rechtskräftig: nein

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Erhöhungsgebühr. Rechtsanwaltsgebühren. Auftraggeber, mehrere. Gemeinschaftspraxis. Mitglieder. GbR. Honorarabrechnung. Wirtschaftlichkeitsprüfung

 

Leitsatz (amtlich)

Die Inhaber einer Gemeinschaftspraxis sind im Rahmen eines Streits über die Honorarabrechnung (hier: Wirtschaftlichkeitsprüfung) „mehrere Auftraggeber” eines Rechtsanwalts, so dass diesem die Erhöhungsgebühr nach § 6 Abs. 1 BRAGO zusteht.

 

Normenkette

BRAGO § 6 Abs. 1

 

Verfahrensgang

SG Kiel (Gerichtsbescheid vom 17.12.2001; Aktenzeichen S 16 KA 477/01)

 

Tenor

Auf die Berufung der Kläger werden der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Kiel vom 17. Dezember 2001 aufgehoben sowie der Bescheid des Beklagten vom 26. März 2001 geändert.

Der Beklagte wird verurteilt, den Klägern weitere 78,48 Euro (153,49 DM) zu erstatten.

Der Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Kläger für beide Instanzen zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte die Kosten für das so genannte isolierte Vorverfahren unter Berücksichtigung der Erhöhungsgebühr nach § 6 Abs. 1 Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung (BRAGO) zu erstatten hat.

Die Kläger waren in Gemeinschaftspraxis in B. zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Für das Quartal I/96 kürzte der Prüfungsausschuss das Honorar der Kläger um 13 042,43 DM. Hiergegen legten die Kläger Widerspruch ein. Mit Bescheid vom 1. Februar 2001 auf Grund der Sitzung vom 4. Oktober 2000, der gerichtet war an die „ehemalige Gemeinschaftspraxis Dres. ….”, gab der Beklagte dem Widerspruch teilweise statt. Die Kosten der Kläger sollten im Verhältnis des Obsiegens (40 %) erstattet werden. An dieser Sitzung hatte der Prozeßbevollmächtigte der Kläger teilgenommen, dessen Vollmacht vom 4. Oktober 2000 von allen drei Ärzten der Gemeinschaftspraxis unterschrieben war.

Mit Kostenrechnung vom 16. Februar 2001 gaben die Kläger dem Beklagten ihre entstandenen Rechtsanwaltskosten nach einem Gegenstandswert von 13 042,43 DM in Höhe von insgesamt 701,62 DM auf. Darin waren – neben einer 7,5/10 Geschäftsgebühr nach § 118 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO und weiteren hier nicht relevanten Positionen eine – 45/100 Erhöhungsgebühr nach § 6 Abs. 1 BRAGO in Höhe von 132,32 DM (= 40 % von 330,80 DM) sowie die darauf entfallende Umsatzsteuer in Höhe von 21,17 DM enthalten.

Mit Bescheid vom 26. März 2001 erstattete der Beklagte den Klägern einen Betrag von 548,13 DM. Die Erhöhungsgebühr sowie die darauf entfallende Umsatzsteuer setzte er mit der Begründung ab, die Erhöhungsgebühr würde bei Gemeinschaftspraxen nicht anerkannt.

Hiergegen haben die Kläger am 27. April 2001 Klage vor dem Sozialgericht Kiel erhoben gerichtet auf Erstattung des Differenzbetrages von 153,49 DM. Zur Begründung haben die Kläger ausgeführt, dass die Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 29. Januar 2001 zur Rechtsfähigkeit der BGB-Gesellschaft nicht dazu führe, § 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO bei der Vertretung von Gemeinschaftspraxen auszuschließen. Die Regelung betreffe allein das Verhältnis des Anwalts zu seinen Mandanten. Fragen des Prozessrechts wie etwa die Parteifähigkeit des Mandanten seien hiervon strikt zu trennen. Daher komme es für die Anwendbarkeit von § 6 BRAGO nicht darauf an, wer durch den Anwalt prozessual vertreten sei. Abzustellen sei auf den Sinn und Zweck der Regelung, der darin liege, dass das Vorhandensein mehrerer Beteiligter typischerweise mit einem Mehr an Arbeit und Aufwand verbunden sei. Dabei sei unbeachtlich, ob im Einzelfall tatsächlich eine Mehrbelastung des Rechtsanwalts eingetreten sei.

Der Beklagte ist dem entgegen getreten und hat geltend gemacht, dass die Gemeinschaftspraxis eine gemeinschaftliche Einheit sei und sowohl abrechnungsmäßig als auch in den Verwaltungsverfahren wie eine Einheit behandelt werde. Sowohl die Durchführung des Widerspruchsverfahrens als auch des gerichtlichen Verfahrens erfolge überwiegend einheitlich. Auch die Zustellungen würden an die gemeinsame Praxisanschrift und nicht an jeden einzelnen Arzt bewirkt. Die Praxis und nicht der einzelne Arzt seien Gläubiger des Honoraranspruches. Dies zeige sich auch an der einheitlichen Arzt- bzw. Abrechnungsnummer der Gemeinschaftspraxis und spiegele sich zudem in der Vorschrift des § 33 Abs. 2 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte wieder. Da die Gemeinschaftspraxis gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung stets einheitliche Interessen vertrete, entstünden dem Anwalt weder Mehrkosten noch zusätzliche Arbeit, da er nicht für einen Interessenausgleich zwischen den Gemeinschaftspraxispartnern sorgen müsse. Augenfällig werde dies auch bei der Bemessung des Gegenstandswertes. Bei Honorarkürzungen in der Wirtschaftlichkeitsprüfung werde der Wert des gekürzten Betrages als Gegenstandswert angenommen. Es handele sich hierbei um Kürzungen, die die Gemeinschaftspraxis und nicht der einzelne Arzt hinzunehmen habe. So werde auch nicht danach differenziert, welcher Arzt im einzelnen welche Leistungen erbracht bzw....

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