rechtskräftig: nein
Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommen. Anrechenbarkeit. Kindergeld. Verfassungsmäßigkeit. Arbeitslosengeld. Zweckbestimmte Einnahme. Existenzminimum. Unterhaltsanspruch. Bereite Mittel. Bedarfsgemeinschaft. Ehegatte. Wirtschaften „aus einem Topf”
Leitsatz (amtlich)
1. Arbeitslosengeld I, das für Monatsteile zufließt, wird als laufendes Einkommen für den gesamten Monat angerechnet.
2. Kindergeld für volljährige Kinder war jedenfalls bis zum 30.09.2005 dem Kindergeldberechtigten als Einkommen zuzuordnen, es sei denn, die Auszahlung erfolgt nach § 74 EStG an das Kind.
3. Einkommen des mit dem Antragsteller in einer Bedarfgemeinschaft zusammenlebenden Ehegatten ist anzurechnen; die Anrechenbarkeit verstößt nicht gegen Art 3 und Art 6 GG.
Normenkette
SGB II §§ 9, 11, 41; EStG § 74; GG Art. 3, 6; SGB II § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, Abs. 3 Nr. 3, § 9 Abs. 2, § 11 Abs. 1 S. 1, § 41 Abs. 1; SGB II a.F. § 11 Abs. 1 S. 3, Abs. 2 S. 1 Nrn. 7-8, Abs. 3 Nr. 1a; Alg-II-V § 1 Abs. 1 Nr. 8; Alg-II-V a.F. § 2 Abs. 2 S. 1; SGB III § 337 Abs. 2; EStG § 62; BKGG § 1; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1
Verfahrensgang
SG Schleswig (Urteil vom 27.04.2006; Aktenzeichen S 5 AS 290/05) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 27. April 2006 wird zurückgewiesen.
Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe der dem Kläger für die Zeit vom 20. Januar bis zum 31. Mai 2005 zu gewährenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB II).
Der … 1942 geborene Kläger lebt mit seiner 1952 geborenen Ehefrau und seiner … 1991 geborenen Tochter B. in einem gemeinsamen Haushalt. Neben dem Kindergeld für B. (154,00 EUR) erhielt er im streitbefangenen Zeitraum (1. Januar bis 31. Mai 2005) auch Kindergeld für drei seiner außerhalb wohnenden, in Hochschulausbildung befindlichen volljährigen Söhne (487,00 EUR). Für den Zeitraum vom 1. bis zum 19. Januar 2005 bezog er von der Bundesagentur für Arbeit noch Arbeitslosengeld in Höhe von 875,52 EUR (= 318,64 EUR wöchentlich = 45,52 EUR täglich). Seine Ehefrau erzielte Einkommen aus geringfügiger Beschäftigung in Höhe von 400,00 EUR brutto/netto monatlich.
Mit Bescheid vom 10. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. April 2005 lehnte die Beklagte die Gewährung von Leistungen für Januar 2005 ab. Dabei ging sie von einem Bedarf der Bedarfsgemeinschaft in Höhe von 1.115,66 EUR (Regelsätze für den Kläger und seine Ehefrau in Höhe von jeweils 311,00 EUR, Sozialgeld für B. in Höhe von 207,00 EUR, Mehrbedarf Ernährung für den Kläger in Höhe von 51,13 EUR, Unterkunfts- und Heizungsbedarf in Höhe von 235,53 EUR) und anrechenbarem Einkommen in Höhe von 1.781,98 EUR (Arbeitslosengeld des Klägers in Höhe von 864,88 EUR, Kindergeld in Höhe von 634,75 EUR, anrechenbares Einkommen der Ehefrau des Klägers in Höhe von 282,35 EUR) aus. Auf den Berechnungsbogen zum Bescheid vom 10. Dezember 2004 (Bl. 38 Gerichtsakte) wird Bezug genommen. Mit weiterem Bescheid vom 10. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. April 2005 bewilligte die Beklagte dem Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Höhe von 445,31 EUR für Februar 1995 und in Höhe von 502,31 EUR für die Zeit ab März bis Mai 2005. Dabei berücksichtigte sie eine Erhöhung des Bedarfs der Tochter B. (von 207,00 EUR auf 276,00 EUR) infolge der Vollendung des 14. Lebensjahres zum 26. Februar 2005 und den Wegfall des Arbeitslosengeldbezuges des Klägers. Ferner gewährte sie den befristeten Zuschlag nach § 24 SGB II. Auf die Berechnungsbögen zum Bescheid vom 10. Dezember 2004 (Bl. 30 ff. Gerichtsakte) sowie die Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 26. April 2005 wird Bezug genommen.
Mit seiner am 27. Mai 2005 bei dem Sozialgericht Schleswig erhobenen Klage hat der Kläger höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II begehrt. Zur Begründung hat er im Wesentlichen vorgetragen:
Die Berücksichtigung des vom 1. bis zum 19. Januar 2005 bezogenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 864,88 EUR sei rechtswidrig. Der Bewilligungszeitraum habe erst am 20. Januar 2005 begonnen. Da er in diesem kein Arbeitslosengeld mehr bezogen habe, stehe ihm für die Zeit vom 20. bis zum 31. Januar 2005 ein anteiliger Anspruch auf Arbeitslosengeld II zu.
Rechtswidrig sei es ferner, dass die Beklagte zwar das Kindergeld für seine drei auswärts studierenden Söhne als sein Einkommen berücksichtigt, jedoch nicht zumindest einen Unterhaltsbedarf der Söhne in gleicher Höhe gegengerechnet habe. Die Kindergeldgewährung setze voraus, dass das Einkommen des Kindes unterhalb von 7.680,00 EUR jährlich liege. Aus diesem Grunde habe die Beklagte ohne weitere Prüfung davon auszugehen, dass das Kindergeld zur Sicherung des Lebensunterhalts der Söhne notwendig sei ...