Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Arbeitsunfall. Arbeitsweg. sachlicher Zusammenhang. Unterbrechungsdauer. eigenwirtschaftliche Tätigkeit. Alkoholisierung. keine Lösung des betrieblichen Zusammenhangs
Leitsatz (amtlich)
Ein Monteur genießt den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung auch dann, wenn seine Leistungsfähigkeit trotz Alkoholgenusses ausreicht, um zielgerichtet an der Rückfahrt von der Montagetätigkeit als Beifahrer im Firmenwagen teilzunehmen.
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 05.09.2006 wird zurückgewiesen.
Der Tenor des erstinstanzlichen Urteils wird geändert. Es wird festgestellt, dass das Ereignis vom 15.01.2004 ein Arbeitsunfall des Beigeladenen ist.
2. Die Beklagte trägt die Kosten der Klägerin und des Beigeladenen für das Berufungsverfahren.
3. Die Beklagte trägt die Gerichtskosten.
4. Der Streitwert wird auch für die 2. Instanz auf 500.000,00 Euro festgesetzt.
5. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt als Kraftfahrzeug (Kfz)-Haftpflichtversicherer die Anerkennung des Ereignisses vom 15. Januar 2004 als Arbeitsunfall des Beigeladenen (Helmut S.).
Der am ... 1954 geborene Beigeladene war als Heizungs- und Sanitätsmonteur bei der Firma HSW G. in B./R. beschäftigt. Am 8. Januar 2004 fuhr er mit einem Betriebsfahrzeug, das bei der Klägerin haftpflichtversichert war, mit dem Auszubildenden Ricardo Sa. zum Einbau einer Wärmepumpe von B. nach Ga. bei P.. Dort wohnten beide bei dem Pensionswirt F.. Am 15. Januar 2004 traten der Beigeladene und der Zeuge Sa. um 16.00 Uhr die Rückfahrt an. Der Zeuge Sa. fuhr den Transporter, der Beigeladene war Beifahrer. Gegen 17.40 Uhr kam das Fahrzeug auf der Autobahn von der Fahrbahn ab und prallte mehrfach gegen die Böschung. Der Beigeladene erlitt bei dem Unfall eine Querschnittslähmung.
Die Beklagte ließ den Zeugen Sa. am 22. Juli 2004 vor dem Sozialgericht Ra. als Zeugen zu der Tätigkeit in P. und insbesondere zum Verhalten des Beigeladenen vernehmen. Darüber hinaus befragte die Beklagte den Zeugen Ricardo Sa., den Bauleiter Alfred Fa., den Pensionswirt F. sowie den Unternehmer W..
Mit Bescheid vom 30. September 2004 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Unfalls als Arbeitsunfall ab: Bereits am 14. Januar 2004 sei der Beigeladene gegen 11.00 Uhr in angetrunkenem Zustand auf der Baustelle erschienen. Da er zu keiner zweckgerichteten Tätigkeit mehr fähig gewesen sei, habe ihn der Bauleiter von der Baustelle verwiesen. Aufgrund des anschließenden, nicht den betrieblichen Interessen dienenden, fortgesetzten Alkoholkonsums sei er am 15. Januar 2004 außerstande gewesen, seine Tätigkeit auszuüben. Erst gegen 16.00 Uhr sei er in der Lage gewesen, aufzustehen und noch im angetrunkenen Zustand die Pension zu verlassen. Die Aufräumarbeiten, die der Zeuge Sa. am Abreisetag allein habe verrichten müssen, hätten ca. eine Stunde gedauert. Bei dem sonst üblichen Arbeitsbeginn um 7.00 Uhr hätte die Rückfahrt um 8.00 Uhr angetreten werden können. Durch die allein auf das alkoholbedingte Verhalten des Beigeladenen zurückzuführende Verzögerung sei eine endgültige Lösung des betrieblichen Zusammenhangs eingetreten, die zu dem Verlust des Versicherungsschutzes für die Rückfahrt nach R. geführt habe.
Der Beigeladene nahm seinen am 1. November 2004 eingelegten Widerspruch am 6. Januar 2005 zurück.
Die Klägerin legte gegen den Bescheid vom 30. September 2004 am 22. August 2004 Widerspruch ein und wies darauf hin, dass sie als Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherer der Frau Barbara W. und des Unfallverursachers Herrn Ricardo Sa. zivilrechtlich auf Schadensersatz in Anspruch genommen werde.
Sie machte geltend, der Beigeladene sei nicht am 14. Januar 2004 von der Baustelle verwiesen worden. Das hätten verschiedene Zeugenaussagen nicht belegen können. Es sei insoweit keine Lösung vom betrieblichen Zusammenhang erfolgt. Am 14. Januar 2004 sei der Beigeladene in der Lage gewesen, in der Pension seine Sachen zusammenzupacken. Er müsse daher auch in der Lage gewesen sein, die noch anstehenden Aufräumarbeiten auf der Baustelle vorzunehmen. Zu beachten sei, dass der Unfall auf der Rückfahrt von einer Dienstreise geschehen sei. Die Rückfahrt habe zwangsläufig mit der betrieblichen Verrichtung in Zusammenhang gestanden. Daher habe zu diesem Zeitpunkt Versicherungsschutz bestanden. Die Beklagte wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 29. März 2005 zurück.
Dagegen hat die Klägerin am 20. April 2005 vor dem Sozialgericht Kiel Klage erhoben und zur Begründung im Wesentlichen geltend gemacht, der Unfall habe sich bei einer Betriebsfahrt ereignet. Der Beigeladene sei nicht Fahrer gewesen. Er habe daher auf die Fahrweise des Fahrers keinerlei Einfluss nehmen können. Selbst wenn er alkoholisiert gewesen sei, so habe er sich doch im Auto aufhalten können und damit die versicherte Tätigkeit, nämlich die Betriebsfahrt, durchführen können.
Die Klägerin hat beantragt,
den Bescheid der Beklagt...