Orientierungssatz
1. Bei der Bedürftigkeitsprüfung zur Gewährung von Arbeitslosenhilfe sind Sachen und Rechte als Vermögen zu berücksichtigen, soweit ihre Verwertung nicht offensichtlich unwirtschaftlich ist. Dies ist immer dann zu verneinen, wenn deren Rückkaufswert die Summe der einbezahlten Beiträge übersteigt.
2. Die Verwertung der Lebensversicherung kann auch dann nicht verlangt werden, wenn sie für den Betroffenen unbillig hart wäre. Ein Härtefall liegt nicht schon darin, dass sich der Arbeitslose angesichts seines Alters keine weiter gehende Altersvorsorge mehr aufbauen kann.
3. Überschreitet der für den Arbeitslosen maßgebliche Freibetrag das anzusetzende Vermögen, ist mangels einzusetzenden Vermögens Bedürftigkeit gegeben.
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 15. November 2005 und der Bescheid der Beklagten vom 5. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. April 2004 geändert.
Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin vom 21. Dezember 2003 bis 31. Oktober 2004 Arbeitslosenhilfe unter Berücksichtigung des erzielten Nebeneinkommens zu gewähren.
Die Beklagte hat der Klägerin die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin einen Anspruch auf Gewährung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) für die Zeit vom 21. Dezember 2003 bis 31. Oktober 2004 hat.
Die … 1950 geborene Klägerin ist seit dem 19. Juli 1974 mit dem … 1944 geborenen A-K.O. verheiratet. Die Klägerin hat von 1967 bis 1969 eine Ausbildung als Erzieherin erfolgreich durchlaufen und war in diesem Beruf zuletzt als Kindergartenleiterin bis 31. Juli 1992 beschäftigt. Vom 3. August 1992 bis 28. Januar 1994 nahm die Klägerin an einer beruflichen Fortbildungsmaßnahme zur staatlich anerkannten Heilpädagogin an der Fachschule für Heilpädagogik in R. erfolgreich teil und bezog während dieser Zeit Unterhaltsgeld. Ab 29. Januar 1994 bezog die Klägerin zunächst Arbeitslosengeld (Alg) und anschließend bis zum 13. Juli 1996 Alhi. Vom 15. Juli 1996 bis 28. Februar 2002 war die Klägerin als Heilpädagogin bei dem Verein für i.A. e. V. in K. beschäftigt. Anschließend bezog sie ab 1. März 2002 Alg bis zur Erschöpfung des Anspruchs am 20. Dezember 2003.
Am 21. November 2003 beantragte die Klägerin die Gewährung von Alhi ab 21. Dezember 2003. Sie gab an, dass ihr Ehemann und sie über zwei Kapitallebensversicherungen verfügten. Sie legte ein Schreiben der H.Lebensversicherung AG vom 15. Oktober 2003 vor, nach dem ihre dortige Lebensversicherung (Nr….) zum 1. November 2003 einen Rückkaufswert (einschließlich Überschussanteile) in Höhe von 21.524,90 EUR hatte. Ferner ergab sich aus einem Schreiben der A. Versicherungs-AG vom 7. Oktober 2003, dass die Lebensversicherung ihres Ehemanns (Nr….) zum 1. November 2003 einen Rückkaufswert von 36.823,80 EUR aufwies.
Mit Bescheid vom 5. Januar 2004 lehnte die Beklagte den Antrag auf Alhi ab. Zur Begründung führte sie aus: Die Klägerin verfüge gemeinsam mit ihrem Ehemann über ein Vermögen von 58.348,70 EUR, das verwertbar und dessen Verwertung zumutbar sei. Unter Berücksichtigung eines Freibetrages für die Klägerin in Höhe von 10.800,00 EUR und für ihren Ehegatten in Höhe von 31.200,00 EUR verblieben 16.348,70 EUR. Dieser Betrag sei bei der Prüfung der Bedürftigkeit zu berücksichtigen. Daher bestehe kein Anspruch auf Alhi.
Hiergegen erhob die Klägerin am 3. Februar 2004 Widerspruch. Zur Begründung gab sie an, dass die Lebensversicherungen der Alterssicherung dienten. Die Lebensversicherungen stellten eine „Riester ähnliche“ Anlage dar, denn nach dem Ablaufdatum werde der fällige Betrag der Lebensversicherungen in monatlichen Teilbeträgen in Form einer Rente gewährt und der fällige Betrag nicht als Einmalbetrag zur Auszahlung gebracht. Sie verfüge nicht über ausreichend anderweitige Versorgungsmöglichkeiten oder Vermögenswerte zur Alterssicherung. Nach den gegebenen Umständen sei bei Einsatz der Lebensversicherungen die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschwert oder gar unmöglich.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 28. April 2004 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass es der Klägerin zuzumuten sei, durch die Verwertung des Vermögens den Lebensunterhalt auf andere Weise als durch Alhi zu bestreiten. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Arbeitslosenhilfe-Verordnung (AlhiV) sei das gesamte verwertbare Vermögen der Klägerin und ihres Ehemanns zu berücksichtigen, soweit der Wert des Vermögens den Freibetrag übersteige. Nach § 1 Abs. 2 AlhiV betrage der Freibetrag 200,00 EUR je vollendetem Lebensjahr. Lediglich für Personen, die - wie ihr Ehemann - vor 1948 geboren seien, betrage der Freibetrag weiterhin 520,00 EUR je vollendetem Lebensjahr auf Grund der bestehenden Übergangsvorschrift. Daraus ergebe sich ein Freibetrag für die Klägerin (52 x 200,00 EUR = 10.800,00 EUR) und ihren Ehemann (60 x 520...