Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertrags(zahn)arzt ≪hier MKG-Chirurg≫. Disziplinarmaßnahme. nicht erbrachte Leistungen im Zusammenhang mit Zystenentfernung

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Verhängung einer Disziplinarmaßnahme (Geldbuße) gegen einen Zahnarzt wegen Abrechnung nicht erbrachter Leistungen.

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 14. Mai 2004 aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die außergerichtlichen Kosten der Beklagten im gesamten Verfahren.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer Disziplinarmaßnahme.

Der Kläger ist approbierter Arzt und Zahnarzt und nimmt seit Juli 1994 als Zahnarzt und Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurg (auch) an der vertragszahnärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A. teil. Die Honorarabrechnungen des Klägers für die Quartale IV/95 und I/96 kürzte die Beklagte im Wege sachlich-rechnerischer Berichtigungen um rund 71.000,00 DM. Die Honorarabrechnungen für die Quartale II/96 und III/96 wurden durch Bescheid vom 14. September 1998 in der Fassung des Abhilfebescheides vom 16. Juli 1999, dieser in der Fassung des Beschlusses vom 4. November 1999 in Höhe von rund 120.000,00 DM gekürzt. Die Kürzung bezog sich u. a. auf die Gebühren-Nr. 56 c Einheitlicher Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen (BEMA-Z). Hierzu ist in dem Widerspruchsbescheid vom 4. November 1999 im Wesentlichen dargelegt, diese Position sei nur abrechenbar bei röntgenologischem Nachweis einer Zyste sowie einem zusätzlichen einer Zystenoperation vergleichbaren Aufwand. Das bloße Auskratzen von kleinen Zysten im Zusammenhang mit einer chirurgischen Leistung sei nicht gesondert abrechnungsfähig, da sich hier nur ein geringer Mehraufwand ergebe, der Bestandteil der chirurgischen Grundleistung sei. Nach Begutachtung der vorgelegten Röntgenbilder - auch in den von dem Vertragsarzt bereits anerkannten Behandlungsfällen - sei ersichtlich, dass die Gebührenposition 56 c quasi routinemäßig im Zusammenhang mit chirurgischen Leistungen zur Abrechnung gestellt worden sei. In einer Vielzahl von Behandlungsfällen stehe dabei nicht nur die Beurteilung der Größe einer vorliegenden Zyste und somit die Einschätzung des Leistungsaufwandes in Frage; in diesen Fällen ergebe sich vielmehr aus den vorgelegten Röntgenbildern nicht der geringste Hinweis für das Vorliegen einer Zyste. Auffällig sei hierbei u. a. das automatische Abrechnen von Zystenpositionen im Zusammenhang mit der Entfernung der Weisheitszähnen. Insbesondere die Vielzahl der Fälle, in denen jeglicher Hinweis auf das Vorliegen einer Zyste fehle, lasse nach Auffassung insbesondere auch der zahnärztlichen Mitglieder der Widerspruchsstelle nur den Schluss zu, dass es sich hier nicht nur um eine Falschauslegung des BEMA-Z handele, sondern vielmehr eine bewusste Falschabrechnung vorliege. Dabei legten die zahnärztlichen Mitglieder der Widerspruchsstelle Wert auf die Feststellung, dass ihnen trotz ihrer teilweisen langjährigen Tätigkeit in dieser Funktion ein derartiges Abrechnungsverhalten noch nicht begegnet sei. Ergänzend werde darauf hingewiesen, dass die Qualität der vorgelegten Digitalröntgenbilder bezüglich ihrer Aufnahmetechnik nicht den Mindestanforderungen diagnostischer Ansprüche genüge, da häufig relevante Partien nur unvollständig dargestellt seien. Die zum Teil festgestellte manipulative Verfremdung der Röntgenbilder durch Kugelschreiber erschwere dabei zusätzlich die Auswertung und stehe auch nicht in Einklang mit der zahnärztlichen Dokumentationspflicht. Kürzungen erfolgten außerdem durch Umwandlung von Leistungen „Ost 2“ in „Ost 1“ sowie „Ost 1“ in „X“. Bei Durchsicht sämtlicher vorgelegter Röntgenbilder dränge sich der Eindruck auf, es sei standardmäßig die Abrechnung einer im Vergleich zum tatsächlichen Leistungsinhalt jeweils um „eine Stufe“ höherwertigen Gebührenposition erfolgt.

Nachdem dieser Bescheid bestandskräftig geworden war, beantragte der Vorstand der Beklagten bei dem Disziplinarausschuss der Beklagten im Mai 2000 die Einleitung eines Disziplinarverfahrens im Zusammenhang mit den genannten Kürzungen der Abrechnungen der Quartale II/96 und III/96. Zur Begründung wurde auf die auffällige mehr oder weniger standardmäßige Abrechnung der Gebührenposition 56 c in Zusammenhang mit chirurgischen Leistungen und auf die in diesem Zusammenhang gegebene Begründung der Mitglieder der Widerspruchsstelle sowie auf die Abrechnung der Positionen „Ost 2“ und „Ost 1“ in einer Vielzahl von Fällen, obgleich deren Leistungsinhalt nicht habe erbracht werden können, hingewiesen. So sei in einer Reihe von Fällen die Position „Ost 2“ abgerechnet worden, obgleich der betroffene Zahn völlig unstreitig weder retiniert noch verlagert gewesen sei. Beispielhaft für diese Abrechnungsweise sei der Behandlungsfall des Patienten B. H. (BEK, Quartal II/96, S. 17 des Bescheides vom 14. September 1998). Aus den übersandten Abrechnungsstatistiken des Klägers sei ersichtlich...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge