nicht rechtskräftig

 

Verfahrensgang

SG Lübeck (Entscheidung vom 25.09.2001; Aktenzeichen S 11 V 40/98)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 25. September 2001 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Verfahrens nach § 44 Sozialgesetzbuch (SGB), Zehntes Buch (X), darüber, ob der Kläger Anspruch auf die Anerkennung von Gesundheitsstörungen und auf Beschädigtenversorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) hat.

Der 1945 geborene Kläger beantragte erstmals im Dezember 1993 die Anerkennung gesundheitlicher Störungen und die Gewährung von Beschädigtenversorgung nach dem BVG. Er machte seelische Störungen und körperliche Schäden (Diabetes mellitus Typ II mit Durchblutungsstörungen der Beine, Amputation von Zehen und Polyneuropathie) geltend. Das schädigende Ereignis, das diese Gesundheitsstörungen verursacht habe, sei die Vergewaltigung seiner Mutter, Frau E S , geb. D , im März 1945 durch sowjetische Soldaten, bei der er selbst gezeugt worden sei.

Der Antrag wurde durch Bescheid vom 2. März 1994 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 7. September 1994 abgelehnt. Unmittelbare Schädigungsfolgen im Sinne des BVG würden von dem Kläger nicht geltend gemacht. Ursache der von ihm geltend gemachten Gesundheitsstörungen sei eine psychische Verhaltensstörung seiner Mutter ihm gegenüber im Kindesalter, die wiederum zurückzuführen sei auf das ursprüngliche schädigende Ereignis, nämlich auf die Vergewaltigung seiner Mutter durch sowjetische Besatzungssoldaten. Dieser Sachverhalt sei durchaus nachvollziehbar, der Kläger als mittelbar geschädigter Dritter habe jedoch keinen Anspruch nach dem BVG. Das dagegen gerichtete Klageverfahren beim Sozialgericht Lübeck (S 11 V 342/94) und das Berufungsverfahren beim Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht (L 2 V 28/95) sowie die hiergegen eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundessozialgericht blieben jeweils erfolglos. In dem Urteil des Landessozialgerichts vom 29. April 1996 ist im Wesentlichen dargelegt, der Kläger sei durch die Kriegsereignisse selbst nicht unmittelbar geschädigt worden, sondern allenfalls durch die Nachwirkungen des Krieges in der Zeit nach der deutschen Kapitulation. Hierfür habe der Gesetzgeber keine Entschädigungspflicht vorgesehen. Diese Rechtsauffassung habe das Bundessozialgericht in dem Urteil vom 8. Dezember 1982 (BSGE 54, 206) ausführlich begründet. Ob es, wie der Kläger meine, sozial wünschenswert sei, auch an mittelbar Geschädigte Versorgungsleistungen zu erbringen, sei kein rechtliches, sondern zunächst ein politisches Problem. Darüber müssten die zuständigen gesetzgebenden Gremien entscheiden. Die geltenden Regelungen verstießen, was in dem Urteil näher dargelegt ist, auch nicht gegen Verfassungsrecht.

Im November 1997 beantragte der Kläger erneut, ihm Beschädigtenversorgung nach dem BVG wegen der auf die Vergewaltigung seiner Mutter zurückzuführenden Gesundheitsstörungen zu gewähren. Er bezog sich dabei im Wesentlichen auf das Urteil des BSG vom 15. Oktober 1963 - 11 RV 1292/61 - (BSGE 18, S. 55 ff). Hier sei ausgeführt, dass bei Erlass des BVG nicht an den Fall gedacht worden sei, dass ein Gesundheitsschaden als Folge einer kriegsbedingten Schädigung schon bei einem ungeborenen Kind eingetreten sei. Das BSG habe hierin eine Lücke des Gesetzes erkannt und diese Lücke im Wege der Analogie geschlossen. Das BSG habe in diesem Urteil die biologische Einheit zwischen dem werdenden Kind und der Mutter betont, wodurch das Kind Erkrankungen und anderen gesundheitlichen Gefährdungen der Mutter mit ausgesetzt sei. Sein Fall sei mit dem angesprochenen Fall in wesentlichen Punkten identisch. Denn bei Erlass des BVG sei gleichfalls nicht an den Fall gedacht worden, dass ein Kind, das gleichzeitig mit dem schädigenden Ereignis (Vergewaltigung) gezeugt worden sei, nur deshalb krank zur Welt komme, weil sich die Schädigungsfolge bei der Mutter auf das gleichzeitig erzeugte Kind durch die biologische Einheit zwischen Mutter und Kind schon im Mutterleib übertragen habe. Die analoge Anwendung der gesetzlichen Entschädigungsregelungen entspreche auch dem Grundgedanken dieser Regelungen, mit denen ein gewisser Ausgleich für das Sonderopfer gewährt werden solle, das bestimmten Personengruppen durch die Kriegsereignisse zwangsläufig abverlangt worden sei. Zur weiteren Begründung fügte der Kläger Kopien der Aussagen seiner Mutter und einer Zeugin zu der Vergewaltigung sowie die Kopie eines in dem Verfahren S 11 Vsb 343/94 bei dem Sozialgericht Lübeck (betreffend Feststellungen nach dem Schwerbehindertengesetz) erstatteten Gutachtens des Arztes für Psychiatrie und Neurologie Dr. F aus Juli 1995 bei.

Das Versorgungsamt Lübeck lehnte den Antrag durch Bescheid vom 16. Dezember 1997 ab. Über das Begehren des Klägers sei bereits mit dem Bescheid vom 2. März 1994, bestätigt durch ...

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