Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsärztliche Versorgung. Abrechnung von anästhesiologischen Leistungen nach Abschn 31.5.3 EBM-Ä 2008
Orientierungssatz
Die Regelung in Abschn 31.5.3 EBM-Ä 2008 lässt die Abrechnung von Anästhesien auch in den Fällen zu, in denen der Operateur zwar ein anderer Vertragsarzt ist, im konkreten Fall aber nicht über die jeweilige Kassenärztliche Vereinigung vertragsärztlich abrechnet.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beigeladenen gegen das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 9. November 2016 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Urteilstenor zu 1) klarstellend wie folgt gefasst wird:
Es wird festgestellt, dass der Kläger berechtigt ist, bei Vorliegen der Abrechnungsvoraussetzungen im Übrigen Anästhesieleistungen gemäß Kapitel 31 EBM abzurechnen, auch wenn der zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassene MKG-Chirurg zwar mit den Voraussetzungen des Kapitels 31 übereinstimmende Leistungen erbringt, diese jedoch nicht als vertragsärztliche Leistungen abrechnet.
Die Beigeladenen zu 1) bis 5) tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten im Rahmen einer Feststellungsklage über die Berechtigung des Klägers Anästhesieleistungen nach Kapitel 31 EBM abzurechnen, auch wenn der Operateur die von ihm erbrachten Leistungen nicht als vertragsärztliche Leistungen abrechnet.
Der Kläger ist als Anästhesist niedergelassener Vertragsarzt und führt Narkoseleistungen, insbesondere für Zahnärzte und Mund-Kiefer-Gesichts (MKG)-Chirurgen, durch. MKG-Chirurgen können aufgrund ihrer zumeist bestehenden Doppelzulassung als Vertragsärzte und als Vertragszahnärzte wählen, ob sie die in einem einheitlichen Behandlungsfall durchgeführten Operationsleistungen entweder nur als vertragsärztliche Leistungen über die Beklagte nach dem EBM oder nur als vertragszahnärztliche Leistungen über die kassenzahnärztliche Vereinigung (KZV) nach dem Bema-z abrechnen. Angesichts teilweise höherer Vergütungen der vertragszahnärztlichen Leistungen wählen Operateure oftmals den Abrechnungsweg über die KZV.
Die Beteiligten haben sich in dem abgeschlossenen Rechtsstreit L 4 KA 4/13 bzw. S 16 KA 19/10 für die Quartale I/08 und II/08 über die Abrechenbarkeit der von dem Kläger erbrachten anästhesiologischen Leistungen bei gleichzeitiger Abrechnung der jeweiligen Operateure über die KZV auseinandergesetzt.
In dem Verfahren vertrat die Beklagte die Ansicht, dass der Kläger, auch wenn ein MKG-Chirurg seine Operationsleistung nicht als vertragsärztliche Leistung abrechnet, die in diesem Zusammenhang erbrachten Anästhesien nach Kapitel 31 des EBM abrechnen könne. Der Kläger hatte indessen in den streitigen Quartalen Anästhesieleistungen, die im Zusammenhang mit Operationen erfolgt waren, die Zahnärzte oder MKG-Chirurgen über die KZV abgerechnet hatten, nach dem Kapitel 5 des EBM abgerechnet. Er begehrte in dem damaligen Rechtsstreit die Korrektur seiner Abrechnungen zu seinen Gunsten dahingehend, dass die betroffenen Leistungen nach Kapitel 31 EBM vergütet würden. Dieses Begehren hatte in erster Instanz keinen Erfolg. Das Sozialgericht wies die Klage mit der Begründung ab, die Honorarabrechnungsordnung (HAO) der Beklagten (dort § 7 Abs. 6 HAO) lasse eine nachträgliche Korrektur der bereits eingereichten Abrechnung nicht zu. Im Berufungsverfahren schlossen die Beteiligten in mündlicher Verhandlung vom 21. April 2015 einen Vergleich, in dem sich die Beklagte zur Nachvergütung der betroffenen Fälle nach Kapitel 31 EBM für das Quartal I/08 verpflichtete. Hintergrund war eine Ungewissheit, ab wann sich bei der Beklagten die Auffassung durchgesetzt hatte, dass in den beschriebenen Fällen eine Abrechnung nach Kapitel 31 EBM durch den Anästhesisten möglich und dies unter den Vertragsärzten auch kommuniziert worden ist.
Zeitnah dazu bat die Beklagte die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) mit einer E-Mail vom 3. Juli um Erläuterung der Vorschrift Nummer 31.5.3 EBM im Hinblick auf kassenzahnärztlich abgerechnete Operationen. Die KBV vertrat in ihrer Antwort vom 7. August 2015 die Auffassung, die Leistungen der Anästhesie und Narkose nach Abschnitt 31.5.3 EBM könnten nur im Rahmen der Durchführung von Leistungen des Abschnitts 31.2 abgerechnet werden. Der Begriff „entsprechend“ sei als „gemäß“ zu lesen und stehe im Zuordnungskontext der in den obligaten Leistungsinhalten aufgeführten Gebührenordnungspositionen. Sofern ein MKG-Chirurg den Abrechnungsweg über die KZV wähle, würden keine Leistungen des Abschnitts 31.2 EBM berechnet. Dann seien auch die Voraussetzungen zur Berechnung von Leistungen des Abschnitts 31.5.3 EBM seitens der Anästhesisten nicht gegeben.
In einem Newsletter vom 7. September 2015 wies die Beklagte ihre Mitglieder darauf hin, dass Anästhesien gemäß Kapitel 31.5.3 EBM nur abgerechnet werden könnten, wenn der Operateur nach Kapitel 31.2 EBM abrechne. Rechne de...