Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsärztliche Versorgung. Zulassungsausschluss. 55. Lebensjahr. unbillige Härte
Orientierungssatz
Bei der Härtefallregelung nach § 25 S 2 Ärzte-ZV sind ausschließlich wirtschaftliche Gesichtspunkte maßgeblich. Persönlich Aspekte - wie zB der angegriffene Gesundheitszustand des Antragstellers und der krankheitsbedingte Umzug der Familie - bleiben außer Betracht.
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 12. Dezember 2001 und der Bescheid des Beklagten vom 28. Dezember 2000 aufgehoben.
Außergerichtliche Kosten sind für beide Rechtszüge nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die klagende Kassenärztliche Vereinigung wendet sich gegen die Sonderbedarfszulassung des Beigeladenen zu 5) als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut für F.
Der 1941 geborene Beigeladene zu 5) ist Dipl.-Psychologe und bis Ende 2002 als solcher als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut und therapeutischer Leiter am Westfälischen Institut für Kinder und Jugendliche in H tätig gewesen. Aus gesundheitlichen Gründen hat er die leitende Funktion aufgegeben und arbeitet seither bei demselben Arbeitgeber in Altersteilzeit in einer Tagesklinik. Seine Ehefrau ist ebenfalls Psychotherapeutin und seit Oktober 1999 in F zugelassen worden, wo seitdem auch der Familienwohnsitz ist. Vorher hatte die Familie in N-W gewohnt.
Mit Schreiben vom 17. Dezember 1999 stellte der Beigeladene zu 5) einen Antrag auf Zulassung als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut im Wege der Sonderbedarfszulassung in F. Der Planungsbereich Kreisregion Stadt F/Kreis S-F war durch Beschluss des Landesausschusses vom 11. November 1999 für die weitere Zulassung von psychologischen Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten gesperrt worden. Der Beigeladene zu 5) wies darauf hin, dass in F ein Bedarf für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten bestünde. Dort seien nur seine Frau und eine andere Psychotherapeutin zugelassen, die sich auf die Behandlung von Kindern und Jugendlichen spezialisiert hätten. Die Wartezeit in der Praxis seiner Frau betrage vier bis sechs Monate. In F gäbe es außerdem keinen männlichen Psychotherapeuten. Dies sei aber insbesondere bei der Behandlung von Jungen mit Geschlechts- und Geschlechtsrollenidentitätsproblemen wichtig. Die Vorsitzende der Kreisstelle bestätigte den Bedarf, da insbesondere ein männlicher Psychotherapeut notwendig sei. Sie sprach sich auch für eine Ausnahme von der Altersgrenze aus.
Mit Beschluss vom 14. Juni 2000, ausgefertigt am 26. Juli 2000, lehnte der Zulassungsausschuss die Zulassung des Beigeladenen zu 5) ab. Eine unbillige Härte läge nicht vor, weil dieser nicht aus zwingenden wirtschaftlichen Gründen auf die Ausübung der Tätigkeit als Vertragspsychotherapeut angewiesen sei und die ständige Trennung von seiner Familie, die in F lebe, von ihm bzw. seiner Familie selbst herbeigeführt worden sei. Die Familie habe sich eine Verbesserung des Gesundheitszustandes von mindestens zwei der fünf Kinder erhofft und sei deshalb umgezogen. Insoweit könne eine unbillige Härte allein wegen der Trennung des Ehegatten von der Familie nicht als Härte im Sinne von § 25 Satz 2 Ärzte-ZV anerkannt werden. Der Beigeladene zu 5) sei nicht gezwungen, eine frühere vertragspsychotherapeutische Tätigkeit aufzunehmen, da er nicht niedergelassen gewesen sei. Auch die dargelegte Lücke in der Altersversorgung rechtfertige keine andere Beurteilung des Sachverhalts, weil er mit dem Erreichen der Altersruhegrenze einen Rentenanspruch habe. Der Ausschuss hielt es für nicht entscheidungserheblich, ob der Umzug der Familie tatsächlich wegen des Gesundheitszustandes einiger Familienmitglieder erfolgt sei. Jedenfalls sei in der Trennung eine unbillige Härte nicht zu erkennen. Auf einen Versorgungsbedarf komme es nicht an, weil der Beigeladene zu 5) die grundsätzlich bestehende Altersgrenze für eine Zulassung überschritten habe.
Gegen diesen Bescheid legte der Beigeladene zu 5) mit am 17. August 2000 eingegangenen Schreiben Widerspruch ein. Er wies darauf hin, dass es im Wesentlichen um die Bewertung der persönlichen Verhältnisse gehe. Aus persönlichen Gründen habe der Wohnortwechsel erfolgen müssen, da sowohl die Ehefrau als auch mindestens zwei der Kinder an Allergien litten, die einen Wohnort am Meer notwendig machten. Durch die Dauerbelastung mit der doppelten Haushaltsführung und der Wahrnehmung der familiären Aufgaben und der beruflichen Tätigkeit weit entfernt sei es bei ihm bereits zu gesundheitlichen Problemen gekommen.
Mit Beschluss vom 16. November 2000, ausgefertigt am 28. Dezember 2000, gab der Beklagte dem Widerspruch statt und ließ den Beigeladenen zu 5) gemäß Nr. 24 a der Bedarfsplanungsrichtlinien Ärzte als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut für F zu. Eine unbillige Härte liege vor, da die Arbeits- und Lebensbedingungen sich so belastend darstellten, dass eine Aufga...