Entscheidungsstichwort (Thema)
Abrechnung. Gynäkologe. Sonographieleistung. Schwangerschaftsbetreuung
Leitsatz (amtlich)
Nr 378 EBM ist nach Fußnote 2 zu Nr 100 EBM nur dann von der Abrechnung ausgeschlossen, wenn die sonographischen Leistungen während der vom Arzt festgestellten Schwangerschaft neben den Betreuungsleistungen der Nr 100 EBM erbracht werden. Der Ausschluß bezieht sich nicht zwingend auf das gesamte Quartal.
Tenor
Auf die Berufung der Kläger werden das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 5. November 1997 und der Bescheid der Beklagten vom 17. Juni 1996 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 5. November 1996 abgeändert.
Die Beklagte wird verpflichtet, die Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats hinsichtlich der im Quartal I/96 erbrachten Leistungen nach der Ziffer 378 EBM neben der Ziffer 100 EBM neu zu bescheiden.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat den Klägern ein Drittel von deren außergerichtlichen Kosten für beide Rechtszüge zu erstatten.
Die Kläger haben zwei Drittel der Kosten der Beklagten zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Kläger neben der Nr. 100 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs (EBM) sonographische Untersuchungen nach der Nr. 378 EBM abrechnen durften.
Die Kläger sind als Gynäkologen in T niedergelassen und zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Mit Bescheid vom 17. Juni 1996 kürzte die Beklagte die Primär- und Ersatzkassenabrechnung des Quartals I/96 der Kläger, indem sie die Sonographieleistungen, die den Urogenitalbereich betrafen, bei der Abrechnung teilweise unberücksichtigt ließ. Zur Erläuterung führte sie aus, neben den Leistungen nach der Nrn. 100 bis 108 EBM seien solche sonographischen Untersuchungen nicht berechnungsfähig. Das ergebe sich aus der 2. Fußnote zur Nr. 100 EBM. Somit könnten gemäß den Allgemeinen Bestimmungen A I. 1., wonach eine Leistung dann nicht berechnungsfähig sei, wenn sie Teil des Leistungsinhalts einer anderen berechnungsfähigen Leistung sei, Leistungen nach Nr. 378 EBM nicht neben Leistungen nach der Nr. 100 EBM in demselben Behandlungsfall berechnet werden. Hiergegen legten die Kläger Widerspruch ein, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 5. November 1996 zurückwies.
Hiergegen haben die Kläger am 26. November 1996 Klage erhoben und zur Begründung vorgetragen: Die Beklagte habe sämtliche sonographische Untersuchungen aus der Abrechnung in den Fällen gestrichen, in denen sie, die Kläger, gleichzeitig eine Mutterschaftsvorsorge gemäß Nr. 100 EBM abgerechnet hätten. Hierbei habe es sich in der Regel um solche Fälle gehandelt, in denen sie eine sonographische Untersuchung des Urogenitaltraktes vor Feststellung einer Schwangerschaft vorgenommen hätten, z.B. zum Ausschluß eines Tumors, einer Ovarialzyste oder eines Myoms an der Gebärmutter oder in Fällen der Sterilitätsbehandlung. In vereinzelten Fällen hätten sie eine sonographische Untersuchung bei einer bereits tatsächlich vorhandenen, aber noch nicht festgestellten Schwangerschaft vorgenommen, z.B. zum Ausschluß einer Bauchhöhlenschwangerschaft. Die Auffassung der Beklagten sei unzutreffend. Werde eine Patientin aus kurativen Gründen vor Beginn oder nach Beendigung einer Schwangerschaft im gleichen Quartal sonographisch untersucht, handele es sich nicht um "denselben Behandlungsfall" im Sinne dieser Anmerkung. Was unter "demselben Behandlungsfall" zu verstehen sei, ergebe sich nicht aus dem EBM. Daß die Begriffe Behandlung und Betreuung nicht dasselbe bedeuteten, folge aus § 2 Abs. 2 Bundesmanteltarifvertrag-Ärzte (BMV-Ä) und § 2 Abs. 1 Ersatzkassenvertrag-Ärzte (EKV-Ä). Dort werde nämlich zwischen ärztlicher Behandlung, ärztlicher Betreuung bei Schwangerschaft und Mutterschaft und ärztlichen Leistungen und medizinischen Maßnahmen differenziert. Die Definition des "Behandlungsfalls" finde sich in § 21 Abs. 1 BMV-Ä. Als solcher gelte die gesamte von demselben Vertragsarzt innerhalb desselben Kalendervierteljahres an demselben Kranken ambulant zu Lasten derselben Krankenkasse vorgenommene Behandlung. Eine Schwangere sei jedoch nicht krank, so daß der Behandlungsfall in Nr. 100 EBM eine andere Bedeutung haben müsse. Diese Auffassung werde bestätigt durch das SG Potsdam. Eine sonographische Untersuchung aus kurativen Gründen müsse auch dann abrechenbar sein, wenn sie nach Beendigung der Schwangerschaft erfolge. Es könne keinen Unterschied machen, ob eine Sonographie zur Diagnose oder zum Ausschluß einer Erkrankung vor Beginn oder nach Beendigung der Schwangerschaft erfolge, wenn diese mit der Schwangerschaft in keinem Zusammenhang stünde. Der Ausschluß der Abrechnung der sonographischen Untersuchung aus kurativen Gründen mache nur dann einen Sinn, wenn man ihn zeitlich auf die Dauer der Schwangerschaft beschränke. Nur diese Auslegung stehe auch im Einklang mit dem BMV-Ä und EKV-Ä. Das Ergebnis, zu der die Beklagte mit ihrer Auslegung kommen könne, sei dann widersinnig, wenn etwa ein Arzt...