Entscheidungsstichwort (Thema)

Kassenärztliche Vereinigung. Plausibilitätsprüfung. Nebeneinanderabrechnung des Ordinationskomplexes (Ziffer 18210 bis 18212 EBM-Ä 2005) und der Gesprächsleistung (Ziffer 18220 EBM-Ä 2005). Mindestzeit für den Arzt-Patienten-Kontakt von 20 Minuten. Einstellung in die Prüfung nach Tageszeitprofilen

 

Orientierungssatz

Es ist nicht rechtsfehlerhaft, nach einer Berechnung des Tageszeitprofils mit den Prüfzeiten im Sinne von Anhang 3 EBM (juris: EBM-Ä 2005) in die Berechnung weiterer Tageszeitprofile den Zeitaufwand für die gleichzeitige Abrechnung der Ziffer 18210 bis 18212 EBM und der Ziffer 18220 EBM von insgesamt 20 Minuten einzustellen.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 24.10.2018; Aktenzeichen B 6 KA 44/17 R)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Kiel vom 30. Januar 2014 wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens.

3. Der Streitwert wird auf 74.855,33 EUR festgesetzt.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über eine sachlich-rechnerische Berichtigung von Leistungen nebst Rückforderung.

Der Kläger ist seit Anfang 1999 als Facharzt für Orthopädie zur vertragsärztlichen Versorgung in H... zugelassen.

Die Beklagte unterzog die Abrechnungen des Klägers für die Quartale I/2006 bis IV/2007 einer sachlich-rechnerischen Prüfung. Grundlage der Prüfung waren zunächst die Tages- und Quartalszeitprofile. Die Beklagte berechnete die Tagesarbeitszeit des Klägers für diese Quartale auch unter Berücksichtigung der Kombination eines Ordinationskomplexes (GOP 18210 bis 18212 Einheitlicher Bewertungsmaßstab - EBM) und der Beratungsleistung (GOP 18220 EBM mit einer Leistungszeit “plus 10 Minuten„). Dadurch wurde für die Nebeneinanderabrechnung dieser beiden Leistungen an einem Tag eine Gesamtzeit von 20 Minuten in die Berechnung der Tagesarbeitszeit eingestellt.

Der Plausibilitätsausschuss teilte dem Kläger am 20. Oktober 2008 seine Berechnungen mit und bat ihn um Stellungnahme. Er - der Kläger - habe im Quartal I/2006 die Tageszeitobergrenze von 12 Stunden an 3 Tagen überschritten. Bei Berücksichtigung der Mindestzeitvorgabe von 20 Minuten für die Nebeneinanderabrechnung von Ordinationskomplex (GOP 18210 bis 18212 EBM) und Beratungsleistung (GOP 18220 EBM) bei der Berechnung der Tageszeitprofile habe er an 28 Tagen Arbeitszeiten von mehr als 12 Stunden gehabt (13. März 2016 ≫ 17 Stunden). Auch in jedem der Quartale II/2006 bis IV/2007 habe er an einer aufgelisteten zweistelligen Anzahl von Tagen eine Arbeitszeit von mehr als 12 Stunden absolviert. Daher werde vermutet, er habe die geforderte Mindestzeit bei der Nebeneinanderabrechnung von Ordinationskomplex und Beratungsleistung am selben Behandlungstag nicht erfüllt.

In seiner Stellungnahme vom 27. Oktober 2008 teilte der Kläger mit, die von ihm verwendete Software M… habe ihm keine Zeitüberschreitung angezeigt. Es sei daher für ihn unerklärlich, wie die Beklagte eine Zeitüberschreitung errechnen könne. Er habe seine Helferin bereits angewiesen, an den Spitzentagen wie Montag und Donnerstag Ziffern herauszunehmen. Trotz durchgeführter Therapie habe er die Ziffern häufig nicht angesetzt.

Nach Prüfung und Beschlussfassung des Plausibilitätsausschusses setzte die Beklagte mit Bescheid vom 22. Juni 2010 eine sachlich-rechnerische Korrektur der Honorarbescheide für die Quartale I/2006 bis IV/2007 über insgesamt 74.855,33 EUR fest. Dieser Betrag beruhte auf der Streichung der Beratungsleistungen nach der GOP 18220 EBM in den Fällen, in denen sie neben dem Ordinationskomplex am selben Behandlungstag zur Abrechnung gelangt sind. Die Beklagte erläuterte die Aufgreifkriterien - Überschreitung von 12 Stunden Arbeitszeit an mehr als zwei Tagen. Dabei werde z. B. der Zeitaufwand zur Behandlung von Privatpatienten, von Leistungen im organisierten Notfalldienst, von bestimmten unvorhergesehenen Inanspruchnahmen etc. nicht berücksichtigt. Ebenso flössen die Besuche von Pharmavertretern, Besprechungen mit den Arzthelferinnen und Pausen in die zeitliche Bewertung nicht ein. In den Quartalen I/2006 bis IV/2007 habe der Kläger an der aufgelisteten Anzahl von Tagen die Tagesarbeitszeit überschritten. Er habe die GOP 18220 EBM auf 100 Fälle bezogen mit 143,2mal deutlich häufiger abgerechnet als die Vergleichsgruppe mit 45,8mal bezogen auf 100 Fälle. Auffällig sei auch die Häufigkeit der Nebeneinanderabrechnung von der Beratungsziffer nach der GOP 18220 EBM und einem Ordinationskomplex. Sie - die Beklagte - gehe davon aus, dass dem Kläger die zu erbringende Mindestzeit von 20 Minuten nicht bewusst gewesen sei und er sie daher nicht eingehalten habe. Ihr stehe ein weites Schätzungsermessen zur Neufestsetzung des Honoraranspruchs zu, wenn nur eine einzige der abgerechneten Leistungen grob fahrlässig fehlerhaft abgerechnet worden sei und damit die Abrechnungssammelerklärung ihre Garantiewirkung für die Richtigkeit der gesamten Abrechnung verliere. Auf die Fehlabrechnung einzeln...

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