Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Eingliederungshilfe. örtliche Zuständigkeit. Unterbringung in einer teilstationären Einrichtung
Leitsatz (amtlich)
1. Zur örtlichen Zuständigkeit des Sozialhilfeträgers für die Kostenübernahme bei Unterbringung in teilstationären Einrichtungen.
2. Die örtliche Zuständigkeit des Sozialhilfeträgers für die Kostenübernahme bei der Unterbringung einer eingliederungshilfebedürftigen Person in einer teilstationären Einrichtung folgt aus direkter Anwendung von § 98 Abs 2 SGB 12 oder analoger Anwendung von § 98 Abs 2 oder Abs 5 SGB 12.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 4. Juni 2013 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Erstattung von Kosten, die ihr im Rahmen einer Eingliederungshilfemaßnahme für Frau T... R... entstanden sind.
Die 1983 geborene Hilfeempfängerin T... R... wohnte zunächst in S... und bezog dort Leistungen der Grundsicherung nach dem Sozialgesetzbuch, Zweites Buch (SGB II). Zum 20. Oktober 2006 zog sie nach K... und wohnte dort bis zum 12. April 2010 in einer Wohngruppe der sozialtherapeutischen Einrichtung für Frauen “L...„. Auch dort bezog Frau R... weiterhin SGB II-Leistungen. Zudem erhielt sie Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem Sozialgesetzbuch, Zwölftes Buch (SGB XII), in Form der Wohnbetreuung. Die Fachärztin für Psychiatrie und Physiotherapie U... S... hatte zuvor im Rahmen ihres ärztlichen Gutachtens vom 10. Oktober 2006 bestätigt, dass für die Hilfeempfängerin eine teilstationäre Wohngruppe die geeignete Maßnahme sei.
In der Leistungsvereinbarung zwischen der Klägerin und dem Verein zur Förderung des Gesundheitswesens e. V. betreffend die Wohngruppe “L...„ wird diese grundsätzlich dem Einrichtungstyp “teilstationäre Wohngemeinschaft/Wohngruppe für Menschen mit einer seelischen Behinderung„ zugeordnet. In den einzelnen Regelungen wird jeweils von “teilstationärer Betreuung„, “teilstationärer Eingliederungshilfe„, “teilstationärem Angebot„ sowie “teilstationäre Einrichtung„ gesprochen.
Mit Schreiben vom 2. Oktober 2006 beantragte die Hilfeempfängerin die Kostenübernahme beim Beklagten. Dieser leitete den Antrag mit Schreiben vom 6. Oktober 2006 an die Klägerin weiter, da er der Auffassung war, es handele sich bei der Wohngruppe “L...„ um eine teilstationäre Einrichtung; daher sei die Zuständigkeit der Klägerin gegeben.
Die Klägerin übernahm für die Folgezeit die Kosten als zweitangegangene Trägerin. Mit Schreiben vom 12. Oktober 2006 beantragte sie beim Beklagten eine Kostenerstattung, da sie der Ansicht war, es handele sich bei der (zukünftigen) Wohnbetreuung um eine Form der ambulant betreuten Wohnmöglichkeiten. Obwohl im Rahmen der Leistungsvereinbarung der Einrichtung “L...„ mit dem überörtlichen Träger des Landes Schleswig-Holstein diese als “teilstationäre Einrichtung„ bezeichnet sei, handele es sich um ambulante Hilfsangebote. Der Einrichtungstyp “teilstationäres Wohnen„ sei seinerzeit in Schleswig-Holstein landesintern aus Gründen der Kostenträgerschaft geschaffen worden. Die Bezeichnung als teilstationäres Angebot ändere dabei jedoch nichts an dem ambulanten Charakter der erbrachten Betreuungsleistungen. Dies ergebe sich auch daraus, dass in den Leistungsvereinbarungen klargestellt werde, dass die Leistungsberechtigten in der Regel mit dem Einrichtungsträger einen entsprechenden Mietvertrag abschlössen und die Mietkosten für den persönlich genutzten Wohnraum gesondert, z. B. von den Leistungsberechtigen selbst oder dem örtlichen Sozialhilfeträger, übernommen würden. Die Bereitstellung von Wohnraum sei also nicht Bestandteil der Leistungsvereinbarung. Dies sei auch in der Wohngruppe “L...„ der Fall.
Mit Schreiben vom 1. November 2006 teilte der Beklagte mit, dass dem Antrag auf Kostenerstattung nicht entsprochen werden könne. Er begründete dies damit, dass es sich bei der Einrichtung “L...„ nicht um eine ambulante Einrichtung im Sinne von § 98 Abs. 5 SGB XII, sondern um eine teilstationäre Einrichtung handele und deshalb die Klägerin der zuständige Sozialhilfeträger gemäß § 98 Abs. 1 Satz 1 SGB XII sei. Der Gesetzgeber habe in § 13 SGB XII bewusst eine Unterscheidung in Leistungen außerhalb von Einrichtungen (ambulante Leistungen) und in teilstationären oder stationären Einrichtungen vorgenommen.
Nachdem die Klägerin den Beklagten nochmals zur Kostenerstattung aufgefordert hatte, lehnte dieser mit Schreiben vom 16. Dezember 2008 unter Bezugnahme auf das bereits entsandte Ablehnungsschreiben im November 2006 erneut die Kostenerstattung ab. Nachdem das Betreuungsverhältnis zwischen der Hilfeempfängerin und der Einrichtung “L...„ mit dem 12. April 2010 beendet worden war, erfolgte keine weitere Kostenübernahme über das vorgenannte Datum hinaus seitens der Klägerin gegenüber der Einrichtung “L...„.
Die Klägerin hat am 30. Dezember 20...