Entscheidungsstichwort (Thema)
Landwirtschaftliche Unfallversicherung. Versicherungspflicht und Beitragspflicht. landwirtschaftliches Unternehmen. landwirtschaftlicher Unternehmer. bodenwirtschaftliche Tätigkeit. kein Nachweis: wirksamer (Unter-)Pachtvertrag mit einem Dritten
Leitsatz (amtlich)
1. Ein landwirtschaftliches Unternehmen liegt nicht nur dann vor, wenn der Unternehmer einen landwirtschaftlichen Betrieb oder eine landwirtschaftliche Einrichtung führt.
2. Landwirtschaftlicher Unternehmer ist auch, wer als Besitzer von Grundstücken (Eigentümer, Pächter, Nießbraucher oder sonstiger Nutzer) auf eigene Rechnung Tätigkeiten verrichtet oder verrichten lässt, durch die mit dem Boden in irgendeiner Weise gewirtschaftet wird.
3. Auch das Abschneiden/Abmähen der auf einem Grundstück gewachsenen Pflanzen ist eine mit dem Boden wirtschaftende Tätigkeit.
4. Ein wirksamer (Unter-)Pachtvertrag mit einem Dritten ist für den streitrelevanten Zeitraum auch durch Zeugenvernehmung nicht bewiesen worden.
Orientierungssatz
Unternehmer ist nach § 136 Abs 3 Nr 1 SGB 7 derjenige, dem das Ergebnis des Unternehmens unmittelbar zum Vor- oder Nachteil gereicht. Dabei ist es unerheblich, ob einzelne Arbeiten selbst oder von beauftragten Dritten durchgeführt werden. Auch in dem Fall, in dem der beauftragte Dritte (zB Lohnunternehmer) selbst gesetzlich unfallversichert ist, bleibt die Unternehmereigenschaft im unfallrechtlichen Sinne davon unberührt. Um diese entfallen zu lassen, bedürfte es einer entsprechenden gesetzlichen Regelung. Eine solche ist jedoch nicht erfolgt. Auch der Begriff des landwirtschaftlichen Unternehmens wird im SGB 7 unverändert verwendet (vgl BT-Drucks 13/2204 S 104 zu § 123 Abs 1)
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Itzehoe vom 27. Juni 2012 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt auch die Kosten des Rechtsstreits im Berufungsverfahren sowie die Kosten des Beschwerdeverfahrens beim Bundessozialgericht zum Aktenzeichen B 2 U 78/15 B.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Rechtsstreit wird von der Klägerin als Rechtsnachfolgerin ihres verstorbenen Ehemannes, des ehemaligen Klägers J. H. , geführt. Die Beteiligten streiten über die Mitgliedschaft des damaligen Klägers bei der Beklagten und deren Festsetzung der Beitragsumlage für das Jahr 2009. Klägerseits wird geltend gemacht, es stünden auch die Beitragsbescheide für die Jahre 2010 und 2011 im Streit.
Der damalige Kläger übernahm zum 1. Dezember 2008 die Bewirtschaftung von 1,0334 ha Grünland. Die Beklagte erhielt durch Veränderungsmitteilung der vorherigen Nutzerin, Frau I. K. , im Juni 2009 Kenntnis von der Flächenübernahme. Auf dem von Frau K. unter dem 25. Juni 2009 unterzeichneten Formular finden sich zu der an den damaligen Kläger abgegebenen Fläche folgende Angaben:
Abgabedatum (Tag, Monat, Jahr): „01.12.2008“,
Nutzungsart: „Grünland“,
Flächengröße in Ha: „1.0334“,
Name und vollständige Anschrift des Übernehmers: „J. H. , ..., ...“,
Abgabegrund: „Rentner“,
Unterschrift des neuen Bewirtschafters: „H. “ (dabei handelte es sich um eine handschriftliche Unterzeichnung).
Die Beklagte bat den damaligen Kläger mit Schreiben vom 3. September 2009, 25. September 2009 und 20. Oktober 2009 um Stellungnahme zwecks Klärung der berufsgenossenschaftlichen Zuständigkeit. Eine Reaktion darauf erfolgte seinerzeit nicht.
Mit Aufnahmebescheid vom 22. Oktober 2009 stellte die Beklagte ihre Zuständigkeit fest.
In einem Telefonat am 22. Oktober 2009 teilte der damalige Kläger ausweislich einer Gesprächsnotiz der Beklagten mit, dass er mit den Flächen nichts mache, sondern ein Lohnunternehmer mit dem Mähen beauftragt sei. Es liefen dort keine Tiere. Er möchte nichts mit der landwirtschaftlichen Unfallversicherung zu tun haben.
Der damalige Kläger legte am 3. November 2009 Widerspruch ein und teilte mit, dass er auf seinem Grundstück als Privatperson als Hobby Tiere halte und niemals Angestellte oder auch Helfer beschäftigt habe. Er arbeite nicht auf dem Grundstück. Er füttere nur die Tiere und verbringe dort viel seiner freien Zeit.
Die Beklagte bat den damaligen Kläger mit Schreiben vom 5. November 2009 und 1. Dezember 2009 um Mitteilung, ob Nutztiere gehalten würden. Dieser teilte der Beklagten mit, er halte keine landwirtschaftlichen Nutztiere. Mit Schreiben vom 22. Januar 2010 reichte der damalige Kläger Fotos bei der Beklagten ein, aus denen nach seiner Auffassung hervorgehe, dass die Tierhaltung einen privaten Charakter habe.
Mit Bescheid vom 5. Februar 2010 setzte die Beklagte die Umlage für das Jahr 2009 in Höhe von 64,62 EUR fest. Nach Abfrage des Tierbestandes beim Tierseuchenfonds erließ die Beklagte mit Bescheid vom 12. Februar 2010 einen Änderungsbescheid, der vier Schafe, zwei Mastgänse, 30 Legehennen und elf Junghennen bzw. Enten berücksichtigte. Der Beitrag war unter Berücksichtigung der Tiere um 14,36 EUR gegenüber der vorherigen Festsetzung höher und belief sich...