Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgeldanspruch des minderjährigen Kindes für Aufenthaltstage beim getrennt lebenden Elternteil zur Wahrnehmung des Umgangsrechts. Einkommensberücksichtigung. Unterhaltsvorschuss. Kindergeld. Arbeitslosengeld II. Mehrbedarf bei Alleinerziehung. Aufteilung bei nachhaltiger Entlastung des betreuenden Elternteils. kein ausreichender zeitlicher Umfang. kein Leistungsbezug des betreuenden Elternteils. verfassungskonforme Auslegung
Orientierungssatz
1. Ein minderjähriges Kind hat für Aufenthaltstage in der temporären Bedarfsgemeinschaft mit dem - im Leistungsbezug nach SGB 2 stehenden - umgangsberechtigten Elternteil dem Grunde nach Anspruch auf Sozialgeld. Leistet der andere Elternteil für die Tage des Aufenthalts beim umgangsberechtigten Elternteil keinerlei Geldzahlungen, so kommt eine Berücksichtigung von Einkommen (hier Kindergeld und Unterhaltsvorschuss) mangels bereiter Mittel nicht in Betracht.
2. Eine nachhaltige Entlastung des betreuenden Elternteils und damit eine Teilung des Mehrbedarfs für Alleinerziehende nach § 21 Abs 3 SGB 2 kann unter Berücksichtigung des Monatsprinzips nur angenommen werden, wenn bei monatlicher Betrachtung der andere Elternteil die Betreuung des Kindes mindestens für die Hälfte des Monats und in größeren, mindestens eine Woche umfassenden Intervallen sicherstellt. Unter verfassungskonformer Auslegung bestehen keine Bedenken die Rechtsprechung des BSG zum Mehrbedarf für Alleinerziehende beim sog Wechselmodell auch auf die Fallgestaltungen zu übertragen, in denen der das Kind überwiegend betreuende Elternteil nicht im Leistungsbezug nach dem SGB 2 steht.
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin zu 2) und des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 4. Februar 2009 abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 30. November 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 9. Mai 2006 verurteilt, der Klägerin zu 2) für die Zeit vom 18. Dezember 2005 bis zum 31. Dezember 2005, vom 1. Januar 2006 bis zum 7. Januar 2006, vom 29. Januar bis zum 31. Januar 2006, vom 1. Februar 2006 bis zum 11. Februar 2006, vom 19. März 2006 bis zum 25. März 2006 und vom 9. April 2006 bis zum 22. April 2006 Sozialgeld in Höhe von 6,90 EUR pro Tag zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehenden Berufungen der Kläger sowie des Beklagten werden zurückgewiesen.
Der Beklagte erstattet den Klägern die Hälfte der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits einschließlich des Beschwerdeverfahrens wegen der Nichtzulassung der Revision.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Kläger höhere Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch, Zweites Buch (SGB II), für den Zeitraum von November 2005 bis April 2006 beanspruchen können.
Der auf F... lebende, 1950 geborene Kläger zu 1) ist Vater der im Jahre 2003 geborenen Klägerin zu 2), die überwiegend bei ihrer Mutter in B... lebt. An die Kindesmutter werden das Kindergeld in Höhe von 154,00 EUR und seit dem 1. August 2005 Unterhaltsvorschussleistungen in Höhe von monatlich 111,00 EUR (Bescheid vom 27. Oktober 2005) gezahlt. Die die elterliche Sorge gemeinsam ausübenden Eltern gingen nach einer Verhandlungsniederschrift vom 12. April 2006 davon aus, dass die Klägerin zu 2) sich zu 60 % des Jahres bei ihrer Mutter und zu 40 % des Jahres bei dem Kläger zu 1) aufhalte. In der Verhandlungsniederschrift ist weiter aufgeführt, dass die Klägerin zu 2) in B... den Kindergarten besuche, wenn dies mit den Arbeitszeiten der Kindesmutter vereinbar sei. Diese lebe unabhängig vom Arbeitslosengeld II. Die Klägerin zu 2) werde entweder von ihrer Mutter mit dem Zug zum Kläger zu 1) gebracht und wieder abgeholt; diese Fahrkosten bestreite die Kindesmutter, oder der Kläger zu 1) hole seine Tochter mit dem Kfz ab und fahre sie wieder zurück nach B...; dafür stelle ihm seine Mutter ein Kfz zur Verfügung und trage dann auch die Fahrkosten.
Der Kläger zu 1) bezieht seit dem 1. Januar 2005 Leistungen nach dem SGB II (Bescheide vom 11. Januar 2005 und vom 18. Mai 2005). Auf den Fortzahlungsantrag vom 6. Oktober 2005 bewilligte der Beklagte bzw. seine Rechtsvorgängerin, die Arbeitsgemeinschaft Kreis Ostholstein (im Folgenden einheitlich “der Beklagte„) dem Kläger zu 1) mit Bescheid vom 30. November 2005 für den Zeitraum vom 1. November 2005 bis zum 30. April 2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Höhe von 790,00 EUR monatlich (Regelleistung 345,00 EUR sowie Kosten der Unterkunft 445,00 EUR) ohne anteiliges Sozialgeld für die Klägerin zu 2). Mit seinem Widerspruch vom 22. Dezember 2005 begehrte der Kläger zu 1) die Gewährung eines anteiligen Sozialgeldes für die Klägerin zu 2) in Höhe von 103,50 EUR monatlich, da die Klägerin zu 2) sich regelmäßig über ein Drittel des Monats, im Durchschnitt für 2 Wochen im Monat in seinem Haushalt aufhalte. Mit Widerspruchsbescheid vom 9....