Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässigkeit. Berufung. Disziplinarmaßnahme. Vertragsarzt. Geldbuße. Wert des Beschwerdegegenstandes
Orientierungssatz
Der Wert des Beschwerdegegenstandes nach § 144 Abs 1 S 1 Nr 1 SGG bemisst sich bei einer Disziplinarmaßnahme gegen einen Vertragsarzt allein an der ausgesprochenen Geldbuße.
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit einer Disziplinarmaßnahme.
Der Kläger ist Arzt für Chirurgie und Anästhesiologie und seit dem 15. August 1987 als praktischer Arzt in S zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. In der Vergangenheit waren ihm von der Beklagten am 5. Dezember 1991 und 5. August 1996 Verweise wegen Verletzung vertragsärztlicher Pflichten erteilt worden.
Im Oktober 1996 sandte er der Beklagten eine Mitteilung über seine "Budgetauslastung" zu mit dem Zusatz:
"Unschwer können Sie erkennen, dass das Budget betreffend Ganzkörperstatus mit 106,67 % ausgereizt ist. Hiermit teile ich Ihnen mit, dass ich diese Untersuchung bis zum Quartalsende nicht mehr selbst erbringe, sondern durch Überweisung an andere Ärzte/Krankenhauseinweisung erbringen lasse".
Mit Schreiben vom 5. November 1996 wies die Beklagte den Kläger auf sein nach ihrer Auffassung offensichtliches rechtswidriges Verhalten hin, legte ihm den Leitsatz eines Urteiles des Sozialgerichts München und eine Presseveröffentlichung vor und bat ihn "zur Vermeidung disziplinarrechtlicher bzw. zulassungsentziehungsrechtlicher Konsequenzen" unverzüglich zu bestätigen, dass er seine Ankündigung nicht länger aufrecht erhalte. In der Folgezeit übersandte der Kläger fortlaufend ähnliche Schreiben, mit denen er, wie im Oktober 1996, die Beklagte auf die Budgetauslastung hinwies und die Erbringung der Leistungen bis zum Ende des laufenden Quartals ablehnte.
Der Vorsitzende der Beklagten beantragte mit Schreiben vom 7. Januar 1997 bei dem Vorsitzenden des Disziplinarausschusses die Einleitung und Durchführung eines Disziplinarverfahrens. Der Vorsitzende des Disziplinarausschusses gab dem Kläger mit Schreiben vom 17. Februar 1997 Gelegenheit zur Stellungnahme. Mit Beschluss vom 11. August 1997 verhängte der Disziplinarausschuss gegenüber dem Kläger eine Geldbuße in Höhe von 1.000 DM und führte zur Begründung aus: Auf Grund der fehlenden Mitwirkung des Klägers habe man nicht feststellen können, ob er tatsächlich die in seinen Mitteilungen angekündigten Maßnahmen ergriffen habe. Sofern er dies getan habe, habe er seine vertragsärztlichen Pflichten grob verletzt. Seine Auffassung, bei Überschreiten seines Budgets sei er nicht mehr zur vertragsärztlichen Versorgung verpflichtet, verkenne in grober Weise den Sinn und den Zweck der Budgetierung. Die Patienten hätten einen Anspruch auf sachgerechte vertragsärztliche Versorgung, auch wenn die Bezahlung dieser Leistungen durch die Kassenärztlichen Vereinigungen keine volle Entlohnung bewirkten. Sollte der Kläger trotz seiner laufenden Ankündigungen alle Patienten behandelt haben, so stelle sein Verhalten gleichwohl eine Pflichtverletzung dar. Dies folge aus § 9 des Honorarverteilungsmaßstabes (HVM), der von jedem Vertragsarzt verlange, eine sachlich-richtige Abrechnung vorzulegen. Der Kläger habe durch seine Mitteilung jedenfalls den Anschein erweckt, als seien seine Abrechnungen unrichtig. Er habe ferner gegen § 5 Abs. 4 der Satzung der Beklagten verstoßen, wonach jedes Mitglied verpflichtet sei, alle Auskünfte zu erteilen und die erforderlichen Unterlagen vorzulegen, die zur Nachprüfung der kassenärztlichen oder sonstigen von der Beklagten sicherzustellenden und zu gewährleistenden ärztlichen Tätigkeiten erforderlich seien. Durch die ständigen möglicherweise fehlerhaften und irreführenden Mitteilungen über die Einstellung bestimmter Behandlungsarten habe der Beschuldigte jeweils Reaktionen der Beklagten ausgelöst, die bei einem ordnungsgemäßen Verhalten nicht erforderlich gewesen wären. Nach den Grundsätzen der Wahlfeststellung sei er daher auf Grund dieser als geringer einzustufenden Verstöße disziplinarisch zu belangen. Der Kläger habe sich bisher uneinsichtig und unbelehrbar gezeigt, sodass keine Möglichkeit bestanden habe, von einer Disziplinarmaßnahme abzusehen. Dabei habe der Disziplinarausschuss berücksichtigt, dass der Kläger bereits einen Verweis erhalten habe.
Gegen diesen ihm am 20. November 1997 zugestellten Beschluss hat der Kläger am 27. November 1997 Klage beim Sozialgericht Kiel erhoben und zur Begründung vorgetragen: Aus den fortlaufenden "Budgetmitteilungen" ergebe sich, dass er seine Leistungen nicht eingestellt habe. Das werde an der Entwicklung der Prozentzahlen deutlich. Damit sei ersichtlich, dass er die Androhung nicht ernst gemeint habe. Er habe seine Patienten ausreichend und in dem erforderlichen Umfange behandelt.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 11. August 1997 aufzuheben.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Sozialgericht hat mit Urtei...