Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Eingliederungshilfe. Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft. Kosten einer Begleitperson. Erforderlichkeit der Begleitung im Zusammenhang mit einer Maßnahme der Eingliederungshilfe. Benutzung eines Kraftfahrzeuges. Angewiesensein auf die Benutzung
Orientierungssatz
Kosten einer Begleitperson sind vom Sozialhilfeträger gemäß § 22 BSHG§47V nur dann zu übernehmen, wenn eine Maßnahme der Eingliederungshilfe die Begleitung des behinderten Menschen erfordert. Dies ist dann nicht der Fall, wenn die Begleitperson im Zusammenhang mit der Benutzung eines Kraftfahrzeuges (beim Ein- und Aussteigen sowie beim Ein- und Ausladen eines Rollstuhls) benötigt wird, der behinderte Mensch auf die Benutzung dieses Kraftfahrzeuges aber nicht angewiesen ist.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Itzehoe vom 28. Mai 2014 wird zurückgewiesen.
Die außergerichtlichen Kosten des Klägers sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt vom Beklagten die Übernahme der Kosten für eine Begleitperson im Zusammenhang mit der Nutzung seines Kraftfahrzeugs (Kfz).
Der am … 1956 geborene Kläger leidet infolge eines Motorradunfalls im Jahr 2002 u.a. an einer kompletten Querschnittslähmung unterhalb D10 mit neurogener Blasen- und Darmentleerungsstörung. Er verfügt über einen Schwerbehindertenausweis mit einem Grad der Behinderung von 100 und den Merkzeichen “H„, “G„, “B„ und “aG„.
Der Beklagte gewährte dem Kläger - nach einem vorausgegangenen Gespräch am 20. Juli 2007 - mit Bescheid vom 21. November 2007 für den Kauf eines gebrauchten Pkw (Volvo V70, angeboten von der Firma T_ Automobile) einen Zuschuss in Höhe von 7.000,00 Euro gemäß §§ 53, 54 Sozialgesetzbuch, Zwölftes Buch (SGB XII), i.V.m. § 55 Sozialgesetzbuch, Neuntes Buch (SGB IX), im Rahmen der Eingliederungshilfe. Außerdem würden die ungedeckten Kosten für den behindertengerechten Umbau des gleichen Fahrzeugs auf Handbetrieb für Gas und Bremse gemäß
§§ 53, 54 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX übernommen. Das Angebot der Firma S… GmbH vom 21. September 2007 sei insoweit Bestandteil dieser Kostenzusage. Bei dieser Kostenzusage handele es sich um eine Einzelfallentscheidung. “Weitergehende Ansprüche auf Übernahme von Kosten, die […] durch den Betrieb„ des Fahrzeugs entstünden, würden nicht übernommen.
Wie beabsichtigt erfolgte der Ankauf und Umbau des Fahrzeugs, das vom Kläger in der Folgezeit genutzt wurde. Der Kläger beantragte mit Datum vom 19. November 2010 beim Beklagten die Übernahme der Kosten für eine personelle Unterstützung im Umfang von ca. 50 Stunden in der Woche.
Der Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 7. Mai 2012 ab. Bei der vom Kläger begehrten personellen Unterstützung handele es sich dem Grunde nach um eine Begleitperson. Die Übernahme der Kosten für eine Begleitperson sei dem Kläger bereits im Jahr 2008 verwehrt worden. Auf das Urteil des Sozialgerichts Itzehoe vom 28. Mai 2010 zum Aktenzeichen S 15 SO 41/09 werde zur Begründung verwiesen.
Gegen den Bescheid vom 7. Mai 2012 erhob der Kläger am 15. Mai 2012 Widerspruch. Die Assistenz oder Hilfsperson solle es ihm ermöglichen, außerhalb des Nahbereichs am Leben in der Gemeinschaft teilzunehmen und seine sozialen Kontakte aufrecht zu erhalten. Er habe bereits auf diverse Aufgaben der Eingliederungshilfe hingewiesen. Er sei nicht in der Lage, sich außerhalb des Kfz ohne Fremdhilfe fortzubewegen, soweit dies Strecken von mehr als 150 m betreffe, auch nicht mit dem Rollstuhl. Er verweise auf die ihm zuerkannten Merkzeichen “aG„ und “H„. Er sei bei Fahrten außerhalb des Nahbereichs in der Freizeit auf die Mitnahme seines Aufrichtrollstuhls “Life Stand„ angewiesen, was ihm allein nicht möglich sei.
Den Widerspruch des Klägers wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom
13. August 2012 als unbegründet zurück, unter erneuter Bezugnahme auf das Urteil des Sozialgerichts Itzehoe vom 28. Mai 2010 (S 15 SO 41/09). Eine gesundheitliche Verschlechterung, die das Vorhandensein einer Begleitperson bei der Pkw-Nutzung erforderlich mache, liege nicht vor.
Gegen den Widerspruchsbescheid hat der Kläger am 27. August 2012 Klage erhoben. Aufgrund der ständig fortschreitenden gesundheitlichen Einschränkungen sei ein selbstständiges Ein- und Ausladen des Rollstuhls nicht mehr möglich, zumal seitens des Beklagten auch Hilfen beim Ein- und Aussteigen abgelehnt worden seien, zum Beispiel der Einbau einer Verlängerung des Sitzes, damit ein Übersteigen vom Rollstuhl in den Wagen problemlos möglich und die entsprechende Lücke ausgefüllt sei. Er - der Kläger - leide zunehmend unter einer Erkrankung im linken Schulterbereich (Schleimbeutelentzündung), einer Spastik im Bereich des Bauchs und weiteren Einschränkungen, die ihm die Handhabung des Rollstuhls beim Ein- und Ausladen nicht mehr möglich machten. Eine Hilfe könne auch nicht auf wenige Minuten beschränkt werden, da es wenig Sinn mache, wenn beim Start zu einem Ausflug,...