Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren: Bestreiten des Zugangs bei schlichter Bekanntgabe der Ladung zur mündlichen Verhandlung
Orientierungssatz
Das Gericht kann nach freiem Ermessen die Form der Zustellung wählen, um den Nachweis der Bekanntgabe der Ladung sicherzustellen und so den Vorwurf der Verletzung rechtlichen Gehörs rechtssicher auszuräumen. Dies bedeutet aber nicht, dass in allen anderen Fällen der schlichten Bekanntgabe der Ladung von einer nicht ordnungsgemäßen Ladung auszugehen ist, wenn ein Beteiligter behauptet, die Ladung nicht erhalten zu haben. Vielmehr ist in diesen Fällen im Wege des Freibeweises festzustellen, ob diese Behauptung zutrifft (LSG München, 1. Februar 2010, L 2 R 312/09 B; vgl. auch LSG Halle (Saale), 2. September 2013, L 2 AS 816/13 B).
Normenkette
SGB II § 40 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 5; SGB X § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 2, Abs. 4 S. 2, § 33 Abs. 1, § 50 Abs. 1; SGB III § 330 Abs. 2, § 335 Abs. 1, 5; SGG § 110 Abs. 1 S. 1, § 54 Abs. 1 S. 1, § 63 Abs. 1 S. 2
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Schleswig vom 20. September 2012 wird zurückgewiesen.
Kosten sind für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Rücknahme- und Erstattungsbescheides wegen Arbeitslosengeld II für den Zeitraum 1. Januar 2005 bis 31. März 2006.
Der am … 1973 geborene Kläger bezog im Zeitraum vom 1. Januar 2005 bis 31. März 2006 gemeinsam mit seiner damaligen Ehefrau I. Ö…, geboren am … 1976, beim Beklagten laufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Der Kläger und seine Ehefrau lebten in einer ca. 41 qm großen Mietwohnung, für die eine Gesamtmiete von monatlich 258,00 EUR (Kaltmiete 156,00 EUR, Betriebskosten 65,00 EUR, Heizkosten 31,00 EUR, Zuschlag Carport 10,00 EUR) zu zahlen war.
Der Kläger hatte erstmals am 9. Oktober 2004 für sich und seine Ehefrau Arbeitslosengeld II beantragt. Im Antragsformular gab er an, dass weder er noch seine Partnerin über Vermögen verfüge, das den Wert von 4.850,00 EUR je Person (bei Partnern insgesamt 9.700,00 EUR) übersteige. Auf den Antrag vom 9. Oktober 2004 gewährte der Beklagte dem Kläger und seiner Ehefrau mit Bescheid vom 25. November 2004 für den Zeitraum 1. Januar bis 31. August 2005 Arbeitslosengeld II in Höhe von monatlich 860,00 EUR und berücksichtigte dabei neben den Regelleistungen in Höhe von jeweils 311,00 EUR Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von 238,00 EUR. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 7 f. der Leistungsakte Bezug genommen. Zusätzlich zu den bewilligten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zahlte der Beklagte im Zeitraum Januar bis September 2005 Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung in Höhe von 125,01 EUR und zur sozialen Pflegeversicherung in Höhe von 14,86 EUR an die AOK Schleswig-Holstein.
Auf den Folgeantrag vom 16. August 2005 gewährte der Beklagte dem Kläger und seiner Ehefrau mit Bescheid vom 18. August 2005 Arbeitslosengeld II in zunächst identischer Höhe auch für den Zeitraum 1. September 2005 bis 28. Februar 2006, nachdem der Kläger Änderungen in den Vermögensverhältnissen verneint hatte. Wegen der Einzelheiten wird auf den Bewilligungsbescheid (Bl. 27 der Leistungsakte) Bezug genommen.
Nachdem die Ehefrau des Klägers einen Arbeitsvertrag über ein Beschäftigungsverhältnis als Bedienung mit einem monatlichen Bruttogehalt von 600,00 EUR beginnend ab 1. September 2005 und die erste Gehaltsabrechnung beigebracht hatte, die bei einem Bruttoverdienst von 600,00 EUR einen Auszahlungsbetrag von 504,86 EUR bescheinigte (Bl. 32 der Leistungsakte), änderte der Beklagte die Bewilligungsentscheidung vom 18. August 2005 mit Bescheid vom 21. Oktober 2005 ab und bewilligte dem Kläger und seiner Ehefrau Arbeitslosengeld II in Höhe von insgesamt monatlich 555,14 EUR für die Zeit vom 1. Oktober 2005 bis 28. Februar 2006. Dabei legte er ein zu berücksichtigendes Einkommen der Ehefrau von monatlich 304,86 EUR zugrunde. Beitragszahlungen an die AOK Schleswig-Holstein übernahm er nunmehr (seit Oktober 2005) in Höhe von 39,21 EUR für die gesetzliche Krankenversicherung und von 4,66 EUR für die soziale Pflegeversicherung.Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 33-38 der Leistungsakte Bezug genommen.
Mit Bescheid vom 15. März 2006 bewilligte der Beklagte dem Kläger und seiner Ehefrau auf den Fortzahlungsantrag vom 6. März 2006 mit Bescheid vom 15. März 2006 Arbeitslosengeld II für den Monat März in Höhe von 555,14 EUR. Dabei legte er weiterhin ein Einkommen der Ehefrau des Klägers in Höhe von 600,00 EUR zugrunde, obwohl diese mit dem Folgeantrag angegeben hatte, seit November 2005 nur noch geringfügig beschäftigt zu sein und monatlich nur noch 300,00 EUR zu verdienen.
Bereits im Herbst 2005 hatte der Beklagte von strafrech...