anwendung verschiedener völkerrechtlicher Verträge der Deutschen Demokratischen Republik im Bereich der Sozialen Sicherheit" vom 18. Dezember 1992 umfasse auch die sich aus den völkerrechtlichen Abkommen ergebenden Ansprüche auf Anrechnung der in der CSSR zurückgelegten Versicherungszeiten und sei nicht etwa auf den Rentenanspruch als Leistungsanspruch begrenzt. Dies ergebe sich aus einem Vergleich mit Art. 7 Abs. 4 der Verordnung, wo ausdrücklich von "Leistungen nach dieser Verordnung in Verbindung mit den in Art. 1 genannten Verträgen" bzw. von einem Leistungsanspruch die Rede sei. Es sei also davon auszugehen, dass die Verordnung dort, wo sie ausschließlich ein Leistungsanspruch meine, diesen auch ausdrücklich benenne. Die Beklagte habe die in der CSSR zurückgelegten Versicherungszeiten ebenso wie die Sozialversicherung zu DDR-Zeiten als Versicherungszeiten vorzumerken.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 21. August 2000 abgewiesen und in den Entscheidungsgründen im Wesentlichen ausgeführt:
"Die in der Tschechoslowakei zurückgelegten Versicherungszeiten sind keine Beitragszeiten im Sinne des § 54 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 50 SGB VI. Die Klägerin hat in den strittigen Zeiten nach Bundesrecht weder Pflichtbeiträge noch freiwillige Beiträge an die Beklagte oder an einen anderen deutschen Versicherungsträger tatsächlich gezahlt. Ebenso handelt es sich nicht um Zeiten, für die ausnahmsweise nach besonderen Vorschriften Pflichtbeiträge als gezahlt gelten. Auch eine Vormerkung von Kindererziehungszeiten nach § 3 Nr. 1 SGB VI scheidet aus. Zwar hat die Klägerin ihr zweites Kind Peter am 3. Mai 1973 geboren, als sie noch im Beschäftigungsverhältnis zu dem tschechoslowakischen Krankenhaus stand. Die Kammer unterstellt zugunsten der Klägerin, dass sie die Person war, die Peter im Wesentlichen erzogen hat. Dennoch können Kindererziehungszeiten nicht anerkannt werden, da die Erziehung in der Tschechoslowakei und nicht im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erfolgte. Kindererziehungszeiten im Sinne des § 56 SGB VI können nur angerechnet werden, wenn die Erziehung im Gebiet der Bundesrepublik erfolgte oder einer solchen gleichsteht, § 56 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB VI. Die letzte Alternative ist erfüllt, wenn die Klägerin als erziehender Elternteil sich mit ihrem...