Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Bildung und Teilhabe. angemessene Lernförderung. wesentliche Lernziele. Erforderlichkeit einer langfristigen Förderung. Legasthenie
Orientierungssatz
Neben der Versetzung gehört auch in der Sekundarstufe die weitere Stärkung wesentlicher Kulturtechniken wie dem Schreiben und Lesen, wenn sie die Voraussetzungen für eine spätere nachhaltige Eingliederung des Schülers bzw der Schülerin sind, zu einem wesentlichen und nach § 28 Abs 5 SGB 2 förderungsfähigen Lernziel (vgl LSG Celle-Bremen vom 28.2.2012 - L 7 AS 43/12 B ER).
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 23. Oktober 2013 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat dem Kläger auch die notwendigen außergerichtlichen Kosten für das Berufungsverfahren zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Gewährung von Leistungen für Bildung und Teilhabe nach § 28 Abs. 5 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) in Form der außerschulischen Lernförderung für die Zeit vom 1. April 2012 bis 31. Juli 2014.
Der 2002 geborene Kläger lebt mit seinem 2000 geborenen Bruder L. und seiner Mutter in einem Haushalt. Die Familie bezog in der Zeit vom 1. September 2010 bis zum 31. Juli 2014 durchgehend Leistungen nach dem SGB II vom Beklagten. Der Kläger besuchte im Schuljahr 2011/2012 die 3. Klasse der H.-Schule in Bad S. Er leidet an einer anerkannten Lese-Rechtschreib-Schwäche, so dass die Rechtschreibleistungen bei der Benotung aufgrund der schulrechtlichen Bestimmungen nicht berücksichtigt werden. Am allgemeinen Förderunterricht im Fach Deutsch nahm der Kläger teil. Vom 1. Februar 2011 bis zum 15. Oktober 2015 nahm er am Unterricht zur Lese- und Rechtschreibförderung der Volkshochschule S. (VHS) im Umfang von wöchentlich 90 Minuten teil. Die Schule H.-Schule bestätigte am 23. September 2011, dass bei dem Kläger die Notwendigkeit von Lernförderung im Unterrichtsfach Deutsch für die Dauer von voraussichtlich 12 Monaten im Umfang von einer Wochenstunde bestehe. Das Erreichen wesentlicher Lernziele (z.B. die Versetzung) sei nicht gefährdet, die Leistungsschwäche sei nicht auf unentschuldigte Fehlzeiten o.ä. zurückzuführen, geeignete kostenfreie schulische Angebote bestünden nicht.
Den Antrag vom 27. Oktober 2011 lehnte der Beklagte mit bestandskräftigem Bescheid vom 2. November 2011 ab, da im ersten Schulhalbjahr eine Gefährdung wesentlicher Lernziele noch nicht feststehen könne.
Mit am 3. April 2012 eingegangenen Schreiben beantragte die gesetzliche Vertreterin des Klägers erneut Leistungen in Form der Übernahme der Kosten für die Teilnahme an dem Förderunterricht der VHS.
Mit Bescheid vom 16. Juli 2012 lehnte der Beklagte die Gewährung von Leistungen für Bildung und Teilhabe zur Lernförderung ab. Außerschulische Lernförderung sei als Mehrbedarf nur in Ausnahmefällen geeignet und erforderlich. Insbesondere dürfe sie nur kurzfristig notwendig sein, um vorübergehende Lernschwächen zu beheben, damit die Versetzung erfolgen könne. Die Leistungsschwäche dürfe nicht auf unentschuldigte Fehltage oder anhaltendes Fehlverhalten zurückzuführen sein. Bei der Legasthenie-Förderung handele es sich hingegen um eine länger andauernde Förderung, zudem sei die Versetzung nicht gefährdet.
Hiergegen erhob der Kläger am 24. Juli 2012 Widerspruch. Bei ihm sei zwar eine Legasthenie im engeren Sinne nicht festgestellt worden, gleichwohl sei das Lese- und Rechtschreibvermögen im Verhältnis zum intellektuellen Grundvermögen deutlich unterdurchschnittlich. Ein begabungsgerechtes Lese- und Rechtschreibvermögen sei für ihn nur mit lerntherapeutischer Förderung erreichbar. Ein entsprechender Antrag auf Leistungen der Eingliederungshilfe nach § 35 a Achtes Buch Sozialgesetzbuch - Kinder- und Jugendhilfe - (SGB VIII) sei wegen fehlender seelischer Behinderung abgelehnt worden. Mit Widerspruchsbescheid vom 27. Juli 2012 wies der Beklagte den Widerspruch aus den Gründen des Ausgangsbescheides als unbegründet zurück. Längerfristig notwendige Lernförderung aufgrund dauerhafter Einschränkungen (z.B. Legasthenie, Dyskalkulie, ADHS) seien grundsätzlich nicht mehr angemessen im Sinne des § 28 Abs. 5 SGB II.
Dagegen hat der Kläger am 8. August 2012 Klage bei dem Sozialgericht (SG) Lübeck erhoben und zur Begründung ausgeführt: Bei ihm sei zwischenzeitlich mit Bescheid vom 16. Januar 2013 das Vorliegen einer Legasthenie im Sinnes des Erlasses “Förderung von Schülerinnen und Schülern mit Lese- und Rechtsschreibschwäche (Legasthenie)„ vom 27. Juni 2008 (im Folgenden: Legasthenie-Erlass 2008) anerkannt worden. Die Kosten seines Förderunterrichts an der VHS betrügen seit Februar 2011 monatlich 56,00 EUR (Geschwistertarif) und nach Abmeldung des Bruders aus Kostengründen zum 30. Juni 2013 monatlich zunächst 84,00 EUR und ab dem 1. Oktober 2013 89,00 EUR. Die Förderung sei notwendig, um ein ausreichendes Leistungsniveau beim Lesen und ...